Serap Güler: Situation ist schärfer als 2015

    Migrations-Debatte bei "Lanz":Güler: Situation ist schärfer als 2015

    von Pierre Winkler
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    Die CDU-Spitzenpolitikerin Serap Güler attackiert die Bundesregierung angesichts der Migrations-Hilferufe vieler Kommunen. Innenministerin Faeser habe Versprechen nicht gehalten.

    Markus Lanz vom 14. Februar 2023: Markus Lanz, Serap Güler, Juli Zeh, Jens Marco Scherf, Martin Machowecz
    Zur Lage im türkisch-syrischen Erdbebengebiet sowie zur Flüchtlingspolitik, der Machtpoker nach der Berlin-Wahl sowie das Gerangel um eine Aufstockung der Bundesflüchtlingshilfen14.02.2023 | 76:12 min
    Deutschland steht vor einer gigantischen Aufgabe – und droht zu scheitern. Das ist Serap Gülers Botschaft, wenn es um die immer weiter steigenden Zuwanderungszahlen geht.
    "Wir befinden uns in einer Situation, die sogar schärfer ist als 2015, 2016", sagte sie am Dienstagabend bei Markus Lanz.

    Ampel will Familiennachzug erleichtern

    Güler ist seit 2012 Mitglied im Bundesvorstand der CDU und eine der prominenten Stimmen der Opposition im Bundestag. Dass so viele Menschen nach Deutschland kommen, könne niemand der Bundesregierung vorwerfen, betonte sie, aber:

    Der Vorwurf ist, dass trotz der aktuellen Situation nicht umgesteuert wird und trotzdem eins zu eins versucht wird, am Koalitionsvertrag festzuhalten.

    Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU

    Das gelte vor allem beim Thema Familiennachzug. "Die Ampel möchte das erweitern. Wir haben für die subsidiär Schutzberechtigten unter 16 Jahren Angela Merkel den Familiennachzug ausgesetzt beziehungsweise kontingentiert", sagte sie. "Das möchte man wieder aufheben. Insofern geht man hier noch einen Schritt weiter."
    Die Ampel-Koalition will im geplanten zweiten Migrationspaket subsidiär Schutzberechtigten den Familiennachzug erleichtern. Diese konnten bisher ihre Kernfamilie nur eingeschränkt nach Deutschland holen.

    Güler: Faeser lasse Kommunen im Stich

    Ein weiterer Vorwurf von Güler: Bundesinnenministerin Nancy Faeser lasse die Kommunen im Stich. Dabei geht es um ein Versprechen Faesers.

    Das hat sie ja vor Monaten schon zugesagt, 4.000 Immobilien des Bundes.

    Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU

    Davon sei vor Ort noch viel zu wenig angekommen. Korrekt ist, dass Faeser Ende des vergangenen Jahres den Kommunen 56 Bundesimmobilien für insgesamt rund 4.000 Menschen angeboten hatte. Das sollte den Druck auf Städte und Gemeinden mindern.
    Auf dem Text ist eine Mutter mit zwei Kindern zu sehen, welche sich in einem improvisierten Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft befinden.
    Viele Kommunen können kaum noch Geflüchtete aufnehmen. Bundesinnenministerin Faeser will deshalb zu einem weiteren Flüchtlingsgipfel einladen.06.02.2023 | 2:00 min

    Asylanträge nehmen zu

    Stattdessen steigt dieser immer mehr. 2022 haben laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 244.132 Menschen einen Asylantrag in Deutschland gestellt, so viele wie seit 2016 nicht mehr. Hinzu kamen mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine, die während des Krieges kein Asyl beantragen müssen, um in Deutschland bleiben zu dürfen.
    Allein im Januar dieses Jahres gingen mehr als 29.000 Asylanträge ein, mehr als doppelt so viele wie im Januar 2022. Und so dürfte es weitergehen: Faeser kündigte gerade erst Drei-Monats-Visa für Erdbeben-Opfer aus der Türkei und Syrien an. Diese dürfen danach Asyl beantragen.

    Kapazität für Flüchtlinge nicht ausreichend

    "All diese Infrastruktur, die dahintersteht, die haben wir nicht. Die haben wir schon ohne Flüchtlinge nicht unbedingt, Stichwort auch Fachkräftemangel", sagte Güler.

    Aber die haben wir gerade auch bei einer so hohen Zahl, die wir aufnehmen wollen, aufnehmen müssen einfach nicht. Sodass wir am Ende sagen: Eigentlich können wir diese Menschen gar nicht in dieser Größe aufnehmen.

    Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU

    Nicht nur die Ampel scheitere gerade bei dem Thema, die Politik habe in Deutschland insgesamt in den vergangenen Jahren die Lage verkannt.

    Wir sind manchmal ein bisschen wie die drei Affen unterwegs. Vor allem der Affe, der sich die Augen zuklappt.

    Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU

    Ähnliche Situation wie in 2015

    "Der Krieg in Syrien ist ja nicht 2015 ausgebrochen. Und die Lage in den Flüchtlingszentren des UNHCR und von anderen ist ja nicht erst 2015 so schlimm gewesen. Sondern das fing sukzessive an. Wir haben immer gedacht, wir sind hier geschützt, das erreicht uns nicht", sagt Güler weiter.

    Und als durch Corona die Zahlen runtergingen, hatten wir diese Illusion auch wieder.

    Serap Güler, Mitglied im Bundesvorstand der CDU

    Der Krieg in der Ukraine habe diese Illusion endgültig zerstört. Viele in Deutschland hätten "lange daran geglaubt, das passiert nicht. Und jetzt waren wir, vor allem letztes Jahr, in der Situation, in der der Libanon 2013, 2014 war, oder die Türkei. Weil wir als Nachbarstaat betroffen waren, zusammen mit Polen."

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