Klimaphänomen El Niño: Erwartet uns ein Sommer voller Hitze?

    Klimaphänomen El Niño:Erwartet uns ein Hitzesommer?

    von Nadja Baran
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    Zahlreiche extreme Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme können durch das Klimaphänomen El Niño ausgelöst werden. Was sagen Experten für dieses Jahr voraus?

    Archiv: Bodenerrosion an der Pazifikküste.
    Wie stark wird das bevorstehende Klimaphänomen El Niño in der Pazifikregion ausfallen?
    Quelle: Reuters

    Drohen uns dieses Jahr heftigere Wetterereignisse als in den Jahren zuvor? Diese Frage stellt sich durch das aufkommende Klimaphänomen El Niño. Bereits im Herbst könnte El Niño mit fast 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit in der Pazifikregion auftreten. Das prognostizieren Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Damit würde die La-Niña-Phase, mit ihrer kühlenden Wirkung enden.
    El Niño ist ein natürliches Klimaphänomen, das regelmäßig und in unterschiedlicher Stärke alle zwei bis sieben Jahre auftritt. Dabei erwärmt sich die Wassertemperatur im zentralen und östlichen Pazifik, die Meeresströmungen verändern sich, auch die Winde wechseln ihre Richtung.
    Erdkugel, die das Wetterphänomen El Niño grafisch darstellt
    El Niño bringt haushohe Wellen, sintflutartige Regenfälle, orkanartige Stürme aber auch verheerende Hitze und extrem Dürren mit sich. Wo kommt das Phänomen her, und betrifft uns das Phänomen in Deutschland überhaupt?10.01.2019 | 4:10 min
    Mit teilweise gravierenden globalen Auswirkungen, weiß Dr. Josef Ludescher vom PIK:

    Es können zahlreiche extreme Wetterereignisse mit El Niño einhergehen, wie beispielsweise Starkregen und Überschwemmungen in Peru und extreme Trockenheit in Australien und Indonesien.

    Dr. Josef Ludescher, PIK

    Schwere Folgen durch El Niño

    Modelle zeigten, dass der bevorstehende El Niño "moderat bis stark" ausfallen könnte. 2024 könnte dadurch ein neuer Rekord für die globalen Durchschnittstemperaturen aufgestellt werden und sogar die 1,5 Grad über dem vorindustriellen Mittelwert knacken, prognostizieren Wissenschaftler*innen. Ob das ursächlich mit dem Klimawandel zusammenhängt, wird intensiv untersucht, sagt Ludescher:

    Die meisten Modelle zeigen, dass durch den Klimawandel starke El Niños häufiger werden und die Auswirkungen stärker werden, da wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen kann.

    Dr. Josef Ludescher, PIK

    So sei auffällig, dass bereits die letzten drei großen El Niños zwischen 1982/83 und 2015/16 zu den stärksten je gemessenen Wetterphänomenen gehörten. Laut einem Bericht der WHO und WMO waren die Auswirkungen des starken El Niños 2015/16 verheerend: Dürren in Zentralamerika, Südostasien und in Afrika führten zu Hungersnöten.
    Viele Staaten riefen den Notstand aus. In Indonesien gab es eine hohe Luftverschmutzung durch Feuer. Deutlich zu nass war es dagegen im Süden der USA und in Südamerika, was teils schwere Überschwemmungen zur Folge hatte.

    Indirekte Folgen für Europa

    Auch die Wahrscheinlichkeit für blutige Konflikte steige, sagt Ludescher:

    El Niño destabilisiert die betroffenen Regionen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich das Risiko eines Bürgerkriegs unter dem Einfluss des Klimaphänomens verdoppelte.

    Dr. Josef Ludescher, PIK

    Laut Ludescher ist Europa von allen Kontinenten am wenigsten betroffen: "Typischerweise führt El Niño zu kälteren Wintern in Nord- und Osteuropa, wobei es auch Ausnahmen geben kann, weil wir sehr weit entfernt sind". Viel eher würden wir indirekte Folgen spüren, wie Preissteigerungen und Migrationsströme, wenn es zu Bürgerkriegen und Ernteausfällen kommt.
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    Unsichere Vorhersagemodelle

    Wie sich bei uns das Wetter in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird, ist schwer einzuschätzen, sagt Dr. Andreas Paxian vom Deutschen Wetterdienst (DWD):

    Aufgrund des chaotischen Verhaltens der Atmosphäre weisen Vorhersagen, die über die nächsten zwei Wochen hinausgehen, große Unsicherheiten auf.

    Dr. Andreas Paxian, Deutscher Wetterdienst

    Die Klimavorhersagemodelle für den kommenden Frühling zeigen "eine leichte bis moderate Wahrscheinlichkeit für wärmere Bedingungen in ganz Deutschland". Für den Frühsommer, also die Monate Mai bis Juli, sei die Vorhersagequalität etwas besser. "52 Prozent der Modelle sprechen für wärmere Bedingungen in ganz Deutschland im Vergleich zu den letzten 30 Jahren."

    Was berücksichtigen Klimavorhersagen?

    Um längerfristige Vorhersagen erstellen zu können, muss die Simulation laut Paxian auch träge Prozesse mit berücksichtigen. Dazu wird das Atmosphären-Modell der Wettervorhersage um zusätzliche Komponenten des Klimasystems erweitert, zum Beispiel die höhere Atmosphäre, den Ozean und das Meereis.
    Dieses Erdsystem-Modell kann Klimavorhersagen für die kommenden Wochen, Monate und Jahre erstellen, sagt Paxian vom DWD: "Die Aussagen sind jedoch noch nicht so genau wie bei der Wettervorhersage und werden über längere Zeiträume gemittelt".