Militäranalyst Gady:Ukraine im Winter: Sorge vor zweitem Bachmut
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Über die Ukraine legt sich der zweite Winter seit Beginn des Kriegs. Was bedeutet das für den Verlauf der Kämpfe? Militäranalyst Franz-Stefan Gady ordnet ein.
Militäranalyst Franz-Stefan Gady bei ZDFheute live zur Lage in der Ukraine - das komplette Interview.30.11.2023 | 12:19 min
Franz-Stefan Gady ist Politikberater und Analyst am Institute for International Strategic Studies (IISS) in London. Er war schon mehrmals an der ukrainischen Front, unter anderem während der "Schlammperiode" und beobachtet den russischen Krieg gegen die Ukraine genau. Wie entwickeln sich die Kämpfe mit dem Beginn des Winters und wie könnte es weitergehen?
Beide Seiten seien relativ erschöpft und hätten Personalmangel, sagt Militäranalyst Franz-Stefan Gady bei ZDFheute live. Russland übe aktuell aber mehr offensiven Druck aus.
Sehen Sie das Interview oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen:
Kann Russland vom Beginn des Winters in der Ukraine profitieren?
Davon geht Militärexperte Gady nur bedingt aus. "Ich glaube der Grund, warum wir jetzt womöglich denken, dass Russland mehr Initiative an der Front zeigt - an zumindest Teilen der Front - ist, weil letztendlich die ukrainische Gegenoffensive vor ein paar Wochen kulminiert ist. Das heißt, sie hat ihren Höhepunkt überschritten." Zudem seien beiden Seiten gleichermaßen von den Wetterbedingungen an der Front betroffen.
Allerdings werde das Verlegen und auch die Räumung von Minenfeldern im Neuschnee schwieriger. Trotzdem sei das Wetter nicht der entscheidende Faktor, es erschwere jedoch die Bedingungen sowohl für Angriffe als auch für Verteidigung.
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Was hat die Ukraine Russland noch entgegenzusetzen?
Man sollte erwarten, dass die Ukraine womöglich für längere Zeit in der Defensive bleibe, sagt Gady. Russland werde wahrscheinlich versuchen, das Gleiche wie im vergangenen Winter zu tun: eine neue größere Offensive starten. Die Offensive des neu eingesetzten russischen Generals Gerasimow hätten die russischen Streitkräfte damals abgenutzt.
Die Ukrainer hätten hingegen vor allem noch die Schlacht um Bachmut in den Köpfen:
Er blicke dabei auch auf Awdijiwka, die Stadt, die derzeit von einer russischen Einschließung bedroht sei. Damit gehe das Risiko einher, dass "die ukrainischen Streitkräfte hier langsam ausgeblutet werden". Selbst wenn die Stadt falle, werde das jedoch keinen unmittelbaren strategischen Einfluss auf das Kampfgeschehen haben, sagt der Militärexperte.
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Beide Seiten seien erschöpft, es gebe aber einen großen offensiven Druck von Russland. Die Russen hätten in den nächsten Monaten wohl bei Artilleriemunition, selbst gebauten Kamikaze-Drohnen und elektronischer Kampfführung einen Vorsprung - zumindest bei der Quantität. Die Ukraine kämpfe mit Reserve- und Personalproblemen und Erschöpfung - Russland allerdings auch.
Könnte der Krieg 2024 enden?
Beide Seiten glaubten nach wie vor, so Gady, noch genügend militärische Optionen zu haben.
Auf ukrainischer Seite könnte es einzelne Akteure geben, die dazu bereit wären - zumindest dazu, Gespräche zu beginnen. Doch noch immer pochten beide Seiten auf die militärische Option. Der Ukraine würde seiner Meinung nach von einer Defensivstrategie profitieren, um die Kampfkraft zu erhalten. "Ich glaube, das Ziel auf russischer Seite ist nach wie vor, in unmittelbarer Zukunft den gesamten Donbass also die Oblasten Donezk und Luhansk unter voller russischer Kontrolle zu bringen", so Gady.
Aus russischer Perspektive sehe man vermutlich keinen Grund, den Krieg frühzeitig abzubrechen. Auf ukrainischer Seite habe man hingegen interne Spannungen sehen können. "Aber ich glaube, das Wichtigste zu verstehen ist, dass das Jahr ein Aufbaujahr werden muss für die ukrainischen Streitkräfte." Die Ukraine würde gut daran tun, in die Defensive zu gehen, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Drucks auf die russischen Streitkräfte.
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Gady glaubt, dass früher oder später verstärkt wieder Brücken oder einzelne Militärstützpunkte von der Ukraine angegriffen werden könnten. Zudem werde man den Druck auf die Krim aufrechterhalten. Zudem werde sich die Situation der Munition auf ukrainischer Seite vermutlich verbessern. Schon deshalb werde die Ukraine den Krieg vermutlich nicht schnell beenden.
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