Geködert, abgefangen, missbraucht: Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat der Menschenhandel laut OSZE dramatisch zugenommen. Auch der Handel mit schwangeren Frauen sei gestiegen.
Flucht aus der Ukraine: Seit Beginn des Kriegs haben Fälle von Menschenhandel offenbar deutlich zugenommen.
Quelle: imago/ZUMA Wire
Durch den Krieg in der Ukraine haben offenbar Fälle von Menschenhandel stark zugenommen. Wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mitteilte, hat die weltweite Online-Suche nach sexuellen Dienstleistungen und pornografischen Darstellungen durch ukrainische Frauen und Kinder seit Beginn des Krieges um bis zu 600 Prozent zugenommen.
OSZE-Generalsekretärin Helga Maria Schmid sagte der "Welt":
Im Netz mit falschen Versprechungen geködert
Die Opfer von Sexualdelikten würden im Netz mit falschen Versprechungen geködert, in privaten Unterkünften in Aufnahmeländern missbraucht oder aber direkt an der Grenze von verdeckt arbeitenden Menschenhändlern abgefangen. "Häufig ist die organisierte Kriminalität im Spiel", sagte Schmid.
Im Anstieg des Menschenhandels zeigten sich wirklich tiefe Abgründe, sagte die deutsche Spitzendiplomatin.
Die OSZE sei an einer "Be safe"-Kampagne beteiligt, in der Menschen vor Verlassen ihres Landes vor den Praktiken der Menschenhändler gewarnt würden und eine Hotline zur Verfügung stehe. Außerdem arbeite die OSZE mit den Nachbarländern der Ukraine zusammen und versuche, sie für das Thema zu sensibilisieren.
OSZE: Menschenhandel seit Beginn des Ukraine-Krieges stark zugenommen
OSZE: Weltweit bis zu 27 Millionen Opfer pro Jahr
Schmid betonte zudem, dass der weltweite Menschenhandel insgesamt stark gewachsen sei: "Wir gehen mittlerweile von 25 bis 27 Millionen Opfern pro Jahr aus, und davon landen leider nur 10.000 Fälle jährlich bei den Strafverfolgungsbehörden."
Weniger als ein Prozent der Opfer könnten überhaupt nur identifiziert werden.
Die jährlichen Gewinne aus Menschenhandel hätten sich in den vergangenen 15 Jahren verfünffacht - auf 150 Milliarden Dollar im Jahr. "Wäre der Menschenhandel ein Land, so würde es bei der Wirtschaftsleistung weltweit auf Platz 55 liegen", erklärte die OSZE-Generalsekretärin.
Neben sexueller Ausbeutung gebe es auch einen immer stärkeren Trend zu Zwangskriminalität, Zwangsbettelei und Scheinehen.
OSZE-Chefin: Russland als Mitglied ist "sinnvoll"
Nachdrücklich sprach sich Schmid gegen die Forderung des ukrainischen Außenministers Kuleba aus, Russland aus der OSZE auszuschließen. "Ich halte es jedenfalls aus heutiger Sicht für sinnvoll, dass Russland weiterhin Mitglied in der OSZE bleibt", sagte Schmid. An einem Tisch zu sitzen, bedeute ja nicht, "diplomatische Freundlichkeiten" auszutauschen.
Anders als der Europarat verfügt die OSZE zudem nicht über einen Suspendierungsmechanismus, über den man Russland ausschließen könnte
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.