Minister zu Panzer-Ausfall: Bundeswehr kann Auftrag erfüllen

    ZDF-Recherche zu Leopard-Panzern:Pistorius: Bundeswehr kann Auftrag erfüllen

    Autorenfoto Nils Metzger
    von Nils Metzger
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    Verteidigungsminister Pistorius räumt nach ZDF-Recherchen einen "Wartungs-Stau" bei Leopard-Panzern für die Nato-Eingreiftruppe VJTF ein. Der Einsatz insgesamt sei nicht gefährdet.

    Litauen, Rukla: Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht neben Bundeswehrsoldaten des deutschen Einsatzkontingents Enhanced Forward Presence in Rukla bei dem Besuch des Nato-Partners Litauen an einem Leoprd 2 Panzer zu den Journalisten.
    Auf Truppenbesuch in Litauen: Verteidigungsminister Boris Pistorius vor einem einsatzbereiten Leopard-Panzer.
    Quelle: Kay Nietfeld/dpa

    ZDF frontal berichtete Anfang der Woche über die mangelhafte Einsatzbereitschaft hochmoderner Leopard-2-Kampfpanzer, die die Bundeswehr der Nato-Eingreiftruppe VJTF für das Jahr 2023 fest zugesagt hatte. Laut einem internen Bundeswehr-Schreiben seien im Januar und Februar weit weniger als die versprochenen 30 Kampfpanzer beim zuständigen Panzerbataillon 393 tatsächlich einsatzbereit gewesen.
    Am Rande eines Truppenbesuchs in Litauen räumte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) inzwischen Probleme ein: "Wir hatten einen Stau bei der Wartung und Instandsetzung." Doch "der wird jetzt aufgelöst", so Pistorius.
    Dass es grundsätzliche Ausrüstungsmängel bei den Leoparden für die Nato-Truppe gebe, wies der Minister am Dienstag zurück.

    Es besteht kein Zweifel, dass der Einsatzauftrag erfüllt werden kann.

    Verteidigungsminister Boris Pistorius

    Andere Einheiten müssten Panzer abgeben

    Doch laut dem Bundeswehr-Schreiben, das ZDF frontal vorliegt, könnte die Bundeswehr ihren Auftrag vorerst nur erfüllen, wenn andere Bundeswehr-Verbände ihre Panzer an das Panzerbataillon 393 abgeben. Demnach soll das Panzerbataillon 104 aus Bayern im Notfall einspringen und seine Panzer der VJTF zur Verfügung stellen. Bundeswehr-Soldaten teilten dem ZDF mit, dass diese Notlösung der Nato verheimlicht worden sei.

    Bei der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) handelt es sich um die schnellste Eingreiftruppe, die die Nato besitzt. Sie ist Teil der NRF.

    Deutschland stellt 2023 mit rund 8.000 Soldatinnen und Soldaten den Kern der Nato-Speerspitze VJTF. Der Leitverband befindet sich in der Stand-by-Phase und soll innerhalb von zwei bis sieben Tagen einsatzbereit sein.

    Die VJTF ist ständig in Alarmbereitschaft und kann binnen weniger Tage bis zu 20.000 Soldaten mobilisieren und in Krisengebiete verlegen. Sie war 2014 infolge der Annexion der Krim durch Russland gegründet worden.

    Über einen Einsatz der VJTF wird auf politischer Ebene seitens der Nato-Mitgliedsländer entschieden. Das nach einem Rotationsprinzip im Jahrestakt jeweils zuständige Bündnisland entscheidet dann noch einmal separat. In der Theorie stehen stets drei Nationen mit unterschiedlichen Reaktionszeiten einsatzbereit.

    Quelle: AFP

    Auf den Nato-Einsatz vorbereitet sind diese Panzer der 104er-Bataillons nicht; haben anders als das Panzerbataillon 393 etwa keine offizielle VJTF-Zertifizierung durchlaufen. Dass die Bundeswehr vor großen Einsätzen einsatzbereites Material erst in ganz Deutschland zusammensuchen muss, war viele Jahre üblich. Dieses sogenannte "dynamische Verfügbarkeitsmanagement" war ein Symbol für den mangelhaften Zustand der Streitkräfte.
    Für die VJTF wollte die Bundeswehr dieses Prinzip aber eigentlich hinter sich gelassen haben haben. "Deutsches Heer bereit für die VJTF 2023", titelt die Bundeswehr-Webseite bis heute.

    So wenige Panzer sind tatsächlich einsatzbereit

    Deutschland stellt im Jahr 2023 mit rund 8.000 Soldatinnen und Soldaten den Kern der Nato-Speerspitze VJTF. Dafür wurde der Nato unter anderem ein voll ausgerüsteter und einsatzbereiter Panzerverband mit dem modernsten Kampfpanzer der Bundeswehr, dem Leopard 2 A7V, zugesagt.
    Anstatt der benötigten 30 waren laut dem Bundeswehr-Schreiben von Anfang Februar 2023 nur 17 im Januar und 20 im Februar verfügbar. Grund für die Ausfälle sind danach monatelange Verzögerungen bei der Wartung und Instandsetzung in einem Werk des Herstellers KMW.
    Auch im weiteren Jahresverlauf rechnet die Bundeswehr mit Panzer-Lücken beim betroffenen Panzerbataillon 393:
    Leopard 2 A7V des Panzerbataillons 393
    ZDFheute Infografik
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    Selbst diese Zahlen erreicht die Bundeswehr nur, da eigentlich geltende Wartungsvorschriften für die VJTF-Panzer ausgesetzt wurden. Sonst wären elf weitere Leopard 2 ausgefallen, heißt es in dem Schreiben.
    Hinterkopf eines Bundeswehrsoldaten
    Die Bundeswehr steckt in einer Krise: defekte Panzer, fehlende Munition, frustrierte Soldaten. Ministerinnen und Minister wechselten, die Probleme aber wuchsen.17.01.2023 | 12:52 min

    Politik kritisiert mangelhafte Vorbereitung auf VJTF

    Bei Außen- und Verteidigungspolitikern löste der ZDF-Bericht über die Leopard-Probleme Kopfschütteln aus. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul sagte dem ZDF:

    Die Schnelle Eingreiftruppe soll ja gerade schnell eingreifen können. Und dafür muss sie auch ausgerüstet sein. Wenn dort Panzer fehlen, kann sie es nicht.

    Johann Wadephul, CDU-Bundestagsabgeordneter

    "Wir sehen gerade in der Ukraine, wie wichtig Panzer sind. Deswegen ist das natürlich ein dramatisches Signal. Es wird nicht besser dadurch, dass das verheimlicht wurde", so Wadephul weiter.
    Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte dem ZDF: "Wir brauchen die Nato, wir wollen die Nato, wir wollen Teil der Nato sein, aber kommen unseren Verpflichtungen eben nur begrenzt nach."

    Leopard-Ausfall bei VJTF-Verband
    :Bundeswehr fehlen Panzer für Nato-Speerspitze

    Die Bundeswehr kann ihre Zusagen an die Nato für die Eingreiftruppe VJTF kaum erfüllen. Interne Dokumente belegen anhaltende massive Ausfälle bei brandneuen Leopard-2-Kampfpanzern.
    von Nils Metzger, Thomas Reichart
    Kampfpanzer Leopard 2 A7V
    Exklusiv

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