Fachkräftemangel: Gebären statt Zuwanderung? Wo die AfD irrt
Fachkräftemangel:Geburten statt Zuwanderung? Wo die AfD irrt
von Katja Belousova und Tine Kugler
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Deutschland solle mehr auf Geburten statt Zuwanderung setzen, um dem Fachkräftemangel beizukommen. Das fordert die AfD immer wieder. An der Machbarkeit gibt es berechtigte Zweifel.
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Woher sollen Deutschlands Fachkräfte kommen, wenn die Bevölkerung immer älter wird? Diese Frage ist zentral für den Fortbestand des Wirtschaftsstandorts Deutschland - darüber sind sich Politik und Wirtschaft einig.
Uneinigkeit herrscht bisweilen bei der Antwort. Schon die Große Koalition setzte auf Zuwanderung und legte dafür Gesetze zur Fachkräfteeinwanderung vor - die Ampel-Regierung hält an diesem Kurs fest.
Die AfD jedoch, aktuell zweitstärkste Partei in bundesweiten Umfragen, hat dazu ganz eigene Ansichten.
Mehr Geburten statt Zuwanderung in Arbeitsmarkt?
"Wir setzen nicht auf Zuwanderung, sondern wir setzen auf ein organisches Wachstum aus der eigenen Gesellschaft heraus", fasst Stefan Möller, AfD-Landeschef in Thüringen, die Position im Interview mit ZDF frontal zusammen. Frauen in Deutschland sollen laut AfD also mehr Kinder gebären, dann wäre keine Zuwanderung in den Arbeitsmarkt nötig.
"Wir erleben es seit mehr als 50 Jahren, dass wir weniger Kinder bekommen als wir bräuchten, um unsere Bevölkerung konstant zu halten. Das jetzt einfach umzudrehen, das stelle ich mir sehr schwer vor", entgegnet die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer.
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Ein Blick in die Statistik
Ein Blick auf die Statistik unterstreicht ihre Skepsis: "Damit die Bevölkerung eines Landes - ohne Zuwanderung - nicht schrumpft, müssten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden", heißt es auf der Webseite des Statistischen Bundesamts.
Und auf Anfrage von ZDF frontal ergänzt die Behörde, dass selbst durch einen "raschen Anstieg" der Geburtenrate auf 2,1 Kinder je Frau "die Zahl der Menschen im Erwerbsalter ohne die Nettozuwanderung kontinuierlich sinken" würde.
2022 lag die Geburtenziffer pro Frau in Deutschland bei 1,46. Die AfD fordert "eine aktivierende Familienpolitik", um diese Zahl zu erhöhen. Stefan Möller will dabei konkret "das Kinderkriegen und auch die Erziehung, die Fürsorge für Kinder finanziell entlasten".
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"Phänomen in allen entwickelten Ländern"
Als Positivbeispiel nennt Möller dabei Ungarn, das die "Gebären statt Zuwandern"-Doktrin unter Viktor Orban bereits länger verfolgt. Doch auch hier verraten die Zahlen: Die Geburtenrate lässt sich in entwickelten Ländern durch solche Maßnahmen nur bedingt steigern. In Ungarn ist die Geburtenrate im vergangenen Jahrzehnt zwar gestiegen - liegt aktuell aber bei "nur" rund 1,5 Geburten pro Frau und stagniert auf diesem Wert.
"Das ist kein Phänomen, was wir nur in Deutschland erleben. Das erleben wir in allen entwickelten Ländern, dass mit der Zeit der Wunsch nach Kindern einfach zurückgeht", erklärt Monika Schnitzer mit Blick auf die Geburtenrate.
Ausbau der Kinderbetreuungsplätze
Auch einen anderen Aspekt gilt es zu bedenken: Deutlich mehr Geburten pro Frau dürften dazu führen, dass Mütter dem Arbeitsmarkt weniger zur Verfügung stehen. Schon jetzt arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit als Männer.
Um dem entgegenzuwirken, bräuchte es einen massiven Ausbau der Kinderbetreuungsplätze. Doch wie soll das in einer Branche funktionieren, in der schon jetzt Fachkräftemangel herrscht und überwiegend Frauen arbeiten? Vor allem ohne Zuwanderung und mit mehr Geburten pro Frau? Und woher sollen die zusätzlich benötigten Hebammen, Pfleger und Ärztinnen kommen? Die Antworten darauf bleibt die AfD schuldig.
Mehr Geburten wirken sich erst nach Jahren aus
Gleichzeitig gibt Monika Schnitzer zu bedenken: "Selbst wenn wir es jetzt schaffen, dass die jungen Menschen wieder motiviert sind, mehr Kinder zu bekommen, dann wird sich das erst in 15, 20 Jahren auswirken." In dieser Zwischenzeit werden aber besonders viele Babyboomer in Rente gehen.
Stefan Möller erklärt ZDF frontal, dass diese Zeit vor allem durch Fortschritte in der Digitalisierung oder durch die Nachqualifizierung etwa von Menschen ohne Schulabschluss überbrückt werden könnte.
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Beides hält auch Wirtschaftswissenschaftlerin Schnitzer für sinnvoll - aber unzureichend. "Das sind alles Möglichkeiten, die uns helfen werden. Aber der Bedarf an bestimmten Berufen und Tätigkeiten ist so groß, dass es hier gar nicht ausreichen wird. Denken wir an den Pflegebereich, denken wir an die Krankenhäuser." Daher lautet ihr Fazit:
Statistik: Erwerbspersonenpotenzial wird schrumpfen
Die Statistik gibt ihr Recht. "Wenn die stark besetzten Jahrgänge in den kommenden rund 15 Jahren aus dem Erwerbsalter ausscheiden, wird das Erwerbspersonenpotenzial bis Mitte der 2030er-Jahre schrumpfen", schreibt das Statistische Bundesamt auf Anfrage von ZDF frontal.
Die Behörde bilanziert: "Ohne Nettozuwanderung würde es sich alleine bis 2040 um rund neun Millionen Menschen verringern.
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