Konferenz zur Zeitenwende: Einiges angestoßen, mehr zu tun
Konferenz zu Rüstung in Berlin:Zeitenwende: Einiges angestoßen, mehr zu tun
von Ines Trams
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Knapp zwei Wochen vor der Münchner Sicherheitskonferenz treffen sich in einem Berliner Hotel Vertreter von Politik, Bundeswehr und Industrie. Thema: Stand der Zeitenwende.
Die Bundeswehr soll "kriegstüchtig" werden. Eine Konferenz in Berlin bespricht die "Zeitenwende".
Quelle: dpa
Zwei Jahre Zeitenwende, viel sei geschafft, so stellen es die Tagungsteilnehmer von Bundesregierung und Beschaffungsamt dar. "Wir haben stark gearbeitet, um die Beschaffung zu beschleunigen", ruft der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium (BMVg), Thomas Hitschler in den Saal.
Beschaffungsprozess vereinfacht
60 Prozent des Sondervermögens für die Bundeswehr seien bereits unter Vertrag. Er verweist auf 55 25-Millionen-Euro-Vorlagen - also die Großprojekte, bei denen das Parlament vorab zustimmen muss - die im vergangenen Jahr im Haushaltsausschuss des Bundestages eingebracht worden seien. An die 100 sollen es in 2024 werden.
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Die neue Präsidentin des Beschaffungsamtes, Annette Lehnigk-Emden stimmt da mit ein: Einfacher und stringenter sei der Beschaffungsprozess geworden. Auf Anweisung aus dem BMVg habe man von über 160 bestehenden internen Regelungen und Vorschriften die Hälfte gestrichen und könne nun freier agieren.
Und: Wollte man früher 3.000 LKW kaufen, musste man drei Vergabeverfahren durchlaufen, heute könne das Amt direkt 3.000 Stück kaufen. Das Ziel, das Minister Boris Pistorius ausgegeben habe - Tempo, Zeit als der wichtigste Faktor bei der Beschaffung - sei angekommen in ihrer Behörde und den rund 6.000 Mitarbeitern. Das allerdings ändere nichts - diese Anmerkung kann sich die Präsidentin nicht verkneifen - an den langen Lieferzeiten der Industrie.
Industrie vermisst Planbarkeit
Die Vertreter der Rüstungsindustrie dagegen mahnen, sie bräuchten Planbarkeit und Verlässlichkeit für Investitionen, feste Zusagen. Und die lasse die Politik oftmals vermissen. Im Dreieck zwischen Politik, Bundeswehr und Industrie habe man sich angenähert, die Rüstungsindustrie sei nicht mehr das Schmuddelkind, mit dem man auf keinem Foto, auf keinem Event gesehen werden wollte.
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Aber genug Grundverständnis für die Bedürfnisse der Industrie sei noch nicht entstanden, so Thomas Gottschild vom Rüstungsunternehmen MBDA. Da sei noch mehr nötig, um Deutschland kriegstüchtig zu machen. Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall klagt, stets in Vorleistung zu gehen, könne sich kein Unternehmen leisten. Er hätte beispielsweise einmal militärische LKW vorfinanziert, die dann aber von der Bundeswehr nicht abgenommen worden wären.
Tempo ist nichts ohne Geld
Klar wird auch: Ein neues Tempo bei der Beschaffung bringt wenig, wenn das Geld fehlt, wenn der Verteidigungsetat nicht steigt. Nach Auslaufen des Sondervermögens für die Bundeswehr wird sich ab dem Jahr 2028 eine riesige Lücke auftun - bis zu 30 Milliarden Euro werden dann nötig sein, um die Bundeswehr gut auszustatten und das zugesagte 2-Prozent-Ziel zu erreichen.
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Diese Mittel werden woanders weggenommen werden müssen, unklar, ob Politik und Gesellschaft eine solche Prioritätenverschiebung im Haushalt mitmachen werden. Staatssekretär Hitschler verweist auf "Unterstützung für die Zeitenwende im politischen Raum", aber er bleibt in seiner Antwort schwammig. Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz ahnt: "Dann wird es zum Schwur kommen", soll heißen: Es wird sich zeigen, wie ernst wir es mit der Zeitenwende meinen.
Kriegsfähigkeit würde einen permanenten Fluss von Mitteln bedeuten, beispielsweise für Munition, nicht kurzfristige Geldspritzen. Dieser Mindset-Change sei noch nicht da, so Mölling.
Verteidigungsminister Boris Pistorius, Kanzler Olaf Scholz und die 100 Milliarden Euro Sondervermögen: Ist die Bundesregierung zu langsam in Sachen Zeitenwende?29.10.2023 | 4:14 min
Ebenfalls von einer fehlenden mentalen Zeitenwende berichtet Susanne Wiegand vom Augsburger Getriebehersteller Renk. Bis Anfang dieses Jahres wollte die Managerin den Konzern an die Börse bringen. Doch nun liegen diese Pläne auf Eis. 600 Gespräche mit Bankhäusern und privaten Vermögensverwaltern erbrachten nicht das benötigte Kapital.
Gerhartz: Alle müssen sich zusammenraufen
Sie erfuhr die volle Ablehnung, nach wie vor wolle kaum jemand in "irgendwas mit Rüstung" investieren. Das mache es insbesondere Mittelständlern schwer, an Kapital zu kommen. Die Finanzwirtschaft habe noch nicht verstanden, was Zeitenwende bedeute, so Wiegand.
Klar wird auf dieser Konferenz: Eine Zeitenwende ist auf den Weg gebracht. Doch es bleibt viel zu tun. Schluss müsse sein mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen, fordert Inspekteur Gerhartz. Stattdessen müssten sich alle zusammenraufen - Politik, Bundeswehr und Industrie. Nur dann würde eine Zeitenwende tatsächlich funktionieren.