Kipping über Wagenknecht: Man demonstriert nicht mit Nazis

    Kipping über Wagenknecht:"Als Linke demonstriert man nicht mit Nazis"

    von Pierre Winkler
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    Der interne Machtkampf bei der Linken brodelt. Ex-Parteichefin Katja Kipping knöpft sich bei "Lanz" Sahra Wagenknecht vor - und gesteht an anderer Stelle einen Sinneswandel ein.

    Markus Lanz vom 1. März 2023: Katja Kipping, Markus Lanz, Robin Alexander, Frank Sauer, Michail Chodorkowski (zugeschaltet)
    Zur Situation der Geflüchteten in der Hauptstadt, dem Friedensmanifest Sahra Wagenknechts, über mögliche Koalitionen nach der Berlin-Wahl sowie über die aktuelle nukleare Bedrohungslage 01.03.2023 | 74:59 min
    Neun Jahre lang war Katja Kipping Bundesvorsitzende der Linken und ist bis heute eine der prominentesten Stimmen der Partei. Als solche greift sie jetzt Parteikollegin Sahra Wagenknecht scharf an. Am Mittwochabend sagte Kipping bei Markus Lanz:

    Als Linke demonstriert man nicht zusammen mit Rechten und Nazis.

    Katja Kipping (Die Linke), Politikerin

    "Da darf es keine Zweideutigkeiten geben und kein Spiel. Und für mich klar, Linkssein heißt: Du bist an der Seite derjenigen, die angegriffen wurden. Und das sind zwei Welten."
    Gemeint war Wagenknechts Demonstration am vergangenen Wochenende am Brandenburger Tor. Dort hatte sie zusammen mit Alice Schwarzer gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine protestiert. Dabei waren auch AfD-Mitglieder, Holocaustleugner und Rechtsextreme. Kritiker werfen Wagenknecht vor, sich von diesen nicht ausreichend abgegrenzt zu haben.
    Katja Kipping bei Lanz am 01. März 2023.
    Kipping kritisiert Sahra Wagenknecht bei "Lanz" und spricht von einer "besorgniserregenden Entwicklung". Journalist Robin Alexander sagt: "Frau Wagenknecht erpresst die Linke."02.03.2023 | 1:54 min

    Kipping: "schreckliche Melange, die sich zusammenbraut"

    Kipping wurde noch deutlicher: "Das geht schon ganz schön an die identitäre Substanz bei uns", sagte die Berliner Sozialsenatorin mit Blick auf ihre Partei. "Weil wir immer, wenn irgendwo Nazis und Rechte demonstriert haben, auf der anderen Seite waren. Viele von uns wurden sozusagen eher von Nazis angegriffen. Und auf einmal gibt es so eine Leichtigkeit im Umgang, so eine ganz schreckliche Melange, die sich da zusammenbraut."
    Für die Partei sei das "ein echtes Problem". Trotzdem ist Kipping gegen ein erneutes Parteiausschlussverfahren gegen Wagenknecht. Im vergangenen Jahr war bereits ein Antrag auf ein Partei-Aus Wagenknechts gescheitert.

    Das Mittel des Rauswurfs ist in unserer Partei aus gutem Grund nicht das Mittel der Wahl.

    Katja Kipping (Die Linke), Politikerin

    Ein solcher Konflikt müsse "mit klaren Entscheidungen in der Sache" geklärt werden.

    Alexander: "Wagenknecht erpresst die Linke"

    Bedeutet: Kipping erwartet von den aktuellen Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan einen eindeutigen Kurs gegen Wagenknecht in entscheidenden Punkten. "Und dann müssen diejenigen, die eine andere Position vertreten wollen, für sich eine Entscheidung treffen", sagte Kipping mit Blick auf Wagenknecht und deren Anhänger.
    Diese kleine Gruppe gefährde die Partei an entscheidenden Stellen immer mehr, analysierte der Journalist Robin Alexander.

    Frau Wagenknecht erpresst die Linke.

    Robin Alexander, Journalist

    "Die Linke hat eine Fraktion im Bundestag und Frau Wagenknecht hat sechs harte Anhänger darin. Zusammen sind das sieben. Wenn die nicht mehr in der Fraktion mitmachen, ist der Fraktionsstatus weg."
    Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht
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    Kipping zeigt sich unbeeindruckt

    Genau davor scheue "der, glaube ich, immer noch majoritäre, vernünftige, in Anführungszeichen gesprochene, Teil dieser Fraktion zurück", sagte Alexander. Das wisse Wagenknecht und könne deshalb ihre Agenda weiterverfolgen.
    Kipping, selbst seit Anfang Januar nicht mehr Teil der Bundestagsfraktion, zeigte sich davon unbeeindruckt:

    Mich erschrecken Erpressungen nicht.

    Katja Kipping (Die Linke), Politikerin

    "Es ist ein Spiel mit einem Cliffhanger. Und immer wieder der gleiche Cliffhanger wird vielleicht auch irgendwann mal langweilig. Also mir geht das beim Seriengucken so. Aber diese Entscheidung muss die Fraktion treffen." Ein Hinweis vor allem an die Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch.

    Kipping für atomare Abrüstung

    Für Kipping persönlich haben zwölf Monate Krieg in der Ukraine einiges verändert. "Ich merke da bei mir selber eine Zerrissenheit", sagte sie über ihre Ansichten zu den Themen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sei heute nach wie vor für atomare Abrüstung, aber:

    Ich würde vieles in unserer Außenpolitik anders formulieren.

    Katja Kipping (Die Linke), Politikerin

    Die Linken-Forderung, die Nato durch ein "kollektives Sicherheitssystem" zu ersetzen, nannte Kipping "aus der Zeit gefallen". Sie erklärte: "Die Tragik dieser Zeit ist, dass eigentlich die Nato als Militärbündnis sich gefühlt erledigt hatte. Selbst führende Präsidenten haben gesagt, die ist erledigt. Und die größte PR-Maschine dafür hat Wladimir Putin gestartet."

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