Rohstoff Lithium: Russland und China hängen Berlin ab

    Südamerika:Lithium: Russland und China hängen Berlin ab

    von Tobias Käufer
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    Moskau gelingt im südamerikanischen Lithium-Dreieck ein politischer Erfolg. China ist ohnehin schon präsent, Deutschland verliert den Anschluss.

    Verdunstungsbecken für die Lithiumgewinnung in Salar De Uyuni (Bolivien)
    23 Millionen Tonnen Lithium sollen laut aktuellen Erkenntnissen in Bolivien schlummern.
    Quelle: Reuters

    Für die Industrie des südamerikanischen Landes war es kurz vor Weihnachten eine lang ersehnte Nachricht: "Bolivien unterzeichnet neues Abkommen mit der russischen Uranium One Group zur direkten Lithiumgewinnung", titelte die Tageszeitung "Correo del Sur" Mitte Dezember.
    Die nach offiziellen Angaben rund 450 Millionen US-Dollar (etwa 410 Millionen Euro) schwere russische Investition war für die angeschlagene Regierung des sozialistischen Präsidenten Luis Arce ein wichtiger innenpolitischer Erfolg.

    China und Russland investieren in Bolivien

    Bolivien gilt nach aktuellen geologischen Erkenntnissen mit rund 23 Millionen Tonnen als das Land mit den weltweit größten Lithium-Vorkommen. Doch bei der Förderung und Industrialisierung hinkte Bolivien aufgrund von innenpolitischen Streitereien hinterher.
    Nun konnte Arce innerhalb weniger Monate zwei wichtige Meilensteine verbuchen. Vor dem russischen Engagement des Tochterunternehmens des russischen Staatskonzerns Rosatom hatte ein chinesisches Konsortium unter der Führung des Lithium-Konzerns Contemporary Amperex Technology angekündigt, 1,4 Milliarden US-Dollar in den Bau von Anlagen zu investieren.

    Neue Technologie aus Russland

    "Die Aussage von Rosatom über den Einsatz der eigenen 'neuen Technologie' Russlands ist bemerkenswert", sagt Vladimir Rouvinski, Experte für lateinamerikanisch-russische Beziehungen von der Universität Icesi (Kolumbien), im Gespräch mit ZDFheute.
    Das Unternehmen verspricht, nach eigenen Angaben, eine "grüne" Lithium-Produktion. Bislang ist das erst mal ein Versprechen. Rouvinski sagt dazu:

    Die Technologie zur Gewinnung von Lithium aus Salzseen befindet sich noch in der Pilot- und Laborphase.

    Vladimir Rouvinski, Universität Icesi

    "Ein Plan für die industrielle Produktion ist bislang noch nicht umgesetzt, und die Wirksamkeit dieser Methode in konkreten Projekten muss noch bewertet werden", so Rouvinski weiter.
    Dirk Steffens am Salar del Hombre Muerto, Argentinien, mit Flaschenbergen als Symbol für den Lithiumabbau (Montage)
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    Lithium ist einer der Schlüsselrohstoffe für die Energiewende, denn es wird für den Bau von Akkus für E-Autos benötigt. Die Auto-Nation Deutschland hat also ein Interesse daran, möglichst einfachen direkten oder indirekten Zugang über Partnerländer zu Lithium zu bekommen. China gilt allerdings als systemischer Rivale, Russland steht nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine auf der schwarzen Liste.

    Deutsch-bolivianisches Lithium-Joint-Venture gescheitert

    Ein mit vielen Vorschusslorbeeren gestartetes deutsch-bolivianisches Joint-Venture von 2018, das unter der Federführung der Wirtschaftsministerien in Berlin und Stuttgart versuchte, einen Fuß in die Tür zu bekommen, ist inzwischen eingeschlafen.
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    Deutschland blickt nun nach Chile

    Nun bleibt nur der Blick in die beiden anderen Länder des sogenannten Lithium-Dreiecks: Argentinien und Chile. Mit Chile unterzeichnete Berlin jüngst ein Freihandelsabkommen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Franziska Brantner, sagte jüngst dazu:

    Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass wir gemeinsam die Grundlage legen für eine nachhaltige und partnerschaftliche Rohstoffpolitik auf Augenhöhe.

    Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin, Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

    "So geben die aufgenommenen Regelungen zur Rohstoffbepreisung bei strategischen Rohstoffen, wie Lithium, Chile den Raum, über dual pricing lokale Wertschöpfung aufzubauen", so Brantner.
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    Kehrtwende in Argentinien

    In Argentinien werden nach der politischen Zeitenwende mit dem neuen radikal-marktliberalen Präsidenten Javier Milei die Karten neu gemischt. Milei gilt als klarer Befürworter des Freihandels und könnte den zuletzt gescheiterten Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Handelsbündnis Mercosur neuen Schwung geben. Dann wäre für Deutschland auch der Zugang zum argentinischen Lithium wieder ein Stück weit realistischer.
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