Bundespolizei: Reform geplant - Quittung bei Kontrolle?

    Gesetzreform geplant:Bundespolizei: Quittung bei Kontrolle?

    von Lara Leidig
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    Das Bundespolizeigesetz ist seit 30 Jahren nahezu unverändert in Kraft. Jetzt sind umfassende Neuerungen geplant - mit konkreten Folgen für Bürgerinnen und Bürger.

    Beamte der Bundespolizei warten an der Einreisekontrolle auf ankommenden Passagieren eines Fluges aus Dublin.
    Ein neues Polizeigesetz soll für mehr Befugnisse und mehr Transparenz sorgen. Doch es gibt Kritik.
    Quelle: dpa/ Christian Charisius

    Wer am Bahnhof oder am Flughafen von der Polizei kontrolliert wird, könnte künftig eine Quittung von den Polizisten ausgestellt bekommen. Der Gesetzgeber hat eine entsprechende Regelung in seinem Entwurf für das neue Bundespolizeigesetz aufgenommen. Er erhofft sich, so die Transparenz der Polizeiarbeit zu stärken.
    Ein grundlegendes Anliegen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im April 2016 das Bundeskriminalamtsgesetz wegen mangelnder Transparenz und datenschutzrechtlicher Kontrolle für verfassungswidrig erklärt hatte. Weiteres Ziel der Reform ist es, die Befugnisse der Bundespolizei zu erweitern und an den technischen Fortschritt anzupassen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) warb Mitte März im Bundestag für den in ihrem Ministerium erarbeiteten Entwurf:

    Er enthält eine gute Balance zwischen neuen erforderlichen Befugnissen auf der einen Seite und Transparenz für die Bevölkerung auf der anderen Seite.

    Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

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    Mehr Befugnisse für Bundespolizei und mehr Transparenz

    Erweitert werden soll die Befugnis der Bundespolizei, unter bestimmten Voraussetzungen die Telekommunikation zu überwachen und Verkehrs- und Nutzungsdaten zu erheben, also etwa zu erfassen, welche Telefonnummern wie lange miteinander in Verbindung standen haben.
    Mit richterlicher Zustimmung sollen künftig Handys lokalisiert und Kameradrohnen eingesetzt werden dürfen, um beispielsweise bei großen Demonstrationen ein Lagebild zu erstellen. Vorgesehen ist außerdem, dass die Bundespolizei Aufenthaltsverbote aussprechen können soll, die in räumlicher und zeitlicher Hinsicht weiter gehen als der bisher mögliche Platzverweis. Dadurch sollen beispielsweise Ausschreitungen bei Fußballspielen verhindert werden, so Bundesinnenministerin Faeser.
    Überprüfbar soll die Polizeiarbeit dadurch werden, dass die Beamten sich auf Verlangen der Betroffenen mit einer Ziffernfolge ausweisen müssen, die es ermöglicht, sie namentlich zuzuordnen. Werden Bürger von der Bundespolizei befragt, sollen sie künftig außerdem eine Kontrollquittung über die Maßnahme verlangen können, in der Ort, Zeit und Grund der Überprüfung angegeben werden.
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    Geplante Neuregelung stößt auf Kritik

    Die geplanten Befugnisse bedeuten für die Bürger weitergehende Eingriffe in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Vor allem die Überwachung der Telekommunikation und der Einsatz von Drohnen für Lagebilder kann auch Unbeteiligte treffen. Ein Aspekt, den Bürgerrechtler kritisieren:

    Die Änderung kann dazu führen, dass auch Personen, von denen keinerlei Gefahren ausgehen, observiert oder abgehört werden.

    David Werdermann, Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.

    Für die Gesellschaft für Freiheitsrechte mildern die Kontrollquittungen und die Pflicht der Beamten, sich auszuweisen, diese schweren Eingriffsmöglichkeiten nicht ab. Die Quittungen sollen eigentlich dafür sorgen, dass Betroffene gegen einzelne Maßnahmen besser vorgehen können. Sie seien zwar grundsätzlich zu begrüßen, sagt David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Sie gingen aber nicht weit genug.

    Insbesondere werden nicht alle polizeilichen Kontrollen davon erfasst. Um rassistische Kontrollen zu verhindern, müssten die verdachtsunabhängigen Kontrollen ganz abgeschafft werden.

    David Werdermann, Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.

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    Polizeigewerkschaft sieht Misstrauensbeleg

    Andere hingegen fordern noch umfassendere Befugnisse für die Bundespolizei. So verlangt die Bundestagsabgeordnete Andrea Lindholz von der CDU zusätzlich den Einsatz biometrischer Gesichtserkennung an Kriminalitätsschwerpunkten.
    Heiko Teggatz von der Deutschen Polizeigewerkschaft kritisiert zudem, dass die Bundespolizei viel Geld in die erforderliche Technik investieren müsse. Geld, das der Bundespolizei fehle. Eine praktische Umsetzung der neuen Befugnisse sei daher derzeit nicht möglich. Vor allem die Quittungsregelung sei zudem eher hinderlich als hilfreich und ein Misstrauensbeleg gegenüber den Einsatzkräften.
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    Der Weg bis zum fertigen Gesetz

    Mit der Beratung des Bundestages über den Gesetzentwurf am 14. März ist der erste Schritt getan. Sollte der Bundestag das Gesetz so beschließen, muss noch der Bundesrat zustimmen. Auf dem Weg vom Entwurf zum Gesetz könnte es noch Änderungen geben.

    Die Reform des Bundespolizeigesetzes ist ein sogenanntes Zustimmungsgesetz. Im Unterschied zum Einspruchsgesetz kommt es nur zustande, wenn der Bundesrat ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Gesetz erklärt.

    Wann ein Zustimmungsgesetz vorliegt, bestimmt das Grundgesetz selbst. Gibt es keine explizite Bestimmung, liegt nur ein Einspruchsgesetz vor. Dann kann der Bundesrat lediglich Einspruch erheben, der aber durch einen Beschluss der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden kann.

    Lara Leidig ist Rechtsreferendarin in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.

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