COP27: Klimaschutz als Frage von Gerechtigkeit

    COP27 in Scharm el Scheich:Klimaschutz als Frage von Gerechtigkeit

    Eva Schmidt, 3sat
    von Eva Schmidt
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    Dieser Klimagipfel ist anders als alle vorherigen. Denn Gastgeber Ägypten, sowohl Afrika als auch der arabischen Welt zugehörig, vertritt die Klima-Perspektive des globalen Südens.

    Am Rande der UN-Weltklimakonferenz COP27 halten Demonstranten eine Weltkugel hoch und rufen Slogans während einer Demonstration der ägyptischen Allianz der zivilen Kräfte für den Klimawandel.
    Wie könnte Klimagerechtigkeit aussehen? (Demonstranten am Rande der COP27).
    Quelle: dpa

    Auf den bisherigen Klimagipfeln ging es um vor allem um CO2-Reduktion, das Hauptinteresse des globalen Nordens. Um Klimaziele von 1,5 bis 2 Grad, um Zehntelgrade Erderwärmung. Doch erstmals in der Geschichte rückt nun dieser Gipfel Klimagerechtigkeit in den Mittelpunkt. Denn die Entwicklungsländer fordern Klimareparationen, auch bekannt als "loss and damage".
    Kein Wunder: Wachsende Klimaschäden führen zu einer steigenden Verschuldung vieler Länder des globalen Südens. Rettungsfinanzierungen von Weltwährungsfonds und Weltbank seien sprunghaft gestiegen, warnt Kristina Rehbein, politische Koordinatorin von "Erlassjahr", einem entwicklungspolitischen Bündnis, gegenüber ZDFheute.

    Verhandlungen auf Klimakonferenz
    :So sollen bald Klimaschäden finanziert werden

    Es ist einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen in Ägypten: Der Umgang mit Schäden, die der Klimawandel verursacht. Um welche Summen geht es, was wurde erreicht? Ein Überblick.
    Bundeskanzler Olaf Scholz redet auf der Klimakonferenz, Scharm El Scheich 07.11.2022
    FAQ

    Weltlage belastet Länder des globalen Südens

    Hinzu kommt die Zins-Erhöhung in den USA: Kapital wandert dorthin, wo es Rendite bringt, Investoren ziehen also ihr Geld aus Schwellen- und Entwicklungsländern ab und bringen es in die USA. Und als wäre das nicht alles schon schlimm genug, lassen hohe Preise für Energie- und Nahrungsmitteleinfuhren die Devisenreserven vieler armer Länder schwinden. Erst vor wenigen Monaten drohte Sri Lanka die Staatspleite: Es war kein Geld mehr da für Lebensmittel, Medizin, Strom.
    Das ist der Hintergrund, vor dem die Länder der Südhalbkugel auf dem Klimagipfel in Scharm el Scheich Klimagerechtigkeit fordern. Sie wollen finanzielle Unterstützung von den Staaten der Nordhalbkugel, die sie für ihre Umweltprobleme verantwortlich machen: für Dürren, Fluten, Stürme.

    Klimagerechtigkeit: "Hier besteht eine große Aufgabe"

    Klimagerechtigkeit, das heißt für den Wirtschaftswissenschaftler und Afrika-Experten Robert Kappel, "dass der reiche Norden den besonders benachteiligten Menschen im globalen Süden dabei hilft, die auch durch den Klimawandel entstehenden sozialen Folgen abzufedern. Hier besteht eine große Aufgabe."
    Die ländliche Bevölkerung, aber insbesondere Frauen, junge und ältere Menschen seien besonders betroffen. Robert Kappel unterstützt deshalb das auf dem Gipfel geforderte Verursacherprinzip - und zwar für alle, auch für afrikanische Länder oder Indien. Denn auch sie müssten Verantwortung übernehmen für selbst verursachte lokalen Umweltkrisen.

    ZDFheute-KlimaRadar
    :Daten zum Klimawandel im Überblick

    Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
    Grafiken

    Klimawandel: Forderung nach Schuldenerlass für arme Länder

    Um die Schulden-Klima-Falle zu durchbrechen, fordert Kristina Rehbein einen Schuldenerlass für arme Länder. Im Falle einer Klimakatastrophe müsse dem betroffenen Land zunächst automatisch ein Schuldenmoratorium zugesichert werden. Im nächsten Schritt dann solle es Verhandlungen über einen koordinierten Schuldenerlass geben. Doch:

    Die Blockbildung aufgrund der Ukraine-Krise schlägt sich auch im Schuldenthema nieder.

    Kristina Rehbein, politische Koordinatorin von "Erlassjahr"

    Nicht mehr nur die G7-Staaten, Weltbank und Weltwährungsfonds sind heute die größten Gläubiger der Entwicklungsländer. China spielt inzwischen als internationaler Geldgeber eine gewichtige Rolle - ebenso wie die privaten Gläubiger, zu denen beispielsweise Banken, Hedgefonds oder große Rohstoffunternehmen gehören. Über Schuldenerlasse zu reden und sich auf Lösungen zu einigen, ist daher deutlich schwieriger geworden als früher.

    Klimawandel stellt Wirtschaftsmodell in Frage

    Auf der COP27 treten Länder des globalen Südens fordernder auf: Den Klimawandel zu bekämpfen heißt für sie, soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Nimmt der reiche Norden diese Forderungen ernst, geht es nicht nur um beträchtliche Summen, sondern auch um ein anderes Wirtschaftsmodell. Denn ein Wirtschaftsmodell, das Umweltschäden mitkalkuliert, bedeutet den Abschied vom reinen Wachstumsstreben.

    ZDF-Themenschwerpunkt zur Energiekrise
    Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design

    Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.

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