Das traditionelle Dreikönigstreffen der Liberalen soll ein harmonischer Jahresstart werden. Doch die Stimmung ist gereizt. Parteichef Lindner wird Perspektiven liefern müssen.
Das heutige Dreikönigs-Treffen der FDP ist geprägt von einer Debatte um Kampfpanzer, um hohe Energie-Preise und das Thema "längere Laufzeiten für Kernkraftwerke".
Der Jahresanfang ist immer eine Zeit für den Blick zurück - und nach vorne. Das Vergangene reflektieren, Ziele für das Kommende setzen. Für die Liberalen ist das eine Gratwanderung - denn sie wollen im Stuttgarter Opernhaus beim traditionellen Dreikönigstreffen einen harmonischen Jahresstart hinbekommen.
Das Ziel: FDP-Chef Christian Lindner soll Mut machen für alles, was da kommen wird. Eine Generalabrechnung oder Streitgespräche sind nicht gewollt.
Hohe Stimmenverluste drohen laut Umfragen
Doch wenn Liberale in die Zukunft blicken, wird es ihnen mulmig werden. Bei den anstehenden Wahlen in Berlin, Bremen, Hessen und Bayern drohen nach jetzigen Umfragen hohe Stimmverluste. In Bayern könnte die Partei in der außerparlamentarischen Opposition enden.
Der Blick zurück ist nicht besser: Vielen stecken die verpatzten Landtagswahlen 2021 in den Knochen: die FDP flog im Saarland und in Niedersachsen aus dem Landtag, in Schleswig-Holstein und in NRW aus der Regierung.
"FDP leidet in der Ampel"
Als Grund geben sie intern der Ampel-Koalition in Berlin die Schuld. Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke bringt es so auf den Punkt: "FDP leidet in der Ampel." Tatsächlich sehen sie sich selbst in Berlin als erfolgreich an. Die FDP drücke der Ampel-Koalition immer wieder den eigenen Stempel auf.
Richtig ist sicherlich, dass die Partei die Entlastungspakete maßgeblich mit geschnürt hat. Und richtig ist auch, dass die Verhinderung einer Corona-Impfpflicht maßgeblich von der FDP kam. Doch diese Erfolge honoriert der Wähler nicht. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Beim Dreikönigstreffen muss und will Lindner nun das Ruder rumreißen: Er muss seiner Partei neue Hoffnung geben. Hinter den Kulissen hört man, Lindner arbeitet an einem wirtschaftspolitischen Programm. Er selbst nennt es politisches Wachstumspaket. Details sind noch nicht bekannt, aber klar ist, die FDP will sich stärker auf ihre Wirtschaftskompetenz stützen.
FDP klammert sich an Kern-Klientel
Selten war Deutschland in solch dramatischem globalem Fahrwasser - die Energiepreise drohen die Industrie massiv zu gefährden. Da ist es der kleinste der drei Koalitionspartner, an den die Wirtschaft sich klammert.
Und die FDP klammert sich an ihre Kern-Klientel: Nun sollen wohl weitere Entlastungen für die Industrie den Liberalen Pluspunkte bringen. So der Plan.
Papier fordert "FDP-Pur"
Ausgerechnet in diese Planung platzt nun ein Papier, das "FDP-Pur" fordert. Geschrieben haben es der bayrische Spitzenkandidat Martin Hagen und der hessische Spitzenmann Stefan Naas. Das Papier liegt dem ZDF vor - und darin enthalten ist allerlei Sprengstoff für die Ampel.
Kernforderungen: Fracking, Weiterbetrieb der Kernenergie und synthetische Kraftstoffe. Alles mit den Grünen undenkbar. Der deutliche Druck der Wahlkämpfer wird intern auf allerlei Verständnis treffen - in der Ampel dagegen weniger.
Oberstes Ziel sei es, "Deutschland aus der Krise herauszuführen" und vor allem zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme bedürfe es der FDP, um "fit für die Zukunft" zu sein, so FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
FDP für Fracking, Grüne dagegen
Hinzu kommt ein explosiver Leitantrag für den Landesparteitag der FDP Baden-Württemberg. Geführt wird der Landesverband von Michael Theurer, der wiederum Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium in Berlin ist.
Laut Leitantrag will sich die Partei für den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke bis 2030 einsetzen. Sie fordern "Technologieoffenheit". Vorschläge auch dort Fracking und der Einsatz synthetischer Kraftstoffe im Autoverkehr. All das eine Provokation für den grünen Koalitionspartner.
- Umweltministerium gegen Lindners Vorstoß
Welche Technologien könnten Deutschland in der Energiekrise helfen? Finanzminister Lindner sagt: Erdgasförderung durch Fracking ist eine Option. Das Umweltministerium widerspricht.
Der Parteichef selbst gießt aber auch oft Öl ins Feuer: Lindner fordert immer wieder, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Gerade heute macht er einen Vorschlag publik: Brennstäbe kaufen und sie nur im Notfall einzusetzen. Abgelehnt von den Grünen.
FDP grenzt sich ab gegen Ampel-Partner
Auch Steuersenkungen stellt der Finanzminister Lindner immer wieder ins Schaufenster - die beiden Koalitionspartner wären für Steuererhöhungen. Die FDP grenzt sich ab - gegenüber SPD und vor allem den Grünen.
Britta Buchholz ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.