Wie die Kokain-Kartelle nach der Corona-Pandemie expandieren

    Lateinamerika:Ein Kontinent im Griff der Kokain-Kartelle

    von Tobias Käufer
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    Die wachsende Macht der Drogenkartelle in Lateinamerika lässt sich in konkreten Entwicklungen ablesen. Die Vereinten Nationen berichten über einen Anstieg der Kokainproduktion.

    Mutter eines getöteten Jungen weint und hält mit anderen Frauen ein Banner hoch
    Mutter eines getöteten Jungen in Argentinien: Die Drogen-Kriminalität nimmt auch außerhalb der Anbau-Länder zu.
    Quelle: AP

    Die Zahlen des neuesten Berichtes des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) sind alarmierend. Demnach ist die weltweite Kokainproduktion um 35 Prozent gestiegen, dies ist der der größte Anstieg seit 2016.
    Auch die Menge der von den Strafverfolgungsbehörden weltweit abgefangenen Kokainlieferungen erreichte 2021 mit fast 2.000 Tonnen einen neuen Rekord. Dieser Wert wiederum lässt einen Rückschluss auf die tatsächliche Produktion zu, die anders als legale Warenproduktionen nie tatsächlich statistisch erfasst werden kann, da die illegale Kokainproduktion natürlich intransparent geschieht.

    Kokain-Mafia von Corona-Pandemie betroffen

    Auch die Kokain-Mafia war zunächst von den Schließungen von Flughäfen, Frachtverbindungen und See- und Flusshäfen während der Covid-19-Pandemie betroffen und nutzte dies offenbar zu einer Diversifizierung ihrer Vertriebsrouten.
    Sowohl in Peru als auch in Bolivien nutzen die Kokain-Kartelle zuletzt die turbulente Lage, um ihre Marktanteile auszubauen. Kokain aus Peru und Bolivien gewinne demzufolge an Bedeutung gegenüber der kolumbianischen Produktion, die bislang die Marktführerschaft innehatte. Die Mafia agiere nun kleinteiliger und sei deshalb noch schwieriger zu fassen, sagen die UN-Experten.

    Südliches Südamerika im Fokus der Kartelle

    Transportiert werden die Drogen aus den Andennationen mit Leichtflugzeugen oder über die Wasserstraße Paraná-Paraguay. Immer wieder werden auch selbst gebaute U-Boote mit Tonnen von Kokain im Bauch vor lateinamerikanischen Küsten gestoppt.
    Tatsächlich rückt das südliche Südamerika immer mehr in den Fokus der Kartelle. Der Hafen von Montevideo in Uruguay gewinnt zunehmend an Bedeutung als Umschlagplatz für Kokain nach Europa, Asien und Afrika. In Argentinien berichten soziale Organisationen über eine deutliche Zunahme von Gewalt und Kriminalität besonders in den Armenvierteln.

    Kolumbien macht Druck auf Konsumentenländer

    Unterdessen wird aus den Produzentenländern der Druck auf die reichen Konsumentenländer größer, ihre bisherige Politik zu überdenken. Kolumbiens Vizepräsidentin Francia Marquez verknüpft die Friedensverhandlungen mit den verschiedenen auch im Drogenhandel verstrickten illegalen Gruppen mit einem Aufruf zu einer neuen Debatte und erinnert dabei an die traditionelle Nutzung der Kokapflanze durch die indigene Bevölkerung.

    Die Fortsetzung der Kriminalisierung des Koka-Konsums wird es Kolumbien nicht ermöglichen, einen vollständigen Frieden zu erreichen.

    Kolumbiens Vizepräsidentin Francia Marquez

    Besonders spannend ist die Lage in Kolumbien, das immer noch als einer der größten Kokainproduzenten der Welt gilt. Der linksgerichtete Präsident Gustavo Petro versucht das Land zu einem stabilen und dauerhaften Frieden zu führen und hat alle am jahrzehntelangen Konflikt beteiligten Gruppierungen zu Friedensverhandlungen eingeladen.

    Mexikanische Kartelle und albanische Mafia mischen mit

    Der bereits abgeschlossene Friedensvertrag 2016 mit der ehemaligen FARC-Guerilla, die große Regionen des Kokainanbaus kontrollierte, hat die Machtverhältnisse im Land geändert. Nun drängen aber immer mehr mexikanische Kartelle, aber auch die albanische Mafia ins Geschäft und übernehmen in den ehemals FARC-kontrollierten Regionen den Drogenhandel.
    Die USA fordern mehr Engagement der kolumbianischen Regierung gegen die Drogenproduktion, doch die sieht den bisherigen "Krieg gegen die Drogen" als gescheitert an. Immer mehr Stimmen fordern eine Legalisierung von Kokain, um damit der Mafia ihre Gewinne zu entziehen.
    "Party, Strand und Mord - Drogenkrieg im Urlaubsparadies": Weiße Häuser an der Küste mit Blick aufs Meer.
    Drogenkrieg im Urlaubsparadies: Los Cabos ist ein beliebtes Ziel für amerikanische Multimillionäre, aber auch für mexikanische Drogenhändler. Die Region kämpft gegen die Gewalt der Kartelle.12.02.2021 | 43:42 min

    Lateinamerika fest im Griff der Drogen-Mafia

    Aus Argentinien lenkten jüngst Schüsse auf einen Supermarkt der Familie von Fußball-Weltstar Lionel Messi in dessen vom Drogenkrieg heimgesuchten Heimstadt Rosario das Interesse auf die ausufernde Gewalt im Land. Präsident Alberto Fernandez schaltete sich in die Diskussion ein und forderte: "Es muss etwas getan werden". Sein Sicherheitsminister Anibal Fernandez kam zu der hilflosen Erkenntnis, dass die "Drogenhändler gewonnen" hätten. Sicher ist, Lateinamerika ist fest im Griff der Drogen-Mafia.

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