ESC 2024 in Malmö: Immer wieder geht's um Israel

    Streit um Songtext und Teilnahme:ESC: Immer wieder geht's um Israel

    von Winnie Heescher
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    Eine Woche bleibt Israel noch, einen Songtext vorzulegen, mit dem das Land am diesjährigen ESC teilnehmen kann. Um Text und Teilnahme Israels wird hart gerungen - auch politisch.

    ESC-Boykott-Aufrufe aus Schweden
    In Schweden haben mehr als 1.000 Künstlerinnen und Künstler dazu aufgerufen, Israel vom Eurovision Song Contest auszuschließen.16.02.2024 | 2:07 min
    Zuletzt sah es so aus, als bräuchte Eden Golan, die Gewinnerin des diesjährigen ESC-Vorentscheids aus Israel, ihren Koffer für Malmö gar nicht mehr zu packen: Der Veranstalter, die European Broadcasting Union (EBU), hatte zwei Lieder, die das israelische Fernsehen für den Wettbewerb eingereicht hatte, abgelehnt. Zu politisch, hieß es hinter den Kulissen, ohne dass publik wurde, um welche genaue Wortwahl sich der Disput drehte.
    Nach der Zurückweisung des ersten Songtextes "October Rain" hatte der israelische Fernsehsender KAN gesagt, man werde keine Änderungen vornehmen. Zur Lösung des Problems wurde dann ein Alternativtitel zur Prüfung vorgelegt: "Dance Forever". Auch der fiel durch.
    Eden Golan
    Den ESC-Vorentscheid in Israel hat Eden Golan gewonnen. Ob sie nach Malmö reist, ist noch unklar.
    Quelle: Reuters

    Nach politischer Intervention: Israels Songtext soll überarbeitet werden

    Nun kam über das Wochenende die Wendung. Der Fernsehsender KAN veröffentlichte auf der Plattform X ein Statement: Der Sender folge dem Rat des Präsidenten Yitzhak Herzog, der darum bat, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, die es Israel ermöglichen würde, auf der Eurovisions-Bühne anzutreten.
    "Der Präsident des Landes betonte, dass gerade in einer Zeit, in der unsere Hasser versuchen, den Staat Israel von jeder Plattform zu verdrängen und zu boykottieren, Israel seine Stimme erheben, den Kopf hochhalten und seine Fahne in jedem Weltforum hissen muss, besonders in diesem Jahr." Die Songwriter würden nun gebeten, die Texte umzuarbeiten.
    ESC Fans in Verkleidung, Liverpool 11.05.2023
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    Boykott-Aufrufe auch aus Gastgeberland Schweden

    Aber es geht nicht um den Text allein. Um die Teilnahme Israels generell wird seit Wochen gerungen: Zuerst gab es Boykott-Forderungen aus skandinavischen Ländern: In Island wurden 10.000 Unterschriften gesammelt, in Norwegen Fernsehsendungen gestürmt und vor dem Gebäude des norwegischen Rundfunks symbolisch mit künstlichem Blut im Schnee protestiert. In Schweden, dem diesjährigen ESC-Gastgeber, unterschrieben mehr als 1.000 Künstlerinnen und Künstler einen offenen Brief, in dem sie den Boykott Israels forderten, wegen "der brutalen Kriegsführung in Gaza".
    Sie wiesen auch darauf hin, dass nach Russlands Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 keine russischen Medien und Künstler*innen am ESC teilnehmen durften und dass 2021 Belarus die Teilnahme aufgrund von Verstößen gegen die Pressefreiheit verweigert wurde. Die EBU wies all dies zurück: Man verstehe die Sorgen rund um den aktuellen Konflikt im Nahen Osten. "Allerdings handelt es sich beim ESC um eine unpolitische Musikveranstaltung. Es handelt sich nicht um einen Wettbewerb zwischen Regierungen."
    Großbritannien, Liverpool: Loreen aus Schweden jubelt nach ihrem Sieg beim Finale des 67. Eurovision Song Contest (ESC) in der M&S Bank Arena mit der Trophäe auf der Bühne.
    Mit ihrem Song "Tattoo" gewann die Sängerin Loreen den Eurovision Song Contest für Schweden. Deutschland landete mit der Dark-Rock-Band "Lord of the Lost" auf dem letzten Platz.14.05.2023 | 0:23 min

    Vorläufiges Endergebnis: Politik 12 Punkte

    Der ESC möchte ein unpolitischer Wettbewerb sein, der die Welt durch Musik vereint. Die Debatte um die ESC-Teilnahme Israels aber zeigt, wie viel Politik zwischen den Tönen steckt. Und schon zu diesem Zeitpunkt lässt sich sagen: Politik zwölf Punkte. Die Verantwortlichen der EBU täten gut daran, genau zu erklären, warum sie die Texte Israels nicht zulassen.
    Dem deutschen Beitrag von ESC-Kandidat Isaak haben sie ja auch einen Ausdruck aus dem Songtext gestrichen: das Wort "Shit". Das sind kleine Sorgen gemessen an denen von Eden Golan: Sollte die 20-Jährige doch noch für Israel nach Malmö fahren, muss sie sich auf mehr als Buhrufe gefasst machen. Malmö gilt in Schweden als die Stadt für Antisemitismus und Angriffe gegen Juden.
    Die israelische ESC-Delegation hat bereits vor Wochen die Teilnahme am Rahmenprogramm abgesagt - Partys und Empfänge, die die ESC-Woche immer zu einer bunten, fröhlichen und verbindenden unter Fans machen. Bis zum 11. März müssen bei der EBU alle Beiträge für den ESC 2024 eingegangen sein.

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