Kongo: Wahl bestimmt Zukunft von Regenwald und Bodenschätzen

    Analyse

    Kampf um Rohstoffe:Kongo wählt: Europa schläft, China handelt

    von Alexander Glodzinski
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    Solange Rohstoffe fließen und der Regenwald bleibt, schert es Europa kaum, ob die Demokratie im Kongo funktioniert. Dabei ist die Welt abhängig von der Stabilität dieses Landes.

    Unterstützer des Kongolesischen Präsidentschaftskandidaten Martin Martin Fayulu jubeln ihm bei einer Wahlveranstaltung zu.
    Die Wahlen im Kongo und die Stabilität des Landes sind wichtig für Klimaschutz und technologischen Fortschritt (Archivbild).
    Quelle: Reuters

    Kaum ein Land ist so wichtig wie die Demokratische Republik Kongo, wenn es um Klimaschutz und knappe Ressourcen geht. Der Rohstoff-Riese ist mit dem zweitgrößten Regenwald der Erde unverzichtbar für die Einhaltung der Klimaziele. Unter der Oberfläche liegen Erze von unschätzbarem Wert, ohne die eine technologische Transformation hin zur grünen Revolution undenkbar ist. Was im Kongo passiert, muss die Welt interessieren.
    Aber was im Kongo passiert, interessiere in Europa kaum jemanden, beklagt Jakob Kerstan, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kongos Hauptstadt Kinshasa:

    Deutschland hat keinen Fuß in der Tür.

    Jakob Kerstan

    Mit DHL und Heidelberg Zement gibt es gerade einmal zwei deutsche Unternehmen auf dem kongolesischen Markt. Kerstan sagt: "Die deutsche Wirtschaft ist im Prinzip im Kongo nicht vorhanden."
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    Bodenschätze: Riesiges Potenzial im Kongo

    Seit Russlands Angriff auf die Ukraine sei die Ressourcenabhängigkeit wieder deutlicher ins Bewusstsein gerückt, sagt Kerstan. Europa müsse flexibler werden. China kontrolliert bereits zahlreiche Minen in der Provinz Katanga, die Türkei investiert, die Vereinigten Arabischen Emirate bauen den ersten Tiefseehafen des Landes und investieren im Gold-Geschäft, Indien drängt auf den Markt, aber Europa spielt wirtschaftlich im Kongo keine Rolle.
    Dadurch habe Europa auch wenig politischen Einfluss, sagt Kersten. Und das, obwohl der amtierende Präsident europäischer denke, als viele glauben. "Die Chinesen sind nicht sehr beliebt im Kongo", sagt Kerstan, "aber aus Mangel an europäischer Präsenz arbeitet man zusammen."
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    Wahlen: Denis Mukwege nur mit Außenseiterchancen

    Der amtierende Präsident Félix Tshisekedi hat gute Chancen, wiedergewählt zu werden. Er hat die Wahlkommission mit Vertrauten besetzt und den Sicherheitsapparat zu seinen Gunsten umgebaut. Außerdem spielt den Amtsinhabern das Wahlrecht in die Hände. Nach nur einem Wahlgang gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen.
    Als aussichtsreichster Kandidat der Opposition gilt Moïse Katumbi, ehemaliger Gouverneur der rohstoffreichen Provinz Katanga und einer der reichsten Männer des Landes. Der Geschäftsmann Martin Fayulu habe nach eigenen Aussagen bereits 2018 gegen Tshisekedi gewonnen, sei aber von der Wahlkommission um den Sieg betrogen worden. Jetzt will er einen neuen Anlauf wagen. Denis Mukwege ist in Europa der wohl bekannteste Kandidat. Dem Friedensnobelpreisträger, Arzt und Aktivist werden allerdings nur Außenseiterchancen eingeräumt.

    Erneuter Putsch in Afrika
    :Militär in Gabun verkündet Machtübernahme

    Vier Tage nach den Präsidentschaftswahlen in dem zentralafrikanischen Land haben Soldaten das Ergebnis annulliert. Der gewählte Staatschef Ali Bongo Ondimba wurde abgesetzt.
    von Susann von Lojewski
    Menschen zeigen die gabunische Nationalflagge, während sie in den Straßen von Akanda, Gabun, feiern, aufgenommen am 30.08.2023
    mit Video

    Konflikt mit Ruanda und Hitler-Vergleiche

    "Die Wahlen sind eine logistische Herausforderung", sagt Jakob Kersten. Es werde mit Sicherheit Gewalt geben und nicht alle Menschen könnten sich an der Wahl beteiligen. Im Osten des Kongo greifen Nachbarstaaten wie Uganda und vor allem Ruanda militärisch ein, unterstützen Milizen und sichern sich mit brutalen Kämpfen Einfluss auf die Bodenschätze im Land.
    Eine Million Wahlberechtigte sind im besetzten Gebiet vom Urnengang ausgeschlossen. Präsident Thsisekedi warf dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame vor, er verhalte sich mit seinen Expansionsgelüsten wie einst Adolf Hitler. "Es wird mit besonderer Härte gegen Ruanda Wahlkampf betrieben", sagt Jakob Kerstan. Für die Politiker sei das auch eine willkommene Ausrede, um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

    Kongo
    :Schutz des zweitgrößten Waldes

    Im Kongo steht der zweitgrößte tropische Wald. Unter diesem befindet sich Öl, das die Regierung der demokratischen Republik Kongo ausbeuten will.
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    UNO spricht von humanitärer Katastrophe

    Fast sieben Millionen Menschen wurden im Kongo aus ihrer Heimat vertrieben und leben in überfüllten Lagern ohne Wasser, Strom und Nahrungsmittelversorgung. Die UN bezeichnen die Situation als eine der größten humanitären Krisen der Welt.
    Der Kongo hat Rohstoffe im Überfluss, und trotzdem ist das Land eines der ärmsten der Welt. Milizen, ausländische Interessen und korrupte Politiker gefährden die Stabilität. "Viel wird jetzt davon abhängen, wie die Wahlergebnisse aufgefasst werden", sagt Jakob Kerstan in Kinshasa, "und davon, wie transparent die Wahlen und die Auszählung ablaufen." Er rechnet mit einem Ergebnis Anfang Januar.

    • Die Demokratische Republik Kongo ist flächenmäßig das zweitgrößte Land Afrikas nach Algerien und mehr als sechsmal so groß wie Deutschland
    • Die Bevölkerung wird auf 96 Millionen Menschen geschätzt
    • Das Durchschnittseinkommen beträgt gerade einmal 577 US-Dollar, damit ist die Demokratische Republik Kongo eines der ärmsten Länder der Welt
    • Gleichzeitig ist der Kongo eines des rohstoffreichsten Länder der Welt, es gibt große Vorkommen an Diamanten, Gold, Kupfer, Coltan, Kobalt, Mangan, Blei, Zink, Zinn, Erdöl und Erdgas

    Gipfel in Berlin
    :Mehr Investitionen in Afrikas Wirtschaft?

    Der Afrika-Gipfel in Berlin steht im Zeichen wachsender Zusammenarbeit. Die Deutsche Wirtschaft sieht Chancen - und fordert mehr mutiges Engagement der Bundesregierung.
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    Bundeskanzler Scholz trifft Abiy Ahmed Ali
    Alexander Glodzinski berichtet aus dem ZDF-Studio in Nairobi.

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