Barbados' Vision zur Klimafinanzierung

    Interview

    Barbados' Vision zum Klimaschutz:Billionen für Klimaschutz - ohne Steuergeld

    Elisa Miebach berichtet vom Klimagipfel 2022.
    von Elisa Miebach
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    Eine Idee zum Klimaschutz aus Barbados erregt selbst auf der Münchner Sicherheitskonferenz Aufmerksamkeit. Doch nun sitzen die Vordenker wegen des Flugstreiks in der Karibik fest.

    Avinash Persaud
    Avinash Persaud aus Barbados träumt davon, genug Geld für die Eindämmung des Klimawandels zu finanzieren.
    Quelle: gisbarbados.gov.bb

    Avinash Persaud, Sonderbeauftragter der Karibikinsel Barbados für Klimafinanzierung, wollte eigentlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz über sein Herzensthema sprechen - den Klimawandel. Das muss er nun per Videokonferenz tun - denn wegen des Flugstreiks vom Freitag sitzt er in der Karibik fest. Er ist der Kopf der sogennanten Bridgetown-Initiative, die versucht, im internationalen Finanzsystem neue, der Klimakrise angepasste Strukturen zu schaffen. Diese sollen insbesondere im globalen Süden Investitionen in Klimaprojekte ermöglichen und anschieben – und dabei den Nutzen für das Klima über Profite stellen.
    ZDFheute: Warum wollten Sie nach München kommen, um auf der Sicherheitskonferenz übers Klima zu sprechen?
    Avinash Persaud: Der Klimawandel ist ein riesengroßes Sicherheitsrisiko. Und deshalb müssen wir darüber diskutieren, wie wir dem Einhalt gebieten können. 1,5 Grad Erwärmung sind kein Ziel es muss eine Grenze bleiben. Wenn die Welt an der Erderwärmung von 1,5 Grad angelangt ist, wird es zu Katastrophen kommen, die sich verstärken, wie wir sie letztes Jahr in Pakistans gesehen haben. Dort wurden 33 Millionen Menschen obdachlos, 27.000 Schulen standen unter Wasser. Das wird nur an Häufigkeit zunehmen.

    "Bridgetown-Initiative"
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    Eine Idee aus Barbados könnte zur Klima-Reform des internationalen Finanzsystems führen - und soll nun sogar auf der Münchner Sicherheitskonferenz diskutiert werden.
    von Elisa Miebach
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    ZDFheute: Was bedeutet es für Ihre Initiative, dass Sie jetzt nicht persönlich in München sein können?
    Persaud: Nun, wir möchten natürlich keinen legitimen Streik, den Sie in Deutschland haben, kritisieren. Nur steigt in der internationalen politischen Szene gerade der Ehrgeiz zur Bekämpfung des Klimawandels. Unsere Bridgetown-Initiative ist bisher der einzige Plan, der diesem Ehrgeiz im Kern gerecht wird. Es ist ein Plan, mit dem wir von Milliarden auf Billionen für den Klimaschutz kommen können, und er findet zunehmend Unterstützung.

    Aber wir brauchen nicht nur Unterstützung, wir brauchen Champions.

    Avinash Persaud

    Deshalb hatten wir gehofft, nach Deutschland kommen zu können, um Sie als einen Vorkämpfer für die Eindämmung des Klimawandels zu gewinnen.
    ZDF: Wie ist Barbados derzeit vom Klimawandel betroffen?
    Persaud: Die ganze Welt wird vom Klimawandel betroffen sein, aber nicht alle gleichzeitig. Es gibt eine Frontlinie und wir sind an dieser Frontlinie. An vorderster Front werden die Temperaturen auf die höchsten Werte steigen. Das gilt für die tropischen Länder rund um den Äquator, für 3,2 Milliarden Menschen, das sind 40 Prozent der Weltbevölkerung.

    Wir sind nicht allein, aber vielleicht helfen wir, die Aufmerksamkeit der Welt auf dieses Thema zu lenken, weil wir in der Zukunft verbrennen und ertrinken werden, wenn der Klimawandel nicht gestoppt wird.

    Avinash Persaud

    ZDF: Sie versuchen tatsächlich, das globale Finanzsystem zu reformieren. Wie soll das helfen?
    Persaud: Die einzig wirkliche Verteidigung gegen den Klimawandel ist es, die Welt zu einer kohlenstoffarmen Zukunft zu bewegen bei Energie, Verkehr und Landwirtschaft. Nun denken viele Menschen in reichen Ländern, dass wir auf 1,5 Grad zurasen, weil es den Menschen in Entwicklungsländern egal ist oder sie das Problem nicht so gut verstehen. Das ist nicht der Fall. Das Problem ist der Geldmangel. Deshalb entwickeln wir einen Weg, das globale Finanzsystem zu verändern, um das Geld bereitzustellen, das wir benötigen.
    ZDF: Warum ist es insbesondere für Entwicklungsländer so schwierig in die Energiewende zu investieren?
    Persaud: Wenn Sie in Deutschland einen Solarpark errichten, müssen sie für das geliehene Geld etwa vier Prozent Zinsen zahlen und das Projekt ist rentabel. Und aus diesem Grund werden rund 85 Prozent der erneuerbaren Energieprojekte in Deutschland und anderswo in den reichen Ländern vom privaten Sektor durchgeführt. Die Regierung setzt große Anreize und der Privatsektor springt ein.
    Wenn Sie genau dasselbe Projekt mit denselben Panels in Südafrika, Indonesien, auf Barbados durchführen, betragen die Kosten, um Geld zu leihen, 14 Prozent und plötzlich ist das Projekt nicht rentabel und der private Sektor will es nicht tun. Und die Regierung hat nicht das Geld, um den gesamten Klimaschutz umzusetzen. Wir müssen also einen Weg finden, diese Kosten zu senken.
    ZDF: Sie sagen, Sie wollen Milliarden bis Billionen von Dollar verlagern, ohne das Geld der Steuerzahler in den Industrieländern auszugeben. Wie kann das funktionieren?
    Persaud: Die Zentralbanken halten Reserven in Höhe von rund 12,7 Billionen US-Dollar, und sie halten sie für schwere Zeiten. Wir sagen, heute sind wir in schweren Zeiten. Wir benötigen keine 12,7 Billionen Dollar für die Energiewende, aber wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten, werden diese Reserven irgendwann nutzlos sein. Wir sagen, dass wir einen Teil davon in einen Treuhandfonds umleiten sollen, der dann mit diesen Reserven als Sicherheit billig Kredite aufnehmen kann.
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    ZDF: Aber wenn die Länder ihre Reserven aufs Spiel setzen, bedroht das nicht ihre Währungsstabilität?
    Persaud: Diese Reserven machen keinen erheblichen Teil ihrer offiziellen Reserven aus. Und es muss kein Haushalt angezapft werden. Es gibt keine Magie auf der Welt. Aber wir müssen etwas tun. Wir haben einen Weg gefunden, der das am einfachsten macht. Aber wenn die Leute nicht Unmögliches tun wollen, werden wir einfach verbrennen und ertrinken.
    Elisa Miebach ist Redakteurin im Landesstudio Bayern und in der ZDF-Umweltredaktion
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