Bericht zu 1,5-Grad-Ziel: Klima-Lücke schrumpft zu langsam

    Analyse

    UN-Bericht zum 1,5-Grad-Ziel:Die Klima-Lücke schrumpft - aber zu langsam

    Mark Hugo
    von Mark Hugo
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    Zehn Tage vor der Weltklimakonferenz zeigt ein UN-Bericht: Die Welt wird besser beim Klimaschutz. Auf dem Pfad zu maximal 1,5 Grad Erderwärmung ist sie aber noch längst nicht.

    Windkraftanlagen stehen hinter einer Solarstrom-Freiflächenanlage im Solarpark Klixbuell (Schleswig-Holstein), aufgenommen am 7.02.2019
    Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht voran. Laut UN werden weltweit aber noch immer zu viele Treibhausgase ausgestoßen.
    Quelle: dpa

    An Signalen zum Wachrütteln mangelt es eigentlich nicht, so kurz vor Beginn der 28. Weltklimakonferenz (COP28) in Dubai: Flutkatastrophen, Dürren und immer neue Hitzerekorde. 2023 wird wohl am Ende das wärmste je gemessene Jahr gewesen sein. Die wissenschaftlichen Fakten sind also klar.
    Dennoch erscheinen in diesen Tagen Berichte und Analysen mit neuen Daten und mahnenden Appellen für die COP. So auch der "Emissions Gap Report" der UN-Umweltbehörde UNEP.
    Der Report schaut auf die Lücke zwischen der Menge tatsächlich ausgestoßener Treibhausgase und der, die eigentlich nur noch ausgestoßen werden dürften, um das Pariser Klimaziel noch zu erreichen - die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
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    In Bonn wurden bereits wichtige Vorarbeiten für die große UN-Weltklimakonferenz geleistet.15.06.2023 | 2:22 min

    Emissionen müssten sich fast halbieren

    Immerhin: Es tut sich was. 2015, im Jahr des Pariser Klimaabkommens, gingen Projektionen davon aus, dass die weltweiten Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 16 Prozent steigen würden. Im Moment werden plus drei Prozent vorhergesagt. Ein Erfolg. Für 1,5 Grad als Limit allerdings müssten sie um 42 Prozent sinken.
    "Und das geht halt nicht, wenn wir nur kleine Dinge ändern. Wir müssen signifikante Dinge ändern", mahnt Co-Autor Niklas Höhne vom NewClimate Institute.

    Es klafft eine riesige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

    Niklas Höhne, NewClimate Institute

    Alle Länder der Welt müssten für eine solche Reduktion sehr schnell sehr viel mehr tun. Höhne nennt unter anderem "massive Investitionen" in erneuerbare Energien und ein schnelles Aus von Kohle.

    Neuer Rekord bei Treibhausgasausstoß

    Denn die weltweite Treibhausgas-Kurve flacht zwar etwas ab, zeigt aber immer noch nach oben. Von 2021 bis 2022 nahmen die Emissionen um 1,2 Prozent zu - auf einen neuen Rekord von 57,4 Gigatonnen CO2-Äquivalente. Unter dieser Einheit sind alle Treibhausgase zusammengefasst - neben Kohlendioxid zum Beispiel auch Methan und Lachgas.
    Ausstoß von Treibhausgasen
    Während USA und EU, also die Länder mit dem historisch höchsten Ausstoß, ihre Emissionen allmählich senken, geht bei den Wachstumsländern Indien und China die Kurve noch nach oben.
    Quelle: ZDF

    Würde sich gar nichts ändern, dann läuft die Welt laut Report auf eine Erwärmung um drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu. "Das wäre katastrophaler Klimawandel, eine Situation, an die wir uns nicht anpassen könnten", so Höhne. Würden alle derzeit formulierten Klimaschutzpläne der Länder unter allen Bedingungen auch umgesetzt, dann wären es immer noch 2,5 Grad. Die Folgen wären aber in beiden Fällen katastrophal.

    Klarer Auftrag an Klimakonferenz in Dubai     

    "Jeder Mensch, jeder Wirtschaftsraum ist inzwischen vom Klimawandel betroffen", sagt Inger Andersen, Direktor der UN-Umweltbehörde UNEP.

    Wir müssen damit aufhören, unerwünschte Rekorde beim Treibhausgasausstoß, bei Temperaturen und Extremwetter aufzustellen.

    Inger Andersen, UN-Umweltbehörde UNEP

    Nötig seien dagegen andere Rekorde: bei der Reduktion von Emissionen, beim grünen und gerechten Wandel und bei der Klimafinanzierung.
    Bundeskanzler Olaf Scholz spricht beim Petersberger Klimadialog.
    Konflikte in Dubai sind absehbar: Ein Ausstieg aus fossilen Energien ist für Gastgeber Saudi-Arabien nicht erstrebenswert.03.05.2023 | 2:35 min
    Ein klarer Auftrag auch an die Weltklimakonferenz in Dubai. Denn der Report deckt sich mit der Kernaussage der ersten globalen Bestandsaufnahme unter dem Klimavertrag von Paris: Es muss deutlich mehr getan werden. Dazu zählen verschärfte nationale Klimaziele. Auf der COP selbst wird erwartet, dass sich die Welt zu einer Verdreifachung der erneuerbaren Energien verpflichtet.

    Widerstand gegen Ausstieg aus fossilen Energien

    Eine wichtige "Leitplanke" aus Höhnes Sicht wäre, dass am Ende ein kategorisches Auslaufen aller fossilen Energien beschlossen wird - "ohne Hintertür". Völlig ausgeschlossen ist das zwar nicht. Allerdings ist der Widerstand in Saudi-Arabien und den gastgebenden Emiraten groß. Wahrscheinlicher ist daher nur ein Bekenntnis zum Herunterfahren von Emissionen.   

    Ich würde mir wünschen, dass bei der Klimakonferenz tatsächlich in den Notfallmodus geschalten wird und man sich nicht mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufriedengibt.

    Niklas Höhne, NewClimate Institute

    "Nur wenn die Umsetzung in diesem Jahrzehnt deutlich ausgeweitet wird, lässt sich ein deutliches Überschreiten von 1,5 Grad vermeiden", warnt auch der UN-Report zehn Tage vor der COP. Denn bei späteren Maßnahmen würde Klimaschutz künftig sehr viel teurer werden.
    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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