Energiewende: Neue Wasserstofffabrik eröffnet in Hamburg
Wasserstoff made in germany:Wie eine Fabrik in Hamburg die Welt erobert
von Sven Rieken
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Die modernsten Bausteine der Energiewende kommen ab heute aus Hamburg. In Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz nimmt der GigaHub von "Quest One" seine Produktion auf.
Bei der Energiewende setzt Deutschland vermehrt auf Wasserstoff. In Hamburg soll eine Anlage zur Produktion von umweltfreundlichem Wasserstoff aus Ökostrom eröffnen. 30.09.2024 | 1:26 min
Die Schraube sitzt noch locker. Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen Zuganker in einen sogenannten Stack gesteckt und nachgedreht. Nicht genug, aber der High-Tech-Membranen-Stapel hält.
Scholz ist zu Gast bei "Quest One". Der Name ist Programm: Ein Prozent der weltweiten Treibhausgase könnte die Fabrik im Hamburger Osten ersetzen, wenn denn überall die Stacks eingesetzt würden, die hier entstehen. Nicht in Handarbeit, wie bei der Einweihung durch den Bundeskanzler, sondern voll automatisiert in einer großen Fabrikhalle. Und das auch erst im Jahr 2050, wenn die Fabrik auf vollen Touren läuft.
Stacks machen den Unterschied
Die Stacks arbeiten allein in einem kleinen oder mit beliebig vielen parallel in einem großen Elektrolyseur. Eine solche Anlage spaltet deionisiertes Wasser in Sauerstoff und eben Wasserstoff auf. Der dafür nötige Gleichstrom muss aus regenerativen Quellen stammen - nur dann darf dieser Wasserstoff "grün" heißen.
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Den großen Unterschied bei dieser Elektrolyse machen die Stacks. Die aus dem neuen GigaHub in Hamburg sind besonders leistungsfähig und sehr speziell be- und geschichtet. Die "kleinen" wie sie der Bundeskanzler heute gesehen hat, haben eine Leistung von 110kw. Die großen, die hier gebaut werden soll, liegen im Megawatt-Bereich, wiegen dann aber auch schon mehr als 1 Tonne.
Förderung? Dann wäre hier noch eine grüne Wiese
Die Stimmung zur Einweihung ist locker. Der Bundeskanzler, der Bürgermeister Hamburgs sowie die Chefs von MAN und VW sind nach Hamburg gereist. Die noch kleine Fertigungsstraße in der großen Halle wirkt gegen den Festakt klein und beschaulich.
"Wir haben hier in die Zukunft investiert", erklärt Quest-One Geschäftsführer Robin von Plettenberg. "Mehr als 73 Millionen Euro für die neue Fertigungsstraße, Forschung und Entwicklung." Und fügt hinzu:
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Bürokratie ist auch beim Wasserstoff ein großes Hemmnis
Tatsächlich wäre ein Antrag auf Förderung an so viele Auflagen geknüpft gewesen, dass die Geschäftsleitung diesen Finanzierungsweg gar nicht in Erwägung gezogen hat.
Zumal Konzernmutter MAN das Know-how und die Stacks aus Hamburg-Rahlstedt schnell braucht. Der LKW-Experte baut fertige Module, "Elektrolyseure to go", die direkt vor Ort Wasserstoff aus überschüssigem Strom produzieren können.
Windparks sollen effizienter werden
Das große Ziel ist es, Windparks effizienter zu gestalten und damit die Grundlastfähigkeit zu verbessern. Dafür eignen sich die "PAM-Stacks" genannten Elektrolyse-Kisten aus Hamburg am besten.
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"Wir können unsere Stacks sehr schnell rauf- und runterfahren", erläutert von Plettenberg. "Sie sind also sehr geeignet, zu viel regenerativen Strom aus dem Netz aufzunehmen und als Wasserstoff zu speichern." Brennstoffzellen können dann bei Strommangel direkt ins Netz einspeisen, mithilfe des vorher produzierten Wasserstoffes.
Wasserstoff-Plattformen direkt an den Windparks
Dieses Verfahren kann viele logistische Stromprobleme lösen. So könnten die autarken Elektrolyse-Container direkt an den Windparks überschüssigen Strom in Wasserstoff umwandeln. Heute müssen die Parks schlicht vom Netz, wenn zu viel Wind weht und der Strom gerade nicht gebraucht wird. Auch die großen Stromautobahnen wären nicht in vollem Umfang nötig.
"Ich glaube, die Menschen haben jetzt eine Menge Versprechen an die Zukunft bekommen", erklärt Hamburgs SPD-Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard. Sie sagt:
Scholz: Braucht wachen Blick nach China
Die Politik könnte mehr tun und versucht das auch. Bundeskanzler Olaf Scholz aber hat vor Ort die Probleme bereits benannt: Es braucht eine bessere Abstimmung mit der EU und einen wachen Blick gen China. Denn dort wird die Wasserstoff-Industrie stark öffentlich gefördert.
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Ein Super-GAU wie bei der Photovoltaik, das wünscht sich Geschäftsführer von Plettenberg sehr, dürfe sich nicht wiederholen. Deshalb müsse das Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz für Schutz nach außen und mehr Geschwindigkeit nach innen sorgen.
An den darin beschriebenen beschleunigten Verfahren schraubt die Bundesregierung allerdings noch. Wohl so ähnlich wie Bundeskanzler Olaf Scholz heute am Zuganker eines Elektrolyse-Stacks.
Quelle: ZDF
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