Nahost-Konflikt: Raketen aus Libanon auf Israel abgefeuert

    Raketen aus Libanon auf Israel:Expertin: Nahost-Konflikt kann "ausarten"

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    Nachdem Raketen aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden sind, wachsen Sorgen vor einer Eskalation im Nahost-Konflikt. Expertin Dachs erklärt im ZDF, wie brenzlig die Lage ist.

    Im Nahost-Konflikt spitzt sich die Lage nach den jüngsten Auseinandersetzungen auf dem Tempelberg zu. Mehrere Raketen sind am Donnerstag aus dem Libanon auf Israel gefeuert worden. Die Nahost-Expertin Gisela Dachs erklärt bei ZDFheute live, dass die aktuellen Angriffe aus dem Libanon - der offiziell mit Israel im Kriegszustand ist - die größten Attacken seit dem Jahr 2006 gewesen seien. "Damals kam es zum mehrwöchigen Krieg".
    Eine neue Entwicklung sei, dass die Raketenangriffe wahrscheinlich nicht von der im Süden des Libanons angesiedelten pro-iranischen Hisbollah-Miliz verschossen wurden. Momentan weise alles auf eine Gruppe der Hamas hin, die eigentlich im Gazastreifen verortet ist.
    Seit Monaten bereite sich die Hamas auf den aktuellen Zeitraum vor, in dem sowohl das jüdische Pessachfest als auch der muslimische Fastenmonat Ramadan stattfinden, um Konfrontationen anzustoßen und "sich als die wahren Vertreter der muslimischen Palästinenser" im Westjordanland und Jerusalem darzustellen, sagt Dachs.

    Nahost-Expertin: Lage für Israel gefährlich

    Für Israel sei die Situation derzeit sehr gefährlich, da man nun mehrere Fronten zu beachten habe - im Norden und zum Gazastreifen. Die Lage könne "sehr schnell" in einen "Mehrfronten-Krieg ausarten", erklärt die Nahost-Expertin. Gleichzeitig von mehreren Seiten mit Raketen attackiert zu werden, sei ein "Horrorszenario", so Dachs.
    Verschärfend komme hinzu, dass durch die Proteste gegen die von der Netanjahu-Regierung geplanten Justizreform - denen sich auch zahlreiche Armee-Reservisten angeschlossen hätten - das Land geschwächt wirke. Daraus könnte für die Hisbollah oder Hamas der Eindruck entstanden sein, Israel sei schwach, "so schwach wie lange nicht" und nun sei "die Möglichkeit anzugreifen", sagt Dachs.
    Es sei abzuwarten, wie die israelische Regierung auf die Angriffe reagiere. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief für den Abend ein Treffen des Sicherheitskabinetts in Jerusalem ein. Netanjahu kündigte dabei eine harte Reaktion an:

    Wir werden unsere Feinde treffen und sie werden den Preis für jegliche Aggression zahlen.

    Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident Israel

    Jerusalem: Gewalt auf dem Tempelberg

    Befeuert wurden die jüngsten Spannungen nach Zusammenstößen auf dem Tempelberg in Jerusalem. Die Hisbollah im Libanon hatte palästinensischen Gruppen bei "Maßnahmen gegen Israel" ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesichert.

    Blick auf den Tempelberg. Archivbild
    Quelle: Ilia Yefimovich/dpa

    Der Tempelberg ist sowohl für das Judentum, den Islam als auch für das Christentum eine heilige Stätte. Für Muslime ist er mit seinem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee die drittheiligste Stätte ihres Glaubens nach Mekka und Medina.

    Juden ist der Berg heilig, weil er der Überlieferung nach die heiligen antiken Tempel beheimatete. Der Ort war immer wieder Schauplatz heftiger Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften.

    Die Hisbollah verurteile "nachdrücklich den Angriff" auf die Al-Aksa-Moschee und bekunde ihre "volle Solidarität mit dem palästinensischen Volk und den Widerstandsgruppen", erklärte die pro-iranische Miliz am Donnerstag. Sie verspreche, ihnen "bei allen Maßnahmen" zum Schutz der Gläubigen "zur Seite zu stehen".
    Bereits in der Nacht zum Mittwoch waren auf dem Gelände des Jerusalemer Tempelbergs israelische Sicherheitskräfte mit Dutzenden Palästinensern zusammengestoßen. Rund 350 Menschen wurden festgenommen. Nach Angaben des Rettungsdienstes Roter Halbmond wurden rund 40 Palästinenser durch Schläge und Gummigeschosse der Polizei verletzt.

    ZDF-Korrespondent: "Es braut sich was zusammen"

    Donnerstagnacht feuerten radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen mindestens zehn Raketen auf israelisches Gebiet ab. Am frühen Morgen griff Israel daraufhin mehrere Ziele in dem Küstenstreifen an. Später beruhigte die Situation sich wieder etwas, wie ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge aus Tel Aviv berichtet. Das könne sich jedoch schnell wieder ändern.
    Die allermeisten Pilger am Tempelberg seien friedlich, einzelne Extremisten versuchten jedoch, die Situation auszunutzen. "Es braut sich was zusammen - mal wieder und leider mit Ansage", so Bewerunge mit einer Einschätzung zur politischen Lage im Land.

    Internationale Sorge vor Eskalation des Nahost-Konflikts

    Die gewaltsamen Zusammenstöße und der Raketenbeschuss hatten international die Sorge vor einer erneuten Eskalation im Nahost-Konflikt wachsen lassen. Die Hisbollah kontrolliert weite Teile im Süden des Libanon. Sie unterhält zudem enge Verbindungen zur im Gazastreifen regierenden radikalislamischen Hamas sowie zu der ebenfalls dort aktiven militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad.
    Zuletzt hatte die pro-iranische Miliz im April vergangenen Jahres Raketen auf Israel abgefeuert. Das israelische Militär hatte darauf mit Artilleriefeuer reagiert.

    Israel und Libanon im Kriegszustand

    Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze der beiden Staaten kommt es immer wieder zu Spannungen. Zu Raketenangriffen auf Israel bekannte sich in der Vergangenheit oftmals die mit dem Iran verbündete Hisbollah.
    Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan war eine Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage in Israel befürchtet worden. Aktuell kommen besonders viele Muslime zum Tempelberg, um während des Fastenmonats dort zu beten.
    Quelle: ZDF, dpa, AFP

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