Äthiopien und Kenia: Was Scholz' Afrika-Reise bedeutet

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    Kanzler in Äthiopien und Kenia:Was Scholz' Afrika-Reise bedeutet

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    Energiekrise, Ukraine-Krieg, Konflikt im Sudan: Mit großen Themen im Gepäck ist der Kanzler nach Afrika gereist. Warum ausgerechnet Äthiopien und Kenia? Das steckt dahinter.

    04.05.2023, Addis Abeba, Äthiopien: Bundeskanzler Scholz neben Staatsministerin Misgai Arega.
    Bundeskanzler Olaf Scholz ist zu Gesprächen nach Äthiopien und Kenia gereist. Mit den Handelspartnern und der Afrikanischen Union spricht er über Frieden und erneuerbare Energien.04.05.2023 | 2:56 min

    Warum Afrika?

    Zunächst reist Kanzler Olaf Scholz nach Äthiopien. Am Abend geht es weiter nach Kenia, dem wichtigsten Partnerland Deutschlands in Ostafrika. Scholz war im Mai 2022 sehr früh nach seinem Amtsantritt erstmals nach Afrika gereist und hatte die Bundeswehrtruppen in Niger, den westafrikanischen Senegal und mit Südafrika das einzige G20-Mitglied des Kontinents besucht.
    Bundeskanzler Scholz besuchte bei der ersten Reise Senegal, Niger und Südafrika:
    Die zweite Reise nach nur 17 Monaten im Amt soll nun zeigen, dass er den Nachbarkontinent nicht den dort sehr aktiven Konkurrenten China und Russland überlassen will. Zum Vergleich: Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hat fast zwei Jahre bis zu ihrer ersten großen Afrika-Reise gebraucht.

    Warum Äthiopien?

    Äthiopien ist mit rund 120 Millionen Einwohnern nach Nigeria der zweitbevölkerungsreichste Staat Afrikas. Bis vor kurzem tobte dort ein Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und der Volksbefreiungsfront in der Region Tigray, der erst im November nach zwei Jahren Blutvergießen mit einem Waffenstillstand beendet wurde.
    Trotzdem kommt es noch immer zu Gewalt in dem Land zwischen verschiedenen Volksgruppen. Scholz will bei seinem Besuch die Fortschritte im Friedensprozess würdigen, aber auch weitere Anstrengungen einfordern. Das Land ist aber vor allem aus einem anderen Grund das erste Reiseziel des Kanzlers auf dieser Reise.
    Die Parlamentswahlen in Äthiopien waren auch umstritten:
    Die Hauptstadt Addis Abeba ist Sitz der Afrikanischen Union, des afrikanischen Pendants der EU, in der sich 55 Länder zusammengeschlossen haben. In seinen Gesprächen dort wird es vor allem um die Konfliktbewältigung auf dem Kontinent gehen, wie jetzt gerade im Sudan.

    Warum Kenia?

    Deutschland war vor 60 Jahren das erste Land, das die ehemalige britische Kolonie Kenia nach seiner Unabhängigkeit anerkannte. Heute ist das Land der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Ostafrika. Zuletzt war Kenias Präsident William Ruto jedoch in Kritik geraten, nachdem er oppositionelle Proteste mit übermäßiger Härte niederschlagen ließ.
    Kenia hat auch eine wichtige Vermittlerrolle in regionalen Konflikten und aktuell angeboten, an einer Deeskalation im umkämpften Sudan mitzuwirken.

    Welche wirtschaftlichen Aspekte sind wichtig?

    Scholz wird auf seiner Reise von mehreren Vertretern deutscher Unternehmen begleitet, die sich vor allem für Kenia interessieren. Dort wird der Kanzler die größte Geothermie-Anlage des Kontinents am Naivashasee besuchen. Kenia gewinnt je nach Schätzung zwischen 80 und 92 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen und liegt damit weltweit im oberen Drittel.
    Die Zahlen müssen allerdings im Kontext betrachtet werden. Kenia produziert laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien rund 12 Gigawattstunden (GWh) Strom, das deutlich stärker industrialisierte Deutschland fast 50 Mal so viel.

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    Kenia will allerdings bis 2030 seine Industrialisierung massiv vorantreiben, entsprechend wird der Strombedarf steigen. Dafür müssten die Netze ausgebaut werden. Kenias Dilemma: Ohne Garantie auf industrielle Großabnehmer wird kaum in die Infrastruktur investiert. Präsident Ruto dürfte daher beim Kanzlerbesuch weiter für verlässliche Investitionen werben, um den Infrastrukturausbau in Kenia rentabel zu machen.

    Welche Rolle spielt der Ukraine-Krieg?

    Der russische Angriffskrieg wird wie auf fast jeder Auslandsreise des Kanzlers auch in Afrika eine Rolle spielen. Da ist einerseits die Abhängigkeit afrikanischer Länder wie Äthiopien oder Kenia von Getreideimporten aus Russland und der Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin zögert eine Verlängerung des Abkommens zur Verschiffung von Getreide aus ukrainischen Häfen hinaus, das nur noch bis Mitte Mai läuft. Das könnte Thema werden.
    Kenia hat für die Bundesregierung aber auch eine Vorbildfunktion auf dem afrikanischen Kontinent, was die Haltung zum Krieg angeht. Anders als viele andere afrikanischen Länder hat Kenia den russischen Angriff auf die Ukraine von Anfang an klar verurteilt. Unvergessen ist die Rede des kenianischen Botschafters Martin Kimani, der kurz nach Kriegsbeginn im UN-Sicherheitsrat Russland davor gewarnt hat, in der "Glut von toten Imperien" zu stochern.
    Auch Scholz hat darauf schon Bezug genommen. Äthiopien hat sich bei den Abstimmungen in der UN-Vollversammlung zur Verurteilung des Angriffskriegs dagegen entweder enthalten oder nicht teilgenommen.
    Quelle: dpa

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