DEB-Team furios bei WM: Auf jeden Rückschlag eine Antwort

    DEB-Team furios ins WM-Finale:Auf jeden Rückschlag eine Antwort

    von Bernd Schwickerath
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    Heute Abend könnte das deutsche Eishockey-Nationalteam zum ersten Mal Weltmeister werden. Möglich macht das ein Kulturwandel.

    Deutschland steht im Eishockey-WM-Finale 2023
    Deutschland steht im Eishockey-WM-Finale 2023
    Quelle: dpa

    Es wäre vielleicht nicht die beste Idee gewesen, sich am Samstagabend in der Nähe von Nico Sturm aufzuhalten, als der seine Schlittschuhe auszog. Kurz zuvor hatte der Eishockey-Nationalspieler nämlich ein Bekenntnis abgegeben: "Ich muss ehrlich sagen: Ich hab für viele Tage gepackt, aber nicht bis morgen. Ich habe seit vier Tagen dasselbe Paar Socken an."
    Allein ist Sturm damit nicht. Auch Moritz Müller und Frederik Tiffels haben bei der Planung Weitsicht vermissen lassen, wie sie erzählten. Aber sie wussten sich im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen zu helfen: Sie haben zwischendurch gewaschen.

    Kaum Erwartungen vor dem Turnier

    Nun konnte ja niemand ahnen, dass der Ausflug der deutschen Eishockeyprofis zur Weltmeisterschaft in Finnland und Lettland so lange dauern würde. Auch für die meisten Beobachter stand vorher fest: Fürs Viertelfinale könnte es reichen, mehr ist wohl nicht drin.
    Nun kam es aber anders. Deutschland steht nach einem 4:3-Sieg nach Verlängerung gegen die USA im Finale der WM. Dort wartet Kanada. Zum ersten Mal seit 93 Jahren ist ein deutsches Eishockey-Team in einem WM-Endspiel, zum ersten Mal seit 70 Jahren hat es eine Medaille sicher.  
    Moritz Müller
    Moritz Müller, der Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, im ZDF-Interview mit Sven Voss nach dem Sieg gegen die USA im WM-Halbfinale.27.05.2023 | 3:42 min

    Allen Rückschlägen getrotzt

    Ein Spiel, das wie eine "Zusammenfassung unseres Turniers" daherkam, sagte Kapitän Müller nach dem Halbfinal-Sieg gegen die USA. Denn ohne Hindernisse geht es anscheinend nicht. Schon die WM-Vorbereitung war holprig mit gleich 15 Absagen. Und dann ging es mit drei Niederlagen los. Seitdem musste jedes Spiel gewonnen werden, aber das tat das DEB-Team dann einfach.
    Auch im Halbfinale gegen die USA ging es erstmal wieder schlecht los. 0:2 lag Deutschland nach nicht mal vier Minuten zurück. "Das hat sicherlich auch mit den Nerven zu tun gehabt, dass der Moment ein bisschen zu groß war", sagte Sturm. "Aber wir haben gelernt, durch diese Phasen durchzugehen."

    "Wichtigster Treffer meiner Karriere"

    So kam es auch am Samstag. Erst glichen Tiffels und Maksymilian Szuber aus, und auch von der erneuten Führung der US-Amerikaner ließen sich die Deutschen nicht nervös machen. Knapp eineinhalb Minuten vor dem Ende traf Marcel Noebels zum 3:3, in der Verlängerung schoss Tiffels dann den "wichtigsten Treffer meiner Karriere". Danach sprangen Spieler, Trainer und Betreuer wild durcheinander.
    Warum dieses Team auf jeden Rückschlag eine Antwort hat? Weil es im Gegensatz zu früheren deutschen Eishockey-Generationen mental noch ein wenig stärker ist als mit Schläger und Puck. Moritz Müller sagt:

    Der Schlüssel ist der Glaube daran, dass wir mit den Großen mithalten können.

    Moritz Müller

    Der Kapitän führt weiter aus: "Vor Jahrzehnten wurde das Spiel nicht auf dem Eis, sondern in der Kabine im Vorfeld verloren. Weil der Glaube an sich selber nicht da war. Das ist jetzt anders."

    Alles begann mit Marco Sturm

    Für diesen Kulturwandel sorgte erst Bundestrainer Marco Sturm, der die DEB-Auswahl 2018 sensationell zu Olympia-Silber führte. Fortgeführt wurde das durch Nachfolger Toni Söderholm, unter dem es 2021 schon mal in ein WM-Halbfinale ging. Nun ist Harold Kreis hinter der Bande, der selbst nach den drei Niederlagen zum Turnierstart entspannt blieb.
    Die "sehr ruhige Art" des Bundestrainers übertrug sich auf seine Spieler, sagt Moritz Seider: "Er kann unheimlich gut motivieren und weiß genau, was er wann wie sagen muss."
    Aber diese Trainer-Spieler-Beziehung ist keine Einbahnstraße. "Ich bin gut aufgehoben bei dieser Mannschaft", sagte Kreis schon nach dem Viertelfinale und war dabei den Tränen nahe.

    Kein Problem mit der Außenseiterrolle

    Auch für ihn, den 64-Jährigen, der alles erlebt zu haben schien, sind diese WM-Tage von Tampere und Riga ein Höhepunkt der Karriere. Der größte soll nun am Sonntagabend (ab 19:20 Uhr) folgen. Gegen Kanada könnten die Deutschen erstmals Eishockey-Weltmeister werden.
    Natürlich sind sie gegen das Mutterland des Eishockeys wieder Außenseiter, aber das hat sie zuletzt ja auch nicht gestört, wie Sturm sagte:

    Jetzt sind wir so weit gekommen, jetzt können wir auch noch ein Spiel gewinnen.

    Nico Sturm

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