Experten fordern Nato-Schutz für Getreidefrachter

    Nach Ende des Getreideabkommens:Experten fordern Nato-Schutz für Frachter

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Sorge vor Eskalation im Schwarzen Meer: Die USA warnen, Moskau plane Angriffe auf Getreideschiffe. Der Ruf nach Nato-Beistand für die Frachter wird lauter. Wie realistisch ist das?

    Der türkische Massengutfrachter «Tq Samsun», der im Rahmen der Getreide-Initiative mit ukrainischen Agrarprodukten beladen wurde, verlässt den Hafen von Odesa in der Südukraine.
    Agrarexport aus der Ukraine - sollen nun Kriegsschiffe der Nato die Frachter vor russischen Angriffen schützen?
    Quelle: dpa

    Im Schwarzen Meer deutet sich eine Eskalation des Kriegs in der Ukraine an: Nach dem Ende des Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides will Russland Schiffe, die Häfen in der Ukraine ansteuern, als mögliche Gegner behandeln. Sie würden als "potenzielle Träger militärischer Fracht" gewertet, hieß es vom Verteidigungsministerium in Moskau.
    Es gebe nun eine Warnung an die Schifffahrt: Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich eingestuft worden. Die USA warnten daraufhin vor Angriffen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer: Russland habe in den Zufahrten zu ukrainischen Häfen weitere Seeminen verlegt, zitierte der Sender CNN den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Adam Hodge.

    Wir glauben, dass dies ein koordiniertes Vorgehen ist, um etwaige Angriffe auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen und der Ukraine die Schuld für diese Angriffe zuzuschieben.

    Adam Hodge, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates

    UN-Gneralsekretär Guterres spricht in New York.
    Russland hat das Getreideabkommen mit der Ukraine auslaufen lassen. International gab es daran viel Kritik. Der Stopp hat weltweit negative Auswirkungen auf die Ernährungslage.17.07.2023 | 2:30 min

    Experten fordern Nato-Eskorte für Frachter

    Von verschiedenen Seiten wird nun der Ruf lauter, Frachter unter den militärischen Schutz der Nato zu stellen, beispielsweise durch Begleitschiffe der Türkei oder der USA. So fordert beispielsweise der schwedische Autor und Russlandexperte Anders Aslund bei Twitter: 
    "Die USA und die Türkei sollten Nato-Konvois anführen, um Schiffe von und zu den Häfen der Ukraine zu eskortieren und Russlands aggressive Diplomatie ignorieren." Russland werde es nicht wagen, Nato-Schiffe anzugreifen.
    Anders Aslund bei Twitter
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    SGS Hayali Röller Hassanzadeh
    Die Transportlücke im Schwarzen Meer sei durch Solidaritätskorridore kaum aufzufangen, so Ulf Röller. Die nächtlichen Angriffe in Odessa nehmen zudem nicht ab, so Dara Hassanzadeh.20.07.2023 | 2:57 min

    Masala: Alternative ist Hunger und neue Flüchtlingswellen

    Eine Nato-Eskorte von Getreideschiffen schlug auch Militärexperte Carlo Masala von der Münchner Universität der Bundeswehr vor. Bei Twitter schrieb er, Russland habe "bei Druck und Drohung bislang immer eingelenkt". Schütze man die Schiffe nicht, seien die Alternativen Hunger und neue Flüchtlingswellen.
    Ähnlich äußerte sich auch der Russland-Experte Jan Claas Behrends von der Universität Potsdam, ebenfalls auf Twitter: Es ist Zeit für Nato und ihre Marinen, einschließlich der Deutschen Marine, das Schwarze Meer zu sichern und für den freien Handel sicher zu machen." Dies sei keine Kriegshandlung - es gehe um die "Freiheit der Schifffahrt und die Ernährung der Welt", so Behrends.
    Jan Claas Behrends bei Twitter
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    Das Meer von einem Hafen aus betrachtet, in der Ferne ein Schiff
    Nach dem Stopp für ukrainische Getreidelieferungen hat Russland die wichtige Hafenstadt Odessa angegriffen. Außenministerin Baerbock wirft Putin Unmenschlichkeit vor.18.07.2023 | 1:35 min

    Eskorte der Frachter riskant für Nato-Staaten

    Doch wären die Nato oder einzelne Nato-Staaten dazu überhaupt bereit? Gerhard Mangott, Russland-Experte von der Universität Innsbruck, ist skeptisch. "Ich glaube nicht, dass ein Nato-Staat diesen Schritt gehen wird", erklärte er im Gespräch mit ZDFheute.

    Es wäre ein hohes Risiko für die Nato-Staaten, die Frachtschiffe zu eskortieren, da ein Angriff der russischen Marine nicht ausgeschlossen werden kann.

    Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler der Universität Innsbruck

    Die Konsequenz eines solchen Angriffs wäre vermutlich eine direkte Konfrontation Russlands mit der Nato.
    An anderer Front geht der Wirtschaftskrieg mit Moskau unterdessen weiter: Die Europäische Union verlängert ihre Sanktionen gegen Russland um sechs Monate. Die Strafmaßnahmen seien nun bis zum 31. Januar 2024 in Kraft, teilt der EU-Rat heute mit.
    Warum die ukrainischen Getreideexporte gerade für ärmere Länder in Afrika, Asien und Nahost so wichtig sind - auch, wenn sie kaum direkt dorthin geliefert werden - wird hier erklärt:

    Fakten zum Getreideabkommen
    :So treibt Putin Menschen in den Hunger

    Ukrainisches Getreide, das aufgrund des Krieges nicht exportiert wird, steigert die Zahl der Hungernden weltweit. ZDFheute erklärt die Hintergründe des Getreideabkommens.
    von Jan Schneider
    Kann das Getreideabkommen fortgesetzt werden?
    mit Video
    mit Material von Reuters, dpa

    Aktuelle Nachrichten zur Ukraine