Wohin geht der Weg der Frauen-Bundesliga?

    Rekorde, Stars, TV-Erlöse:Wohin führt der Weg der Frauen-Bundesliga?

    von Ralf Lorenzen
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    Mehr TV-Einnahmen, Rekordzuschauerzahlen, Spielerinnen mit Starfaktor - die Frauen-Fußball-Bundesliga boomt. Der Weg zur weiteren Professionalisierung ist aber umstritten.

    Bolzplatz
    Die Frauen-Fußball-Bundesliga boomt, die Professionalisierung geht voran. Alles gut also? Eher nicht. Die Eliteklasse ist noch keine Profiliga, der Weg dorthin aber umstritten.25.04.2024 | 12:57 min
    Kaum eine andere Sportart hat in den letzten Jahren eine so rasante Zuschauerentwicklung hinter sich wie der Fußball der Frauen. Wenn man die Corona-Delle ausblendet, stieg der Zuschauerschnitt in der Frauen-Bundesliga in den letzten vier Jahren von etwa 650 auf durchschnittlich etwa 3200 Zuschauer pro Spiel, also fast um das Fünffache. Die Gründe sind klar: attraktiveres Spiel plus erhöhte Sichtbarkeit.
    "Das sieht insgesamt als Paket viel, viel attraktiver, sportlicher, dynamischer aus", sagt Spielerberater Jörg Neblung im Bolzplatz. "Wir können inzwischen alle Vereine und alle Spiele im Fernsehen sehen."

    Urknall durch WM 2022 in England

    Nachdem die Entwicklung des Frauenfußballs im Vergleich zu anderen europäischen Nationen jahrelang verschlafen wurde, hat die Frauen-WM 2022 in England auch in Deutschland zu einem Urknall geführt.
    "Das war wirklich phänomenal", sagt ZDF-Reporterin Katja Streso im Bolzplatz. "Die Stimmung, die da transportiert wurde, war mit dem Sommermärchen 2006 zu vergleichen."

    Social-Media-Stars Gwinn und Oberdorf

    Das WM-Finale war 2022 das meistgesehene Sportereignis des Jahres im deutschen TV. Die Follower-Zahlen für einzelne Spielerinnen wie Giulia Gwinn oder Lena Oberdorf schossen in die Hunderttausende, alle profitierten vom neuen, um das 16-Fache auf 5,175 Millionen Euro pro Jahr erhöhten TV-Vertrag. Alles gut also?
    "Nicht mal die Hälfte aller Spielerinnen können vom Profifußball leben, sogar weit weniger", sagt Sportjournalist und Podcaster Max-Jacob Ost. "Die Belastung für die Spielerinnen ist aber sehr groß und manchmal auch zu hoch."
    Giulia Gwinn, Lea Schueller und Laura Freigang (von rechts) jubeln über das Tor zum 3:2-Sieg im EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am 05.04.2024.
    Heimlich, still und leise ändern sich für Giulia Gwinn die Prioritäten. Die Kapitänsbinde, die sie auch im EM-Qualifikationsspiel gegen Island trägt, kennzeichnet dies.09.04.2024 | 28:37 min
    Die TV-Gelder werden im Unterschied zu den Männern in der Frauen-Bundesliga zwar gleich verteilt, sehr ungleich ist aber die Bezuschussung durch die Stammvereine. Das führt zur Dominanz von Bayern München und dem VfL Wolfsburg, die seit Jahren die Meisterschaft unter sich ausmachen.

    Kein gerechter Wettbewerb möglich

    Bayern Münchens Torfrau Mala Grohs profitiert zwar von den guten Bedingungen in ihrem Klub, bekommt im Liga-Alltag aber auch mit, wo andernorts der Schuh drückt. "Man denkt immer, das sind nur Kleinigkeiten, aber das summiert sich halt, wenn nicht mal jedes Team in der Bundesliga ihre eigene Kabine am Trainingsgelände hat", sagt Grohs.

    Wenn man auf alles schaut, dann ist einfach kein gerechter Wettbewerb möglich.

    Mala Grohs, Torhüterin bei Bayern München

    Zur Förderung des Mädchenfußballs hat der DFB eine Reform angestoßen. Ab der Saison 2024/25 soll die B-Juniorinnen-Bundesliga mit ihren drei regionalen Staffeln nicht mehr ausgetragen werden. Dafür wird es einen DFB-Vereinspokal der Juniorinnen auf Bundesebene geben.

    Zudem werden Förder- und Leistungszentren weiblich (FLZW) eingeführt und die Teilnahme an einem gemischtgeschlechtlichen regionalen Spielbetrieb.

    Auch insgesamt ist finanziell noch viel Luft nach oben, wie der internationale Vergleich der TV-Erlöse zeigt, bei dem die Bundesliga hinter den Topligen weit zurücksteht.

    Definitiv muss es das Ziel sein, dass wir eine Profiliga haben, die diesem Namen auch gerecht wird.

    Spielervermittler Jörg Neblung

    Eine Bundesliga ohne DFB und DFL?

    Bei der Frage, wie dieses Ziel zu erreichen ist, gehen die Meinungen auseinander. Neblung glaubt, dass sich der Frauenfußball "genau in dieselbe Richtung entwickeln" wird wie der Männerfußball und kann darin auch positive Aspekte sehen.
    Es sei spannend, wenn irgendwann in der ersten Liga Vereine mit großer Fanbasis, wie Bayern München und Borussia Dortmund, gegeneinander antreten "und Fans zu den Frauen rüberziehen, um da dann für Stimmung zu sorgen".
    Enttäuschte Spieler der U17 Nationalmannschaft.
    Mehr Ballkontakte, weniger Erfolgsdruck - mit neuen Ansätzen versucht der DFB, die Misere im Nachwuchsfußball zu beheben. Andere Länder wie Portugal sind da längst weiter.20.04.2024 | 43:30 min
    Die Unternehmerin und Co-Gründerin des FC Viktoria Berlin, Verena Pausder, träumt dagegen davon, dass "Frauenfußball nicht nur ein Abklatsch der Männer wird, sondern etwas ganz Eigenes". Einen Weg dahin sieht sie in einer eigenständigen Frauen-Bundesliga ohne DFB und DFL.

    Fußball zum Wohlfühlen 

    "Das Tolle am Frauenfußball ist, dass viel weniger gegeneinander läuft", sagt Pausder. "Wir brauchen keine Fantrennung." Beim Frauenfußball könnten ganz unterschiedliche Menschen ins Stadion kommen und sich da wohlfühlen.

    Ich glaube, wir machen den größten Fehler, wenn wir mit dem Frauenfußball irgendwann so sein wollen wie die Männer. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen.

    Verena Pausder, Co-Gründerin des FC Viktoria Berlin

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