De Maizière bei "Lanz": Skeptisch bei KI in Deutschland

    Ex-Innenminister bei "Lanz":De Maizière skeptisch bei KI in Deutschland

    von Pierre Winkler
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    Künstliche Intelligenz wird viele Lebensbereiche schon bald grundlegend verändern. Der ehemalige Innenminister Thomas de Maizière sieht darin Chancen - aber auch riesige Probleme.

    Thomas de Maizière bei Markus Lanz im Studio.
    Thomas de Maizière bei Markus Lanz im Studio.
    Quelle: Cornelia Lehmann, ZDF

    Die Frage ist längst nicht mehr, ob Künstliche Intelligenz unser Leben neu sortiert, sondern nur noch: wann und wie stark genau?
    Das Textprogramm ChatGPT verändert gerade den Alltag an Schulen, Universitäten und vielen Arbeitsplätzen in Echtzeit, andere Technologien werden ebenfalls tiefe Spuren hinterlassen.

    Lobo warnt vor Gefahren bei Wahlkämpfen

    Der Journalist und Innovations-Experte Sascha Lobo sieht darin eine Revolution mit ungeahnten Chancen. Am Donnerstagabend bei Markus Lanz warnte er jedoch auch vor einigen Gefahren beim Missbrauch von Künstlicher Intelligenz. Zum Beispiel vor Fakes in politischen Wahlkämpfen.

    Hier sind wir inzwischen tatsächlich mit der KI so weit, dass wir Stimmen von Prominenten, von Politiker*innen, von allen möglichen Menschen imitieren können.

    Sascha Lobo, Innovations-Experte

    Dafür lade man ein Stimmarchiv einer Person hoch mit echten Aufnahmen. "Und dann kann die KI genau in dem Duktus dieser prominenten Person eine Stimme erzeugen, mit Sachen, die man selbst eingibt, die sie nie gesagt hat", erklärte er.

    Lobo: Propaganda und Fake News zunehmend besorgniserregend

    Das sei qualitativ noch verbesserungsfähig. Genau diese Verbesserungen passierten aber jetzt gerade laufend.
    "Es ist erahnbar, dass wir in den nächsten Wahlkämpfen, in den Vereinigten Staaten ganz besonders, aber auch in der Weltpolitik, eine Form von Propaganda und Fake News bekommen, die wirklich besorgniserregend ist, weil wir uns als Öffentlichkeit bisher damit nicht auskennen", sagte Lobo.
    "Und dann kommt das Video, wo Olaf Scholz mit Putin spricht, über irgendwas, was sich jemand ausgedacht hat, wo man sagt: 'Es wurde geleakt, heimlich aufgenommen!'"
    Journalist Sascha Lobo
    Sascha Lobo ordnet den aktuellen Stand ein - auch mit Blick auf Fake News und Propaganda. 10.03.2023 | 1:41 min

    De Maizière ist besorgt

    Dabei habe es dann eine solche Szene eben nie gegeben. Eine Entwicklung, die auch den ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière besorgt. "Da bin ich auch pessimistisch", sagte der CDU-Politiker.
    "Nehmen wir mal an, es ist Freitag vor der Bundestagswahl, so etwas, da hat man Mühe, das zu dementieren innerhalb von ein, zwei Tagen." Solche Fakes hätten "eine massive politische Wirkung". De Maizière ist Vorsitzender einer gemeinnützigen Bildungsstiftung und blickt deswegen auch besonders auf diesen Bereich, wenn es um KI geht. "Jetzt hören wir seit einigen Jahren: Das Wissen explodiert! Und im Grunde ist das doch eine ganz schreckliche Nachricht. Wie soll die Menschheit damit umgehen?", fragte er.
    Hier sei das Aufkommen von Künstlicher Intelligenz eine "gute Nachricht". Denn so könne man sich der immer schneller wachsenden Wissensmenge "geordnet zuwenden, ohne dass man in der Fülle erstickt".

    Bei den Schulen muss angefangen werden

    Umsetzen müssen das in Deutschland zuerst die Schulen. Und an dieser Stelle endet de Maizières Optimismus wieder:

    So, wie das Bildungswesen jetzt strukturiert ist, kann es nicht richtig gut werden. Ganz viele wollen etwas Gutes und in der Summe ist Stillstand.

    Thomas de Maizière, ehemaliger Bundesinnenminister

    Mit einer viel zu komplizierten Struktur zwischen Kommunen, Ländern und Bund "organisiert sich und bürokratisiert sich die Schule zu Tode", kritisierte de Maizière.

    Buyx sorgt sich um KI in der Medizin

    Einen weiteren Bereich im massiven KI-Wandel brachte Alena Buyx ins Spiel, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats: die Medizin. "Da geht es wirklich um die Wurst", sagte sie, nämlich im Zweifel um Leben und Tod:

    Wenn da eine Dosierung nicht stimmt, die so ein Symptomchecker mir gibt oder irgendein Entscheidungs-Assistenzsystem, das ich in der Medizin habe, dann ist das ein echtes Problem.

    Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats

    Wenn also die Maschine einen Fehler macht - wer trägt dann die Verantwortung? Ärztin oder Arzt auf der einen oder Programmierer und Hersteller auf der anderen Seite? Juristisch sei das noch nicht geklärt.
    "Und es gibt noch eine weitere Problematik", sagte Buyx. Nämlich in dem Moment, "wenn der Arzt oder die Ärztin irgendwann sagt: 'Ich folge der Empfehlung nicht.' Und dann geht etwas schief." Ärztinnen und Ärzte würden sich in Zukunft "verantworten müssen, wenn sie der Empfehlung nicht folgen".

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