Rentenreform: Wieder Demonstrationen in Frankreich

    Vor Rentenreform-Urteil:Wieder Protesttag in Frankreich

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    Der Zulauf lässt zwar nach, die Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich aber reißen nicht ab. Auch Deutschland ist von den neuen Streiks betroffen.

    Demonstranten nehmen am 12. Aktionstag an einer Kundgebung teil, nachdem die Regierung am 13. April 2023 in Marseille, Südfrankreich, eine Rentenreform ohne Abstimmung unter Verwendung von Artikel 49.3 der Verfassung durch das Parlament gedrängt hatte.
    In ganz Frankreich - wie hier in Marseille - protestieren Menschen wieder gegen die Rentenreform
    Quelle: AFP

    Zum zwölften Mal haben die französischen Gewerkschaften für Donnerstag zu Protesten und Streiks gegen die bereits verabschiedete Rentenreform aufgerufen. Das Gesetz wird derzeit vom Verfassungsrat geprüft, der am Freitag seine Entscheidung bekanntgeben will.
    "Es wird nicht der letzte Aktionstag sein", sagte CGT-Gewerkschaftschefin Sophie Binet an einer blockierten Müllverbrennungsanlage in einem Pariser Vorort. Ihre Gewerkschaft hatte erneut zum Streik der Müllabfuhr aufgerufen. Es war jedoch noch nicht absehbar, wie stark der Aufruf befolgt wird. Im März hatten sich während eines dreiwöchigen Streiks der Müllarbeiter in Paris riesige Abfallberge angehäuft.

    Streikbeteiligung sinkt

    Laut SNCF sollte etwa jeder fünfte Hochgeschwindigkeitszug ausfallen. Im Pariser Nahverkehr hingegen sollten die meisten U-Bahnen und Busse fahren. Insgesamt nimmt die Beteiligung an den Streiks und den Demonstrationen allmählich ab. Das Innenministerium rechnete für Donnerstag landesweit mit etwa 600.000 Demonstranten. Anfang März waren mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen.
    In Paris war für den Nachmittag eine Demonstration zwischen der Oper und Bastille geplant. Beim vergangenen Protesttag hatte es erneut Ausschreitungen am Rande der Demonstrationen in Paris und anderen Orten gegeben. Seit der Verabschiedung der Reform durch einen legalen Verfassungskniff hatten sich die Proteste teilweise radikalisiert. Die Sicherheitskräfte gerieten wegen ihres teilweise brutalen Vorgehens in die Kritik.
    Vermumte Protestierende in Frankreich rennen durch die Straßen. Personen stehen auf einer Ampel.
    In Frankreich hat es wegen der geplanten Rentenreform wieder Ausschreitungen in mehreren Großstädten gegeben. 175 Polizisten wurden verletzt und über 200 Menschen festgenommen. 29.03.2023 | 0:18 min
    Die landesweiten Streiks haben auch in Deutschland Auswirkungen: Der Schiffsverkehr auf dem Rhein wurde teilweise lahmgelegt. Arbeiter des Energiekonzerns EDF hätten die Stromversorgung an der Kembs-Schleuse südlich von Straßburg nahe der deutsch-schweizerischen Grenze gekappt, so dass Schiffe seit Mittwochabend die Schleuse nicht mehr passieren könnten, sagte Philippe Charpentier, Vertreter der CGT-Gewerkschaft. 

    Proteste vor Rentenreform-Urteil

    Die Entscheidung des Verfassungsrates am späten Freitagnachmittag wird mit Spannung erwartet. Erklärt er das Gesetz für verfassungskonform, muss Präsident Emmanuel Macron es innerhalb von zwei Wochen unterzeichnen, um es in Kraft zu setzen.
    Denkbar ist auch, dass der Verfassungsrat Nachbesserungen bei einzelnen Maßnahmen fordert. Dann würden die Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft erneut beginnen.
    Eine Person hält eine Gewerkschaftsfahne während einer Demonstration gegen die geplante Rentenreform
    Aus Ärger über die Rentenreform protestieren seit Tagen hunderttausende Menschen in Frankreich. Die Proteste schlagen jedoch immer wieder in Gewalt um. 28.03.2023 | 1:28 min
    Sollte der Verfassungsrat das Gesetz komplett ablehnen - etwa mit dem Argument, dass ein Haushaltsgesetz nicht die angemessene Form für eine so weitgreifende Reform ist - wäre es ein herber Rückschlag für Macron. Er hatte die Reform zu einem Hauptanliegen seiner zweiten Amtszeit erklärt.
    Der Verfassungsrat wird sich auch zu einem Antrag der linken Opposition äußern, die einen Volksentscheid über die Rentenreform fordert. Sollte der Rat zustimmen, wäre es aber nur der Beginn einer langen Prozedur, bevor es tatsächlich zu einem Referendum käme.
    Quelle: AFP, Reuters

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