Frauen-WM 2027: Welcher Austragungsort setzt sich durch?

    Vergabe der Frauen-WM 2027:Beim DFB drohen lange Gesichter

    von Frank Hellmann
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    Beim FIFA-Kongress wird entschieden, wo die Frauen-WM 2027 stattfindet. Brasilien hat gegenüber der Bewerbung von Belgien, Niederlande und Deutschland angeblich Vorteile.

    FIFA-Trophäe der Fußball-WM der Frauen wird auf einem pinken Sockel auf einem Fußballfeld präsentiert
    Noch ist unklar, wo die Frauen-WM 2027 stattfinden wird. Brasilien gilt bisher als Favorit. Deutschland hat gemeinsam mit Belgien und den Niederlanden eine Bewerbung eingereicht.
    Quelle: dpa

    Auch die Regierungschefs aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland haben sich hinter der gemeinsamen Bewerbung für die Fußball-WM der Frauen 2027 versammelt: In einem gemeinsamen Videoclip betonen Belgiens Premierminister Alexander De Croo, der niederländischen Ministerpräsident Mark Rutte und Bundeskanzler Olaf Scholz, welche Ehre es wäre, die Endrunde der weltbesten Fußballerinnen im Dreiländereck vom 18. Juni bis 18. Juli 2027 auszurichten.

    Lasst uns gemeinsam Geschichte schreiben und die Kraft des Fußballs feiern, Millionen Frauen auf der Welt zu vereinen und zu inspirieren. Ich hoffe wir sehen uns im Jahr 2027.

    Bundeskanzler Olaf Scholz

    Der Appell geht auch an den 74. FIFA-Kongress im fernen Bangkok, wo sich die Delegierten der 211 Mitgliedsverbände am Freitag ab 9.30 Uhr Ortszeit (4.30 Uhr MESZ) durch eine umfangreiche Tagesordnung kämpfen. Bei Punkt 11 wird über den Ausrichter der nächsten Frauen-WM entschieden.
    Von ursprünglich vier Kandidaten steht neben den Europäern nur noch Brasilien zur Wahl, weil erst Südafrika, dann die USA und Mexiko zurückgezogen haben. Deren wirtschaftlich potente Kandidatur ist nun für 2031 vorgesehen, weil bereits die Klub-WM (2025) und die WM der Männer (2026) in Nordamerika steigen.
    Markus Harm
    Brasilien, nicht die deutsche Co-Bewerbung sei Favorit für die Frauen-WM 2027. Das liege an dem "fragwürdigen Deal", mit dem die FIFA die WM 2034 nach Saudi-Arabien vergeben habe.16.05.2024 | 2:48 min

    DFB-Delegation gibt sich kämpferisch

    Die von Präsident Bernd Neuendorf angeführte Delegation des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), zu der mit Erfolgstrainerin Silvia Neid und Sportdirektorin Nia Künzer als Botschafterinnen weltweit bekannte Gesichter des Frauenfußballs gehören, spürt im hochmodernen Queen Sirikit National Convention Center, nur noch Außenseiter zu sein.

    Wir werden alles reinwerfen, dass wir am Ende des Tages doch die Nase vorne haben.

    DFB-Chef Bernd Neuendorf

    Seine im Frauenfußball bestens vernetzte Generalsekretärin Heike Ullrich hat enorm viel Arbeitskraft und Überzeugung reingesteckt, für die Vorteile der kompakten Bewerbung im Herzen von Europa zu werben, die "umfassend, innovativ, verlässlich und umsetzbar" sei. Mit kurzen Wegen, guter Organisation und hoher Akzeptanz. "Unser Ziel ist es, die WM auf ein neues Level zu heben." Kann das Brasilien auch bieten, wo es Frauen im Sport und in der Gesellschaft noch ungleich schwerer haben?

    Vorteil Nachhaltigkeit, Nachteil rechtliche Risiken

    DFB-Projektleiter Patrick Kisko hat zudem die "kommerziell erfolgreichste Frauen-WM aller Zeiten" versprochen und will wohl rund 700 bis 800 Millionen Euro mit dem Turnier erlösen. 2,5 Millionen Tickets sollen verkauft werden. Deutschland hat sich mit den großen Stadien in Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln beworben, um die Reisewege in die Nachbarländer kurz zu halten.
    Die Nachhaltigkeit wurde von der FIFA zwar gelobt, im Gegenzug aber die rechtlichen Risiken scharf kritisiert, weil staatliche Unterstützungsdokumente abgeändert worden seien. Daraus würden "erhebliche operative und finanzielle Probleme" folgen, monierten die Inspekteure. Der Weltverband will bei einer WM schalten und walten wie er will. Deshalb findet sich an dieser Stelle ein roter Punkt ("hohes Risiko") bei den Europäern, deren Regierung und Verbände der FIFA keinen Blankoscheck ausstellen wollen.

    Evaluierungsbericht WM 2027
    :Rückschlag für DFB und europäische Bewerbung

    Der Evaluierungsbericht der FIFA für die Fußball-WM der Frauen 2027 liegt auf dem Tisch. Ein Rückschlag für die gemeinsame Bewerbung von DFB, Belgien und den Niederlanden.
    von Frank Hellmann
    Die Deutschen Frauen-Nationalmannschaft mit prominenter Unterstützung auch für die Bewerbung um die WM 2027.

    Sportpolitische Winkelzüge

    Vergabe von WM-Endrunden sind komplexe Entscheidungen, die viel über das Machtgefüge aussagen - und da hat Europa, insbesondere Deutschland, mit seiner Kardinalkritik am WM-Ausrichter in Katar bei FIFA-Präsident Gianni Infantino viel Vertrauen verspielt.
    Hinzu kommt: Die obskure Männer-WM 2030 auf drei Kontinenten, aber nur drei Spielen in Südamerika, und dem fast sicheren Zuschlag 2034 für Saudi-Arabien nähren den Bedacht, dass der Kontinentalverband Südamerikas (CONMEBOL) über das asiatische Stimmenpaket mit der Frauen-WM 2027 entschädigt werden könnte.
    Es wäre einer der typischen Deals, die Infantino hoffähig gemacht hat. Nach der elektronischen Abstimmung ist immerhin öffentlich einsehbar, wer für wen gevotet hat. Für den DFB wäre es ein schwacher Trost, wenn es lange Gesichter gäbe.

    Der kürzlich veröffentlichte FIFA-Evaluierungsbericht sieht in der ersten Frauen-WM in Südamerika kaum nennenswerte Risiken. Im Gegenteil: In dem Report bekam Brasilien 4,0 von 5 möglichen Punkten, die gemeinsame Bewerbung aus Belgien, Niederlande und Deutschland lag bei 3,7 Punkten. Die Infrastruktur (Stadien, Teamquartiere, Hotels, IBC und Fanfestivals) zählte zu 70 Prozent, die Wirtschaftlichkeit zu 30 Prozent.

    Brasilien hatte überraschend auch bessere Noten bei den Stadien bekommen, die von der Männer-WM 2014 ein deutlich größeres Fassungsvermögen gegenüber der Drei-Länder-Bewerbung aus Europa aufweisen. Insbesondere Belgien hat nur kleine Stadien in Brüssel, Charleroi, Genk und Gent benannt. Gleichwohl gibt man sich in DFB-Kreisen weiter hoffnungsvoll: Die Evaluierung sei nur eine "Orientierung, aber keine Bindung". Das Protokoll für den FIFA-Kongress sieht aber vor, dass vor der Abstimmung noch einmal auf den Evaluierungsbericht eingegangen wird.

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