Islamisches Fastenbrechen: Ramadanfest oder Zuckerfest?

    Islamisches Fastenbrechen:Ramadanfest oder Zuckerfest?

    von Abdul-Ahmad Rashid
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    Musliminnen und Muslime weltweit feiern das Ende des Ramadans. Über die Bezeichnung für das Fest gibt es immer wieder Diskussionen.

    Archiv:  Muslime verrichten das Eid al-Fitr-Gebet in der Süleymaniye-Moschee am ersten Tag des Eid al-Fitr-Festes in Istanbul, Türkei, am 21.04.2023.
    Über die Begrifflichkeiten rund um das muslimische Fastenbrechen ist eine Debatte entbrannt (Symbolfoto).
    Quelle: picture alliance / AA

    Der Ramadan ist zu Ende. Vier Wochen lang wurde tagsüber gefastet. Nun ist wieder alles erlaubt.
    Die Menschen gratulieren sich gegenseitig zu dem dreitägigen Fest, das auf Arabisch "Eid" und auf Türkisch "Bayram" genannt wird. Immer wieder hört man in dem Zusammenhang aber auch den Begriff "Zuckerfest". Diesen Ausdruck kennt man allerdings nur im türkischen Kontext.

    Ausdruck "Zuckerfest" stammt aus osmanischer Zeit

    Der Ausdruck "Zuckerfest" gehe auf die osmanische Zeit zurück, so Yunus Ulusoy, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentrum für Türkeistudien in Essen: "Es gibt unterschiedliche Legenden darüber, warum der Begriff Zuckerfest verwendet worden ist. Eine besagt, weil man gefastet hat und am Ende des Fastenmonats 'schükür' aufweist, dass man es geschafft hat, zu fasten."
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    Der Ausdruck "schükür", so Ulusoy, stamme aus dem Arabischen und bedeute "Dankbarkeit". Im Laufe der Jahre sei daraus dann der Ausdruck "scheker" geworden, der "Zucker" bedeute. So sei der Begriff "Zuckerfest" entstanden, auf türkisch "Şeker Bayramı".
    Ursprünglich habe der Begriff also nichts mit dem Verteilen von Süßem zu tun gehabt - auch wenn das für manche eine Rolle spiele:

    Wenn man morgens zum Bayram-Gebet geht, dann ist es Brauch, vorher etwas Süßes zu sich zu nehmen.

    Yunus Ulusoy, Zentrum für Türkeistudien in Essen

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    Fest des Fastenbrechens: "Bayram" oder "Eid"

    "Bayram", dieses Wort bedeutet "Fest" und stammt aus dem Osmanischen. Es wird daher in der Türkei und in anderen Ländern des früheren osmanischen Reiches wie Bosnien oder Albanien benutzt.
    In anderen Ländern der islamischen Welt benutzt man dagegen vorzugsweise das arabische Wort "Eid" für Fest, abgeleitet von dem Ausdruck "Eid al-Fitr", das "Fest des Fastenbrechens". Dieses Fest ist neben dem Opferfest, das vier Tage gefeiert wird, das zweite große Fest in der islamischen Tradition.
    Palästinenser, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, gehen in der teilweise zerstörten Stadt auf einen Markt, um Süßigkeiten und traditionelles Gebäck für das Zuckerfest, Eid al-Fitr, zu kaufen.
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    Auch in der Türkei wurde der Ausdruck "Eid al-Fitr" über Jahrzehnte hinweg benutzt, dann aber geändert, hin zum "Ramazan Bayramı", dem Ramadanfest, so Yunus Ulusoy.

    "Zuckerfest" oder "Ramadanfest": Debatte um Begrifflichkeiten

    Es seien vor allem religiöse Türken, die darauf drängen würden, den Begriff "Zuckerfest" nicht mehr zu benutzen - und stattdessen den Begriff "Ramadanfest".
    Seit einigen Jahren sei eine Debatte um diese Begrifflichkeiten entstanden und zeige auch die Spaltung in der türkischen Gesellschaft, so Ulusoy: "Es gibt einen Diskurs darüber, was richtig und falsch ist. Zu meiner Sozialisationszeit gab es beide Begriffe parallel. Niemand hat die Frage gestellt: 'Warum sagst Du Zuckerfest?' Heute meinen manche Kreise, die sich dem religiösen Spektrum zugehörig fühlen, durch die Bezeichnung 'Zuckerfest' werde der Ramadan abgewertet."

    Dieser Diskurs hat in den letzten zehn, fünfzehn Jahren an Schärfe zugenommen - damit erklärbar, dass die türkische Gesellschaft politisch tief gespalten ist, und diese politische Spaltung sich auch bei Alltäglichkeiten widerspiegelt, sogar bei Begrifflichkeiten.

    Yunus Ulusoy, Zentrum für Türkeistudien in Essen

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    Religiöse Türken: "Zuckerfest" als Abgrenzung von Ramadanfest

    Vonseiten der religiösen Türken, auch in Deutschland, werde oft behauptet, der Begriff "Zuckerfest" sei Mitte des letzten Jahrhunderts seitens der Kemalisten erfunden worden, um sich von dem "Ramadanfest" der Religiösen abzugrenzen - vergleichbar mit der ehemaligen DDR, wo beispielsweise die "Weihnachtsfeier" in "Jahresendfeier" umbenannt wurde.
    Wissenschaftler Ulusoy, der selber fastet, beobachtet, dass die Diskussion um diese beiden Begriffe auch seit einigen Jahren in Deutschland unter den hier lebenden türkeistämmigen Muslim*innen geführt wird: "Der eine hat vorbildlich 'Ramazan Bayramı' gratuliert, der andere hat den Begriff 'Zuckerfest' verwendet. Nur der Unterschied war, beide waren gleichbedeutend und wurden akzeptiert. Heute gibt es vor allem durch die sozialen Medien diesen Disput, der dann weitergetragen wird, sodass Du korrigiert wirst."

    Wenn Du auf Deiner Facebook-Seite sagst, 'ich gratuliere allen Muslimen zum Zuckerfest', gibt es dann mit Sicherheit welche, die kommentieren: 'Das ist aber kein Zuckerfest, das ist das Ramadanfest'.

    Yunus Ulusoy, Zentrum für Türkeistudien in Essen

    Durch die Arbeitsmigration der türkeistämmigen Muslim*innen hat sich auch in Deutschland seit Jahrzehnten der Begriff "Zuckerfest" etabliert.
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    Viel Besuch zum Ende des Ramadans

    Doch egal, welche der möglichen Glückwunschformeln benutzt wird, letztendlich geht es auch bei dem Fest am Ende des Ramadans um den Genuss von süßen Speisen, so Ulusoy: "Man geht zur Moschee, verrichtet das Gebet und kommt anschließend nach Hause. Dann gibt es das Ritual 'Bayram lashmak'. Das heißt, man grüßt einander, gratuliert einander zum Fest und frühstückt gemeinsam mit der Familie. Danach empfängt man viel Besuch und besucht auch andere. Man besucht Ältere, und die Jüngeren besuchen einen. Oder die Nachbarn kommen zu Besuch. Und jeder bringt etwas mit. Und das, was man anbietet oder mitbringt, sind in der Regel Süßigkeiten."
    Somit kommt das "Zuckerfest" nicht von "Zucker", hat aber dennoch mit Zucker zu tun.

    Fastenmonat der Muslime
    :Warum fastet man an Ramadan?

    Gläubige Muslime sind ab Montag zum Fasten aufgerufen. Vier Wochen lang gelten für sie dann strenge Regeln. Was sich hinter dem Ramadan verbirgt.
    Ein Schild mit der Aufschrift "Happy Ramadan" hängt in der Frankfurter Fußgängerzone.
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