Folsäure für Schwangere: Öko-Test findet Produkt-Mängel

    Vitamine in der Schwangerschaft:Produkte mit Folsäure: Öko-Test findet Mängel

    Florence-Anne Kälble
    von Florence-Anne Kälble
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    Schwangere Frauen brauchen Folsäure, so wird Fehlbildungen beim Kind vorgesorgt. Welche Dosis ist die richtige? Nur acht Produkte sind von Öko-Test mit "gut" bewertet worden.

    Eine Zitrone liegt auf einer Zitronenpresse, daneben sind Tabletten zu sehen. Symbolfoto.
    Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere: Manch gestiegener Bedarf ist kaum über die Ernährung abdeckbar. Symbolbild.
    Quelle: Colourbox.de

    Werdende Mütter wollen das Beste für ihr ungeborenes Kind. Hersteller suggerieren mit Beschreibungen wie "Für den besonderen Bedarf von Dir und Deinem Baby", was "das" Beste wäre und setzen dabei laut Öko-Test auf das schlechte Gewissen der Schwangeren.
    22 Vitaminpräparate für werdende Mütter hat sich Öko-Test vorgenommen. Das Ergebnis überrascht: Zwölf Produkte erhalten ein "ungenügend". Nur acht wurden mit "gut" bewertet. "Sehr gut" ist keines.
    Tablettenberg mit Behälter
    Manche Nahrungsergänzungsmittel machen falsche Versprechungen, sogar bei Krebs.11.10.2019 | 5:36 min
    Falsche Versprechungen von Nahrungsergänzungsmitteln können gefährlich werden:

    Höherer Bedarf an Folsäure und Jod nicht mit Ernährung zu decken

    Getestet wurden ausschließlich Nahrungsergänzungsmittel, die Folsäure enthalten und für Schwangere geeignet sind. Bis auf zwei Präparate enthalten alle Jod. Eine sinnvolle Kombination: Sind doch Folsäure und Jod die einzigen beiden Nährstoffe, deren gestiegener Bedarf in der Schwangerschaft kaum über die Ernährung abdeckbar ist.
    Ein niedriger Folatspiegel kann sich in den ersten Wochen gravierend auf das Ungeborene auswirken. So ist unter anderem das Risiko für eine Entwicklungsstörung des Rückenmarkkanals erhöht. Mediziner bezeichnen dies als Neuralrohrdefekt.




    Welche Menge Folsäure empfohlen wird

    Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel ausdrücklich zur Supplementierung von 400 Mikrogramm Folsäure täglich. Grundsätzlich sollte spätestens vier Wochen vor einer Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure begonnen werden. Denn das Neuralrohr verschließt sich bereits am Ende der vierten Schwangerschaftswoche. Dieses ist entscheidend für eine normale Entwicklung von Rückenmark und Gehirn.
    Laut des Netzwerks Gesund ins Leben sollen Frauen, die nicht bereits vor der Schwangerschaft ihren Folatspiegel aufgebaut haben, während der ersten drei Monate 800 Mikrogramm supplementieren. Gesund ins Leben ist ein Netzwerk von Institutionen und Fachgesellschaften unter dem Dach des Bundeszentrums für Ernährung.

    Die Einnahme von Folsäure über einen längeren Zeitraum ist laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nur bis zu einer Obergrenze von 1.000 Mikrogramm am Tag unbedenklich. Bei einer höheren Aufnahme steigt das Risiko für unerwünschte gesundheitliche Nebenwirkungen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt unter bestimmten Bedingungen sogar vor einem erhöhten Krebsrisiko. Nimmt eine Schwangere dauerhaft 800 Mikrogramm täglich zu sich und isst folathaltige Lebensmittel, überschreitet sie diese Grenze.

    Produkte mit unterschiedlichen Dosierungen

    Die Tester haben Produkte mit einer Dosierung von 800 Mikrogramm für das erste Trimester nach eigener Aussage "durchgehen" lassen. Dosierungen von 500 oder 600 Mikrogramm hingegen passten zu keiner der offiziellen Empfehlungen.

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    FAQ
    Positiv fällt den Testern auf, dass die ausgewiesenen Mengen von Jod und Folsäure tatsächlich stimmen. Ebenfalls positiv: Lediglich bei drei Produkten lag die Jodmenge über der empfohlenen Dosierung von 100 bis 150 Mikrogramm.
    Ist das Baby auf der Welt, haben Eltern nicht weniger Fragen: Ihnen hilft Baby-Lotsin Johanna Fischer:

    Nährstoffe am besten durch ausgewogene Ernährung

    Negativ ist laut Öko-Test, dass bis auf die als "gut" bewerteten günstigen "Sanct Bernhard Folsäure-Jodid-Tabletten" alle Präparate noch weitere Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente enthalten. Die mit "ungenügend" bewerteten "Orthomol Natal Tabletten + Kapseln" aus der Apotheke - das teuerste Produkt im Test - bringen es auf mehr als zwei Dutzend "wichtige Mikronährstoffe".
    Die Öko-Tester betonten, dass keine noch so große Anzahl an isolierten Nährstoffen die Nährstoffvielfalt eines ausgewogenen Speiseplans ersetzen könne. Manche der unnötig beigemischten Vitamine produzierten laut den Testern nur "teuren Urin", da der Körper sie einfach wieder ausscheidet. Andere hingegen bergen durchaus auch Risiken. Die langfristige Aufnahme von zu viel Vitamin A beispielsweise kann die Knochendichte verringern.



    In manchen Produkten empfohlene Höchstmenge überschritten

    Zwölf Präparate enthalten Nährstoffe, die oberhalb der vom BfR empfohlenen Höchstmenge liegen. Bei Eisen beispielsweise gibt es Hinweise, dass eine zusätzliche Aufnahme bei schwangeren Frauen, die keinen Mangel aufweisen, das Risiko für Frühgeburten sowie ein niedriges Geburtsgewicht erhöhen können.
    Das Netzwerk Gesund ins Leben warnt deshalb, dass eine "Supplementierung mit Eisen nur nach ärztlicher Diagnose bei einer Unterversorgung erfolgen" sollte. Bei etlichen Produkten fehlte den Testern dieser Hinweis.
    Ursachen und Lösungen von Eisenmangel:

    Verbotene Zusatzstoffe in Kapseln gefunden

    In Kapseln und Tabletten haben die Tester beispielsweise Titandioxid gefunden. Als Lebensmittelzusatzstoff E171 ist es in Nahrungsmitteln seit August 2022 verboten, weil es möglicherweise genotoxisch wirkt.
    Gefunden haben es die Tester in den mit "ungenügend" bewerteten "Abtei Vita Mama Tabletten". Formal ist es laut Öko-Test erlaubt, weil bis August 2022 ausgelieferte Nahrungsergänzungsmittel noch verkauft werden dürfen. Für die Tester ist es ein absolutes No-Go.

    Die Tester von Öko-Test haben 22 Nahrungsergänzungsmittel eingekauft, die für Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und gegebenenfalls auch Stillende ausgelobt sind. Alle Produkte enthalten Folsäure und bis auf zwei auch Jod sowie in unterschiedlichem Umfang weitere Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente.

    Die Tester haben die Kosten pro empfohlene Tagesdosis berechnet. Diese liegt zwischen drei Cent und zwei Euro. Ein Labor wurde beauftragt, die deklarierten Gehalte an Folsäure und Jod nachzumessen. Die Tester beurteilten die jeweiligen Gehalte anhand der speziell für die Schwangerschaft erarbeiteten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie der Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Uni Frankfurt unterstützte Öko-Test mit einem wissenschaftlichen Gutachten.

    Die deklarierten Gehalte der anderen deklarierten Nährstoffe haben die Tester mit den Höchstmengenempfehlungen für Nahrungsergänzungsmittel des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) abgeglichen. Weiterhin sind die Tabletten auf Arsen, Cadmium, Blei und Quecksilber untersucht worden, die Verpackungen auf chlorierte Verbindungen.

    Per Deklaration erfassten die Tester den Farbstoff Titandioxid, Carboxymethylcellulose, die zu entzündlichen Veränderungen der Darmflora führen kann, sowie bestimmte Phosphate, die problematisch für Nierenkranke sind. Auch die aufgebrachten Hinweise zu einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen, die das BfR empfiehlt, wurden beachtet.

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