China: Universitäten schicken Studierende nach Hause

    Um Proteste zu verhindern:China: Unis schicken Studierende nach Hause

    |

    Angesichts der größten Protestwelle seit Jahrzehnten schickt die chinesische Regierung Studierende nach Hause. Offiziell soll das dem Schutz vor dem Coronavirus dienen.

    Nach massiven Protesten gegen die strengen Corona-Beschränkungen schicken chinesische Universitäten ihre Studentinnen und Studenten zurück nach Hause. Mehrere Universitäten teilten mit, sie wollten auf diese Weise weitere Corona-Infektionen verhindern.
    Gleichzeitig senken sie dadurch aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Studierenden in den Städten zu Demonstrationen zusammenkommen. In Peking, Shanghai und anderen Metropolen verhinderte eine massive Polizeipräsenz am Dienstag weitere Protestaktionen.
    Miriam Steimer, Leiterin des ZDF-Studios in Peking, dazu:

    Manche Universitäten bieten den Studierenden sogar kostenlose Flug- und Bahntickets nach Hause an und ziehen die regulären Ferien zum chinesischen Neujahr vor.

    Miriam Steimer, Leiterin des ZDF-Studios in Peking

    Und weiter: "Sie scheinen die Studierenden möglichst schnell loswerden zu wollen, bevor sich die Lage auf dem ein oder anderen Campus weiter verschärft. An 79 Universitäten im ganzen Land sollen sich Studentinnen und Studenten inzwischen in irgendeiner Form an Protesten beteiligt haben."
    Es sei eine explosive Mischung, so Steimer: "Viele junge Leute, die das Universitäts-Gelände teilweise seit Wochen nicht mehr verlassen dürfen, deren Vorlesungen nun bald im dritten Jahr größtenteils online stattfindet und die wenig Hoffnung haben, dass sich daran bald grundlegend etwas ändert."

    Proteste in mehreren Städten in China

    Die Tsinghua-Universität, die Alma Mater von Präsident Xi Jinping, sowie weitere Hochschulen in der Hauptstadt und der Provinz Guangdong im Süden des Landes gehörten zu jenen, die mit Verweis auf den Schutz vor Corona die Studenten zu einer Reise in ihre Heimatorte aufforderten.
    An der Tsinghua-Universität war es am Sonntag zu Protesten bekommen. Am Montag wurden dort nach Angaben eines Studenten neun Wohnheime geschlossen, nachdem einige der Bewohnerinnen und Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.
    ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer
    Chinas Präsident Xi Jinping habe die Null-Covid-Politik "mit seiner Person verknüpft" und, wenn er sie ändern würde, käme das "einem Gesichtsverlust gleich", so ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer.29.11.2022 | 3:38 min

    Polizeikontrollen dauern an

    Gleichzeitig dauerten die Kontrollen durch die Polizei an. In Shanghai stoppte die Polizei am Montagabend Fußgänger und überprüfte ihre Telefone, wie ein Augenzeuge sagte. Die Beamten hätten möglicherweise nach Apps wie Twitter gesucht, die in China verboten sind, oder nach Bildern von Protesten.
    Der Augenzeuge, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen wollte, sagte, er sei auf dem Weg zu einer Demonstration gewesen, habe am vereinbarten Ort aber keine Teilnehmer vorgefunden.
    In Peking bekam ein Teilnehmer einer Protestaktion am Montag Besuch von der Polizei, wie ein Freund sagte, der ebenfalls anonym bleiben wollte. Die Beamten hätten den Freund befragt und ihn gewarnt, nicht zu weiteren Demonstrationen zu gehen.
    Einige Universitäten organisierten Busse, um die Studenten zu den Bahnhöfen zu bringen. Seminare und Abschlussprüfungen sollten online stattfinden.
    "Wir werden dafür sorgen, dass Studierende, die dazu bereit sind, in ihre Heimatstädte zurückkehren können", hieß es auf der Website der Pekinger Universität für Forstwirtschaft. Alle Lehrkräfte und Studierenden seien negativ auf das Virus getestet worden.

    Regierungssprecher: Schützen Gesundheit der Menschen

    Auf die Kritik am Umgang mit den Protesten angesprochen, verteidigte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums den Corona-Kurs und sagte, die Rechte der Öffentlichkeit seien vom Gesetz geschützt. Die Regierung versuche, das Leben und die Gesundheit der Menschen bestmöglich zu schützen und gleichzeitig die Auswirkungen des Coronavirus auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu minimieren, erklärte der Sprecher Zhao Lijian.
    Tim Rühlig, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
    Die jüngsten Proteste in China sollten "die kommunistische Partei wirklich besorgen" und hätten "Sprengkraft über die Zero-Covid-Politik" hinaus, so Tim Rühlig, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik.29.11.2022 | 6:09 min
    Die chinesische Regierung setzt im Kampf gegen das Coronavirus weiterhin auf Lockdowns, Massentests und Quarantänepflicht. Das hat zu den größten Protesten gegen die kommunistische Führung seit Jahrzehnten geführt. Als Folge lockerten die Behörden am Montag einzelne Beschränkungen, gleichzeitig bekräftigte die Regierung aber ihr Festhalten an der "Null Covid"-Strategie.
    Die Kommunistische Partei hatte im vergangenen Monat zugesagt, unter anderem die Quarantänevorschriften zu verändern, um den Menschen das Leben zu erleichtern. Ein sprunghafter Anstieg der Infektionen, getrieben von der Omikron-Variante des Virus, veranlasste Städte und Gemeinden jedoch, die Kontrollen zu verschärfen, was die Frustration in der Bevölkerung noch verstärkte.
    Quelle: AP, ZDF
    Thema

    Mehr zu den China-Protesten