Grundsatzprogramm der Union:Die Ratlos-CDU
von Mathis Feldhoff
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Die Umfragezahlen der Union bewegen sich nahezu als Flatline - eine fast gerade Linie um die 30 Prozent. Mehr ist derzeit nicht drin. In dieser Phase ringt die CDU um Orientierung.
Friedrich Merz auf dem Programmkonvent der CDU in Berlin
Quelle: dpa
Es ist ein überraschender Auftritt von Friedrich Merz am Samstagmorgen auf dem Programmkonvent der CDU in einem Hotel in Berlin-Moabit. Gemeinsam mit dem ehemaligen Grünen-Politiker Ralf Fücks diskutiert der CDU-Chef über "Was ist grundsätzlich CDU?".
Nur einen Tag vorher hatte der Partei- und Fraktionsvorsitzende auf dem kleinen Parteitag insbesondere der Grünen noch als Truppe gegeißelt, die mit ihrer Politik nur "anordnet, reguliert und verbietet". Doch trotz schwindender Ampel-Werte muss die CDU derzeit bitter zur Kenntnis nehmen, dass sie davon kaum profitieren kann.
Union profitiert nicht von schlechten Werten der Ampel
Und das obwohl Merz längst auf Attacke umgeschaltet hat. Das Etikett der "konstruktiven Opposition", das Merz lange postuliert hat, gehört der Vergangenheit an.
Im aktuellen Politbarometer des ZDF geben nur 28 Prozent an, bei einer möglichen Bundestagswahl CDU oder CSU zu wählen - ein Wert, der seit Monaten, wie eine flache Linie daher kommt. Allein der AfD gelingt es abwandernden Ampel-Wähler einzusammeln. Ein Trend, der der Partei um Friedrich Merz zu denken gibt.
Quelle: ZDF
Fücks: "Wollen Sie ewig mit der SPD koalieren?"
Merz und Fücks verstehen sich gut - auch wenn sie über die Wahrnehmung der aktuellen Spitze der Grünen streiten. Der CDU-Chef muss, bei aller Abgrenzung, die Anschlussfähigkeit der Union in das grün-bürgerliche Lager aufrechterhalten - ganz egal, ob die eigene Kernwählerschaft - und große Teile der Partei - derzeit ziemlich die Nase voll zu haben scheinen, von der Partei von Robert Habeck und Annalena Baerbock.
Ohne eine Koalition wird die CDU in Zukunft keine Machtperspektive habe. Ralf Fücks spricht es aus und bekommt dafür Applaus: "Wollen Sie auf ewig mit der SPD koalieren oder glauben Sie etwa noch an eine Mehrheit mit der FDP?" Und um das für die sich wandelnde Gesellschaft zu erreichen, müsse die Union "die Brücken schlagen zwischen Kontinuität und einer Zeit des Wandels".
Merz klingt da nicht viel anders: "Wir müssen doch als Partei der Mitte Sicherheit geben, ohne das wir die Dimension des Wandels unterschlagen." Die beiden würden sich in Koalitionsverhandlungen sicher gut verstehen.
Debatte über politische Ansprache wühlt CDU auf
Wo sich Fücks und Merz im Ziel noch einig scheinen - etwa dass Klimaschutz grundsätzlich nicht verhandelbar ist - tun sich Unterschiede auf, als der ehemalige Spitzen-Grüne die CDU davor warnt, in der Rhetorik die Sprache der AfD zu übernehmen.
Mit dem Satz, "eine bürgerliche Partei, die sie ja sein wollen, muss einen bürgerlichen Stil führen", provoziert er Merz sogar ein bisschen persönlich.
Was er denn meine, fragt der CDU-Chef und bekommt prompt sein Wort vom Sozial-Tourismus vorhalten. Das habe er bedauert, verteidigt sich Friedrich Merz, aber will von klaren Worten nicht lassen: "Dem Volk aufs Maul zu schauen ist Demokratie, dem Volk nach dem Mund zu reden ist Populismus."
Es ist diese Debatte um die politische Ansprache, die nicht nur auf der Bühne in einem Berliner Hotel stattfindet, sondern die CDU tatsächlich weiterverbreitet aufwühlt. Erst gestern hatte Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther seine Partei davor gewarnt nicht in einen Wettstreit einzutreten, wer am "zugespitzten formuliert."
Linnemann: "Wir waren nicht mehr gut genug"
Es ist eine Sinn- und Zielsuche, auf der sich die CDU derzeit befindet. Das neue Grundsatzprogramm soll die selbsterkannten Leerstellen füllen. "Wir waren nicht mehr gut genug", sagt Carsten Linnemann, stellvertretender Parteichef und Vorsitzender der Programmkommission, fast gebetsmühlenartig derzeit auf jeder Veranstaltung.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja führt den Höhenflug der AfD in jüngsten Umfragen auf die Arbeit der Bundesregierung zurück.16.06.2023 | 7:15 min
Und versucht damit zu erklären, warum die Union die letzte Bundestagswahl so krachend verloren hat. Dass es den innerparteilichen Streit mit Markus Söder oder die Performance des eigenen Kanzlerkandidaten Armin Laschet nur unzureichend erklärt, will man in der CDU besser vergessen.
Für das neue Programm hat sich die Union viel vorgenommen - eine große Steuerreform, ein soziales Pflichtjahr oder verpflichtende Sprachtests für Vorschulkinder gehören zu den Diskussionspunkten, die derzeit in der Partei rauf und runter ventiliert werden. Ob dieses Papier in einem Jahr tatsächlich den Unterschied machen kann, scheint derzeit mehr Hoffnung als ein wirklich gesicherter Fakt.
Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.
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