Drei Jahre nach Hanau: "Deutschland hat Rassismus-Problem"

    Drei Jahre nach Hanau-Anschlag:Ataman: "Deutschland hat Rassismus-Problem"

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    Die Antidiskriminierungsbeauftragte bescheinigt dem Land drei Jahre nach Hanau ein Rassismus-Problem. Justizminister Buschmann bezeichnete die Tat als "Wunde, die nicht verheilt".

    Gedenken in Hanau
    In Hanau ist die Erinnerung an den Anschlag 2020 präsent.
    Quelle: /dpa

    Drei Jahre nach dem rechtsextremistischen Anschlag in Hanau hat die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, den Umgang mit Betroffenen von Rassismus in Deutschland kritisiert. "Deutschland hat ein Rassismus-Problem - das zeigt sich auch daran, wenn Bundespolitiker abfällig über muslimische Jugendliche als 'kleine Paschas' reden", sagte sie den Funke Zeitungen vom Samstag. Sie bezog sich damit auf eine Äußerung von CDU-Chef Friedrich Merz.
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    Für seine "Pascha-Bemerkung" bei Markus Lanz hat CDU-Chef Merz viel Kritik bekommen:
    Angehörige von Opfern in Hanau und viele andere Menschen mit Rassismus-Erfahrungen erlebten gerade, dass Diskriminierung verharmlost "und als belangloses Interesse von Minderheiten abgetan wird", fuhr sie fort. "Gleichzeitig beobachten wir, dass nach Ereignissen in der Silvesternacht ein Generalverdacht gegen Menschen mit Migrationshintergrund ausgesprochen wurde."

    Ataman: Maßnahmen gegen Rechtsextremismus auch umsetzen

    Ataman forderte vor dem Hintergrund des Hanau-Gedenkens, dass Maßnahmen gegen Rechtsextremismus konsequenter umgesetzt werden. Nach der Tat von Hanau habe es "zum ersten Mal einen Kabinettsbeschluss gegen Rechtsextremismus und Rassismus" gegeben.
    "Umso mehr ist es enttäuschend, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen bis heute nicht umgesetzt hat." So sei etwa der umstrittene Begriff "Rasse" im Grundgesetz noch immer nicht geändert worden.
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    Der Anschlag von Hanau jährt sich am Sonntag zum dritten Mal. Am 19. Februar 2020 hatte Tobias R. in der hessischen Stadt neun Menschen mit Migrationshintergrund, seine Mutter und sich selbst getötet. Ende Dezember 2021 stellte die Bundesanwaltschaft ihre Ermittlungen zu dem Anschlag ein. Es gebe keine Anhaltspunkte für Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser des Attentäters, hieß es. Unter den Angehörigen der Opfer sorgte das für Kritik.

    Buschmann: Hanau - "eine Wunde, die nicht verheilt"

    Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte an diesem Samstag, der Anschlag in Hanau "bleibt eine Wunde, die nicht verheilt". Drei Jahre nach "diesem Akt des Terrors bleiben Fassungslosigkeit, Trauer, Abscheu und die Frage: Warum war der Staat nicht in der Lage, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen?" Der Rechtsstaat und seine Vertreter müssten "ihre Lehren aus diesem Anschlag und aus ihrem eigenen Versagen ziehen".

    Dass Menschen aufgrund ihrer Herkunftsgeschichte in unserem Land fürchten müssen, Opfer von Gewalttaten zu werden, dürfen wir nicht dulden.

    Marco Buschmann, Bundesjustizminister (FDP)

    Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), gedachte der Todesopfer des Anschlags - sie seien "unvergessen". Hanau "ist und bleibt für uns alle eine Mahnung, dass viel zu viele Menschen in unserem Land in ihrem Alltag rassistische Gewalt erfahren müssen", fuhr er fort. "Als Gesellschaft sollten wir alles dafür tun, Rassismus, Gewalt und Diskriminierung jeden Tag zu bekämpfen."
    Am Sonntag gedenken in Hanau Vertreter aus Politik, Bürgerschaft und Religionsgemeinschaften der Opfer. Erwartet werden unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus.
    Quelle: AFP, epd