EU-Streit ums Verbrenner-Aus: Worum es dabei geht

    FAQ

    Deutschland sorgt für dicke Luft:EU-Streit ums Verbrenner-Aus: Worum es geht

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    Deutschland streitet mit der EU um das Verbrenner-Aus. Welches Ziel verfolgt die EU, was will Verkehrsminister Wissing? Und wie könnte die Lösung aussehen? Ein Überblick:

    In der Europäischen Union galt das Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 als gesetzt. Doch Deutschland bremste buchstäblich auf dem letzten Meter. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wurde deshalb scharfe Kritik an der Bundesregierung laut. ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen rund um den Auto-Streit.

    Was bedeutet das Verbrenner-Aus?

    Ab 2035 sollen in der EU neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge kein Kohlendioxid (CO2) mehr ausstoßen. Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotor könnten dann nicht mehr neu zugelassen werden. Darauf hatten sich das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten bereits im Oktober geeinigt. Autos, die vor 2035 zugelassen wurden, müssen aber nicht auf den Schrottplatz, sondern können weiterfahren.

    Welches Ziel verfolgt die EU damit?

    Mit dem Verbrenner-Verbot setzt die EU auf Elektromobilität. Das Gesetz gilt als ein wichtiger Baustein, um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen: Bis 2030 will die EU ihren Treibhausgasausstoß um mindestens 55 Prozent senken, bis 2050 soll Europa als weltweit erster Kontinent klimaneutral sein.

    Wie reagierte Deutschland?

    Für Deutschland hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) das EU-Verbot federführend mit ausgehandelt. Anfang März war der endgültige Beschluss der EU-Staaten geplant, er galt nur noch als Formsache.
    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) legte mit Unterstützung von FDP-Chef Christian Lindner aber ein Veto ein. Deutschland konnte damit auf EU-Ebene nicht mehr zustimmen. Zusammen mit drei weiteren Ländern - Italien, Polen und Bulgarien - hat Deutschland eine sogenannte Sperrminderheit.

    Was will Wissing?

    Wissing und Lindner wollen erreichen, dass Autos mit Verbrenner-Antrieb auch 2035 zugelassen werden können, wenn sie synthetische Kraftstoffe tanken, sogenannte E-Fuels. Diese werden mit Hilfe von Ökostrom hergestellt und gelten als klimaneutral.
    Auf Druck Wissings hatte Umweltministerin Lemke in Brüssel einen Prüfauftrag zu E-Fuels mit ausgehandelt, einen sogenannten Erwägungsgrund: Die Behörde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll danach untersuchen, ob Fahrzeuge mit E-Fuel-fähigem Verbrennungsmotor künftig doch noch zugelassen werden können.

    Wie eskalierte der Streit?

    Der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans legte bis Anfang März keinen Vorschlag zu E-Fuels vor. Er berief sich auf das Initiativrecht seiner Behörde bei der Gesetzgebung. In Brüssel heißt es, E-Fuels seien bislang deutlich teurer als Diesel und Benzin und wenig energieeffizient. Unter den EU-Ländern stehe Deutschland mit seiner Forderung zudem weitgehend alleine da.
    Auto-Zulieferer und das Verbrenner-Aus
    Während Autohersteller den Weg der E-Mobilität schon längst beschritten haben, sind es vor allem die Zulieferer, die sich noch auf das Ende des Verbrennermotors einstellen müssen.07.03.2023 | 2:28 min
    Wissing und Lindner warfen der Kommission vor, sich nicht ernsthaft um eine Ausnahme für E-Fuels zu bemühen, und legten ihr Veto ein. Die Grünen in der Ampel-Koalition reagierten entsetzt. Wissing und die EU-Kommission verhandeln nun seit rund drei Wochen hinter den Kulissen über eine Lösung.
    Beim EU-Gipfel in Brüssel wurde scharfe Kritik an der Bundesregierung laut. "Es ist verstörend, wenn eine Regierung nach anfänglicher Zustimmung plötzlich den Rückwärtsgang einlegt", sagte etwa der lettische Regierungschef Krisjanis Karins und warnte vor Nachahmern. Der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Rede stellen, auch Frankreich und Luxemburg machten Druck.

    Wie steht Bundeskanzler Olaf Scholz zu dem Streit?

    Scholz hält sich zurück, denn der Konflikt ist nur einer von vielen in der Ampel-Koalition. Beim EU-Gipfel in Brüssel sagte Scholz, die Gespräche mit Brüssel seien "auf gutem Weg". Zugleich rief er die Kommission im Streit um die E-Fuels auf, ihre "ja längst gegebene Zusage umzusetzen".

    Wie könnte eine Lösung aussehen?

    Die EU-Kommission schlägt nach Medienberichten vor, unter strengen Auflagen Ausnahmen von dem Verbrenner-Verbot zu ermöglichen. Spezielle Sensoren sollen erkennen, ob ein ab 2035 neu zugelassenes Auto wirklich E-Fuels tankt und nicht doch Benzin oder Diesel. Das Verkehrsministerium hat bisher nicht zugestimmt und verweist auf die komplexe Materie.
    Quelle: AFP
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