Fünf Jahre Haft für CSD-Angriff: Tat nicht queerfeindlich

    Fünf Jahre Haft für Schläger:Gericht: CSD-Angriff war nicht queerfeindlich

    von Dominik Müller-Russell und Laura Ozdoba
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    Nach den tödlichen Schlägen gegen den Transmann Malte C. hat das Landgericht Münster den Angeklagten zu einer Jugendstrafe verurteilt. Queerfeindlich sei der Angriff nicht gewesen.

    Ruhig und gefasst sitzt Nuradi A. auf seinem Stuhl und hört den Worten der Vorsitzenden Richterin zu: Zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt ihn das Landgericht Münster, die er in einer Entziehungsanstalt verbringen soll. Nur als die Richterin noch einmal schildert, wie Nuradi A. vor sieben Monaten Malte C. in den Tod schlug, wird er unruhig, wippt nervös auf seinem Stuhl.

    Malte C. wollte CSD-Teilnehmerinnen schützen

    Der Tod des 25jährigen Transmannes Malte C. am Rande des Christopher Street Day 2022 in Münster hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Auf dieser Demonstration für freie Liebe tauchte Nuradi A. auf, betrunken, aggressiv, und beschimpfte Teilnehmerinnen als "lesbische Huren" und "scheiß Transen".
    Als Malte C. sich einschaltete und schützend vor die Frauen stellte, schlug Nuradi A. ihn zweimal mit der Faust ins Gesicht. Nuradi A. ist ausgebildeter Boxer, Malte C. stürzte zu Boden und schlug mit dem Kopf auf. Im Krankenhaus starb er kurze Zeit später an den Folgen eines Schädelhirntraumas.

    Waren die Schläge queerfeindlich motiviert?

    Eine der Fragen, die das Gericht zu beantworten hatte: war die Tat queerfeindlich oder nicht? Das Landgericht Münster kommt zu dem Schluss, dass sie es nicht war. Zwar waren die Beschimpfungen Nuradi A.s queerfeindlich, nicht aber der Angriff gegen Malte C., den der Angeklagte gar nicht als transsexuell habe wahrnehmen können.

    Es spricht aus Sicht der Kammer sehr viel dafür, dass der Angeklagte lediglich erbost war über die Einmischung des Getöteten.

    Sprecher des Landgerichts Münster

    Nuradi A., gebürtiger Tschetschene, hat die Tat gestanden und während des Prozesses angegeben, selbst homosexuell zu sein - wegen seiner Herkunft könne er dies allerdings nicht ausleben. Auch eine Gutachterin war während des Prozesses zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tat eine unbewusste Abwehr eigener homosexueller Wünsche sein könnte.
    Staatsanwaltschaft und die Gutachterin kamen während des Prozesses zu dem Schluss, es gebe bei Nuradi A. keine Hinweise für eine homophobe, queer- oder transfeindliche Einstellung.
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    Verband: Seit Jahren steigende Zahl queerfeindlicher Vorfälle

    Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, LSVD, will das so nicht stehenlassen. "Die Tat fand am Rande eines CSDs statt und ereignete sich nach einer lesbenfeindlichen Aussage des Täters", so Andre Lehmann vom LSVD-Bundesvorstand. Und seit Jahren stiegen die Zahlen queerfeindlicher Vorfälle.

    Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, bei der Gesetzgebung zu Hassgewalt noch stärker zu verdeutlichen, dass Hasskriminalität als Angriff auf Menschenrechte in einer Demokratie nicht akzeptiert werden kann.

    Andre Lehmann, Lesben- und Schwulenverband

    In Münster sind heute auch die Organisatoren des CSD im Gerichtssaal, um den Urteilsspruch zu verfolgen. Heidi Pelster, eine der CSD-Organisatorinnen, sagt: "Ich finde es schon mal gut, dass er von vorneherein geständig war. Dass er gesagt hat, hier läuft irgendwie was schief. Und ich hoffe, dass er jetzt die Hilfe auch wahrnimmt und annimmt."

    Zweite Chance für den suchtkranken Täter

    Nuradi A. ist alkohol- und drogenabhängig - deshalb die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für suchtkranke Straftäter. Er habe eine zweite Chance verdient, so das Gericht.
    Auch Felix Adrian Schäper vom Verein Trans*-Inter*-Münster hofft, dass Nuradi A. diese nutzt. Felix Adrian Schäper hat Malte C. auf seinem Weg vom weiblichen zum männlichen Geschlecht begleitet. "Ich wünsche mir, der Täter reflektiert noch mal, was passiert ist. Das Opfer bekommt nie eine zweite Chance. Ich hoffe, Maltes Tod war nicht umsonst."

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