49-Euro-Ticket: In Stendal sollen Busse wieder extra kosten

    Deutschlandticket in Not?:In Stendal sollen Busse wieder extra kosten

    von Annette Pöschel, Sachsen-Anhalt
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    Anfang Dezember hat der Kreistag des Landkreises Stendal entschieden, dass das 49-Euro-Ticket ab Januar nicht mehr gilt. Nun überdenkt er seine Entscheidung noch einmal.

    Ein Bus steht an der Haltestelle in Stendal
    Im Landkreis Stendal soll ab Januar das 49-Euro Ticket in den Bussen nicht mehr gelten.
    Quelle: dpa/Cevin Dettlaff

    Martina Gbur steht am Hauptbahnhof von Stendal und wartet auf ihren Bus. Mehrmals in der Woche fährt sie aufs Land, um auf ihre Enkel aufzupassen. Die Linien sind stark ausgedünnt, da muss sie gut planen. Und künftig auch noch extra zahlen - obwohl sie ein Deutschland-Ticket hat:
    "Leidtragende sind wieder die Rentner, die Geringverdiener", sagt sie enttäuscht. Ein anderer Fahrgast findet drastischere Worte:

    Ich muss sagen, das ist eine bodenlose Frechheit. Viele sind drauf angewiesen, fahren täglich, Pendler zum Beispiel.

    René Gabriel, Fahrgast

    Worum geht's?

    Wie in anderen Regionen Deutschlands ist der Öffentliche Nahverkehr auch im Landkreis Stendal ein Zuschussgeschäft - und die Kosten steigen, durch höhere Tarifabschlüsse etwa.
    Für das Deutschlandticket rechnet der Kreistag mit Mehrausgaben von 42.000 Euro allein in den ersten vier Monaten des kommenden Jahres. Darum hat er Anfang Dezember die Gültigkeit des Tickets gestoppt: zum 1.1. in den Bussen.
    Deutschlandticket-Nutzung
    Wie geht es mit dem günstigen Ticket weiter? Die Verkehrsbetriebe haben Mindereinnahmen, die Bund und Länder bisher ausgleichen, doch die künftige Finanzierung des beliebten Deutschlandtickets ist unklar.11.10.2023 | 2:01 min

    Landrat ringt um Erklärung

    Landrat Patrick Puhlmann (SPD) ringt um eine Erklärung. Er selbst habe ja für die Anerkennung gestimmt, aber er könne auch die Argumente dagegen verstehen.
    Schließlich würde man immer wieder erleben, "dass gute Ideen auf Bundes- oder Landesebene beschlossen werden, ohne dass dann die notwendige Finanzierung für diese Ideen mitkommt".
    Denn im Augenblick sei es so, dass "das was wir jetzt hier reinschießen, ... das fehlt an anderer Stelle. Auch im Bereich Mobilität."

    Das Aus im Stendaler Nahverkehr sorgt bundesweit für Diskussionen

    Die Infrastrukturministerin von Sachsen-Anhalt, Lydia Hüskens (FDP), hat sich nach der Entscheidung des Kreistags überrascht gezeigt: "Wir hatten eigentlich einen guten Gesprächsfaden mit den Kommunen. Bund und Länder haben sehr deutlich gesagt, dass wir für Defizite aus dem Deutschland-Ticket heraus auskommen werden, und zu dieser Aussage stehen wir auch nach wie vor."
    Auch bundesweit hat das Aus für Diskussionen gesorgt. Während die Stendaler Rückendeckung vom Deutschen Landkreistag erhalten, sieht der Fahrgastverband Pro Bahn darin ein gefährliches Signal.

    Wenn das Schule macht und andere Landkreise diesem Beispiel folgen, dann ist das Deutschlandticket tot, weil es die Einfachheit, die für das Deutschlandticket sprach, dann nicht mehr gibt.

    Detlef Neuß, Bundesvorsitzender Pro Bahn

    Stendal trifft sich zur Sonderkreistagssitzung

    Und die Stendaler? Die treffen sich am heutigen Mittwoch zu einer Sonderkreistagssitzung. Einziger Tagesordnungspunkt: die Causa Deutschlandticket.
    Anlass dafür ist ein Landtagsbeschluss in der vergangenen Woche: Die Kommunen erhalten 10 Millionen Euro - davon dürften mindestens 450.000 Euro auf Stendal entfallen.
    Allerdings ist es Geld, das nichts mit dem Deutschlandticket zu tun hat. Sondern ein Zuschuss, "um die Liquidität der Verkehrsunternehmen zu sichern", wie es verallgemeinert in der Pressemitteilung des zuständigen Ministeriums heißt.
    Deutschlandticket ist seit einem halben Jahr verfügbar, es wurde zum 1. Mai 2023 eingeführt.
    Das Deutschlandticket gibt es seit dem 1. Mai und ist laut dem Verband der Verkehrsunternehmen "ein Erfolg". Die Zahl der Inhaber hat sich bei zehn Millionen eingependelt.29.10.2023 | 0:26 min

    CDU-Politikerin: So funktioniert das System nicht

    So fragt sich die Kreistagsvorsitzende Annegret Schwarz (CDU), ob sie das Geld überhaupt für die Defizite aus dem Deutschland-Ticket verwenden darf. Es ist also nicht ausgemacht, dass der Kreistag heute seine Entscheidung zurücknimmt.
    "Es muss auch irgendwo mal ein Zeichen gesetzt werden", so die CDU-Politikerin. "Es geht darum, dass der Bund eine freiwillige Aufgabe festgeschrieben hat, die jetzt die Kommunen finanzieren sollen. Und so funktioniert das System aber nicht."
    Wie kommt das 49-Euro-Ticket an?
    Beim 49-Euro-Tickets gehen die Meinungen auseinander: Für einige ein vorteilhaftes Ersparnis, für andere zu teuer. Wir hören uns um: bei Kunden, der Bahn und beim Fahrgastverband.01.06.2023 | 2:32 min

    Wird aus dem 49-Euro-Ticket bald ein 89-Euro-Ticket?

    Selbst wenn der Kreistag sich umentscheidet, so scheint das nur ein Aufschub. Landrat Puhlmann warnt: Gibt es zum 1. Mai 2024 kein "vollausfinanziertes Konzept", geht er davon aus, dass der Landkreis keiner Verlängerung mehr zustimmt.
    Spätestens dann also droht ein Flickenteppich, der das Deutschland-Ticket weniger attraktiv macht. Und wenn aus dem 49-Euro-Ticket, etwa ein 69- oder gar 89-Euro-Ticket wird, wird mancher Kunde davon wieder abspringen.
    Wie etwa Martina Gbur. Eine kleine Preissteigerung würde sie noch mitmachen, aber viel mehr kann sich die Rentnerin nicht mehr leisten.
    Mitarbeit: Hassan Rascho

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