Vierschanzentournee: Wellingers Showdown am Schicksalsberg

    Vierschanzentournee:Wellingers Showdown am Schicksalsberg

    von Lars Becker
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    Das dritte Vierschanzentournee-Springen in Innsbruck ist traditionell ein schwieriges Pflaster für die deutschen Flieger. Wie übersteht Andreas Wellinger die Bewährungsprobe?

    Skispringen: Andreas Wellinger.
    Noch führt er in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee: Andreas Wellinger.
    Quelle: afp

    Andreas Wellinger hat für das Springen am Schicksalsberg Bergisel (ab 13:10 live im ZDF) nur einen Wunsch. "Ich hoffe, dass die Wind-Bedingungen halbwegs fair sind. Ansonsten ist das halt eine Lotterie - da kannst du den Würfel nehmen und entweder du hast Glück oder eben nicht", sagt der Halbzeit-Spitzenreiter der Vierschanzentournee vor der dritten Tournee-Station in Innsbruck.

    Vierschanzentournee
    :Vierschanzentournee in Innsbruck

    sportstudio live mit der Vierschanzentournee der Skispringer in Innsbruck/Österreich. Außerdem: Das Weltcup-Springen der Skispringerinnen in Villach/Österreich.
    Der norwegische Skispringer Daniel Andre Tande bei der Vierschanzentournee am Bergisel in Innsbruck
    Was dann passieren kann, zeigte die windumtoste Qualifikation am Dienstag. Wellinger stürzte auf Platz 15 ab - 14,4 Punkte hinter seinem japanischen Erzrivalen Ryoyu Kobayashi. In nur einem Sprung - und im Wettbewerb gibt es zwei. Würde im Springen Ähnliches passieren, wäre der Mini-Vorsprung von Wellinger in der Tournee-Gesamtwertung von nur 1,8 Punkten (umgerechnet genau ein Meter) nicht nur futsch, sondern der Rückstand vor dem Finale am Samstag in Bischofshofen riesig.

    Wellinger in der Qualifikation schwach

    "Innsbruck ist immer richtig tricky und spannend, wenn der Wind um die Schanze tost. Da kannst du viele Punkte gewinnen oder verlieren", sagt auch Lokalmatador Stefan Kraft. Selbst der Gesamtweltcup-Spitzenreiter aus Österreich hat den Kampf um die 100.000 Schweizer Franken und den Goldenen Adler für den Tournee-Gesamtsieger trotz eines Riesen-Rückstandes von 25,2 Punkten (14 Meter) auf Wellinger noch nicht aufgegeben.
    Und auch der Slowene Anze Lanisek, zuletzt als Sieger beim Neujahrsspringen und Gewinner der Qualifikation in Innsbruck der beste Springer, hofft trotz 38,2 Zählern Rückstand (gut 21 Meter) noch auf eine Sensation.
    Skispringer Andreas Wellinger bei der Qualifikation zum Vierschenzentournee-Springen in Innsbruck
    Andreas Wellinger wird in der vom Wind beeinflussten Innsbruck-Quali 15. Für Tournee-Rivale Ryoyu Kobayashi (Japan) läuft es besser. Anze Lanisek (Slowenien) siegt.02.01.2024 | 0:42 min
    Denn diese hoch über Innsbruck thronende Schanze ist dem oft über den Alpen wehendem Föhn ausgesetzt. Fast an keiner anderen Schanze auf diesem Planeten wechseln die Bedingungen in Sekundenschnelle zwischen tragendem Aufwind und einer zu Boden drückenden Brise von hinten. Es ist hier ein bisschen wie im Casino in dieser legendären Skisprung-Arena.

    Dramen der DSV-Adler

    Vor allem deutschen Flieger haben auf der dritten Tournee-Station schon viele Dramen erlebt, weshalb der Bergisel gern als deutscher Schicksalsberg bezeichnet wird. Martin Schmitt, der letzte deutsche Richard Freitag und Severin Freund büßten hier nach Stürzen alle Chancen auf den Gesamtsieg ein. In den letzten vier Jahrzehnten gab es in Innsbruck nur drei deutsche Tagessiege durch Jens Weißflog (1984), Sven Hannawald (2002) und Richard Freitag (2015).
    ZDF-Skisprung-Experte Severin Freund
    Schicksalsschanze Bergisel: ZDF-Skisprung-Experte Severin Freund über die Schanze in Innsbruck, die schon einige Favoriten-Träume platzen ließ.02.01.2024 | 2:31 min
    Doch nicht einmal dieses schlechte deutsche Tournee-Karma von Innsbruck kann Andreas Wellinger schocken: "Es gab zwar Stürze dort, aber das lag nicht daran, dass Richard Freitag oder Severin Freund schlecht Ski gesprungen sind. Und ich weiß, dass Markus Eisenbichler und Karl Geiger hier Gold und Silber bei der WM gewonnen haben und anschließend noch den Titel im Team geholt haben." Das war bei der WM 2019.
    Wellinger musste damals beim Mannschaftsspringen als Ersatz zuschauen. Diesmal will der Doppel-Olympiasieger der Hauptdarsteller sein und die Bewährungsprobe an der "launischen Diva" Bergisel bestehen. Dass er die Schanze beherrscht, hat Wellinger schon 2018 bewiesen: Damals landete er als Dritter auf dem Podest und schaffte später als Zweiter der Gesamtwertung seine bisher beste Tournee-Platzierung.

    Hannawald setzt auf Wellinger

    Diesmal will Wellinger allerdings nach ganz oben und nach 22 Jahren endlich den deutschen Tournee-Fluch brechen. Der letzte deutsche Gesamtsieger Sven Hannawald traut ihm den Coup auch wegen seiner momentanen Lockerheit zu: "Er ist die Frohnatur mit lockeren Sprüchen geblieben, die er schon immer war. Aber gleichzeitig bleibt Andi jetzt bei sich, rastet nicht aus", so Hannawald.
    "Ich traue ihm deshalb zu, dass er durchzieht bei dieser Tournee. Es wird aber auch Zeit, dass ich einen Nachfolger bekomme." Wenn ihm der Wind am deutschen Schicksalsberg keinen Strich durch die Rechnung macht.

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