Streit um Potsdamer Treffen: Weidel schickt Brief an Le Pen

    Wegen Potsdamer Geheimtreffen:Nach Gespräch: Weidel schickt Brief an Le Pen

    Nicole Diekmann
    von Nicole Diekmann
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    Nach dem Treffen in Potsdam hatte sich die französische Rechtspopulistin Le Pen von der AfD distanziert. Ein Gespräch in Paris sollte Unstimmigkeiten beseitigen. Wohl ohne Erfolg.

    Ein "herzlicher Empfang" sei es gewesen, den man ihr bereitet habe, schwärmte Alice Weidel vergangenen Dienstag auf X nach einem Treffen mit der französischen Rechtsaußen-Politikerin und Fraktionsvorsitzenden des "Rassemblement National" Marine Le Pen in Paris. "Es war mir dabei auch ein Anliegen, das medial verzerrte Bild über die Migrationspolitik der AfD einzuordnen", so Weidel anschließend gegenüber dem ZDF.
    Rund zweieinhalb Stunden lang hatte Weidel mit Le Pen in einem italienischen Restaurant in der französischen Hauptstadt zusammengesessen. Zentrales Thema bei Risotto und Tiramisu: Das Geheimtreffen von Potsdam vergangenen November.
    Le Pen hatte sich nach den Enthüllungen durch den Rechercheverbund Correctiv von der AfD distanziert und sogar mit einem Ende der gemeinsamen Fraktion im EU-Parlament gedroht.
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    "Remigration": Le Pen forderte Distanzierung von Weidel

    Offensichtlich aber scheinen Erklärungsversuche der unter Druck geratenen AfD wie der, es handle sich um eine mediale Verzerrung, bei Le Pen nicht so recht zu verfangen: Wenige Tage später forderte Le Pen von Weidel, sich vom Begriff "Remigration" zu distanzieren. Nun hat Weidel einen Brief nach Paris geschickt, der dem ZDF vorliegt und über den "Politico" zuerst berichtete.
    Darin wiederholt Weidel die Behauptung, es handle sich um eine Medienkampagne. In Potsdam habe es sich darüber hinaus nicht um ein Geheim-, sondern um ein privates Treffen gehandelt. Weidel suggeriert, Correctiv sei staatlich beeinflusst und somit Teil einer Verschwörung gegen die "immer stärker werdende AfD".

    Weidel: Keine Distanzierung von umstrittenem Begriff

    Was Weidel in diesem Brief nicht tut: auf die zentrale Forderung Le Pens eingehen und sich vom Remigrations-Begriff distanzieren. Das kann sie de facto auch gar nicht, denn das wäre nichts anderes als eine Absage der zentralen Programmatik der AfD.
    In Potsdam soll es um "Remigration" gegangen sein. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Wissenschaft und bedeutet dort die freiwillige Rückkehr oder Rückwanderung ins Herkunftsland. Seit geraumer Zeit besetzen rechte bis rechtsextreme Parteien den Begriff - und fassen ihn als "Versprechen" auf, wie es der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer auf X formulierte: "Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen."
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    Zahlreiche Demonstrationen nach Potsdamer Treffen

    In Potsdam jedoch sollen sehr viel weitergehende und verfassungswidrige Pläne besprochen worden sein. Man soll über "drei Remigrationszielgruppen" geredet haben: von Geflüchteten, von Ausländern - und von "nicht assimilierten eingebürgerten Staatsbürgern". Also von Deutschen. Pläne, die an die Nazi-Zeit erinnern. Das Schlagwort "Deportation" macht die Runde. Seitdem gehen deutschlandweit Millionen Menschen auf die Straße und demonstrieren für die Demokratie - und gegen die AfD.
    Ein zentraler Bestandteil der anschließenden AfD-Kommunikationsstrategie bestand darin, diesen Begriff auszuräumen - mithilfe der Verwendung des Schlüsselworts "Remigration".
     Berlin: Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen.
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    Nach Geheimtreffen: Weidel entließ Referenten

    Ein Papier, das die AfD Ende Januar als Reaktion auf den Correctiv-Bericht vorlegte, trägt die Überschrift: "Wie die AfD Remigration definiert". Eine Distanzierung vom Remigrations-Begriff ist für die AfD also ein Ding der Unmöglichkeit.
    Dagegen erscheint es fast schon ein Leichtes für Weidel, den Rausschmiss ihres persönlichen Referenten zu erklären, der bei dem Potsdamer Treffen dabei war. Dass sie sich von Roland Hartwig getrennt habe, stehe damit im Zusammenhang, sagte sie am Tag darauf auf einer Pressekonferenz. Wie das mit dem Erklärungsversuche-Muster ihrer Partei zusammenpasst, das Treffen herunterzuspielen - darauf allerdings bleibt sie bis heute die Antwort schuldig.

    Weidel in Brief: Übersetzung von Begriffen schwierig

    In ihrem Brief an Le Pen macht Weidel nun Übersetzungsprobleme geltend: "Die unterschiedlichen Bedeutungen der Begriffe oder vielmehr die Übersetzungen in die jeweiligen Sprachen machen auch die Erklärungen für ausländische Journalisten schwierig", schreibt sie.
    Offenbar war es aber auch für sie schwierig, diese unterschiedlichen Bedeutungen im persönlichen Gespräch am Dienstag deutlich zu machen. Ob der nun nach Paris verschickte schriftliche Klärungsversuch als schlüssiger und zufriedenstellender beurteilt wird - fraglich. Klar ist: Die AfD steht weiter unter Druck.

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