CO2-Speicherung in der Nordsee: Was die CCS-Technik bedeutet

    FAQ

    Einsatz von CCS-Technik:CO2-Speicherung in der Nordsee: Worum es geht

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    Wirtschaftsminister Habeck will die CO2-Speicherung unter dem Meer ermöglichen. Aber was hat es mit der CCS-Technik auf sich und welche Risiken bestehen? Fragen und Antworten.

    Vorstellung der Carbon Management-Strategie
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    Um die Klimaziele zu erreichen, soll schädliches CO2 in Deutschland künftig auch im Boden gespeichert werden - zumindest in der Nordsee. Es gehe vorrangig darum, Emissionen aus Branchen abzufangen, die nach aktuellem Stand nur schwer oder gar nicht klimaneutral werden könnten, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
    Was die sogenannte CCS-Technik genau ist und wo CO2 in Deutschland gespeichert werden soll, die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Was ist CCS?

    CCS steht als englische Abkürzung für "Carbon Dioxide Capture and Storage". Gemeint ist die Abscheidung, also Trennung, und unterirdische Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2), das beispielsweise in Industrieanlagen und bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entsteht.
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    Mit energieintensiven Verfahren wird das Treibhausgas eingefangen, verflüssigt und dann etwa in den Meeresgrund gepresst und eingelagert. Das soll verhindern, dass das CO2 in die Atmosphäre gelangt und die Erderwärmung beschleunigt.

    Gibt es Risiken und wird CCS international schon eingesetzt?

    Habeck betonte:

    Diese Technologie ist sicher. Risiken sind - wie die im Bergbau oder in der Chemieindustrie - managebar.

    Robert Habeck, Wirtschaftsminister

    Schon seit 1996 wird CCS nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im industriellen Maßstab etwa in der Nordsee vor der Küste Norwegens eingesetzt. Als problematisch sieht das Umweltbundesamt vor allem den enormen zusätzlichen Energieaufwand.
    Im Normalbetrieb seien in aller Regel keine gesundheitlichen Auswirkungen für den Menschen zu erwarten. Risiken gebe es jedoch durch Unfälle, bei denen CO2 schlagartig entweiche, oder durch eine allmähliche Freisetzung. Durch Leckagen könnten auch Risiken für das Grundwasser und für den Boden entstehen.
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    Wo soll die Speicherung in Deutschland erlaubt werden?

    Vorerst ist das nur offshore, vor der Küste, in der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) vorgesehen. Das ist ein Teil der Nordsee, bis zu 200 Seemeilen von der Küstenlinie entfernt. Meeresschutzgebiete werden ausgenommen. Eine Speicherung an Land, zum Beispiel in ehemaligen Gas- und Erdöllagerstätten, soll vorerst ausgeschlossen bleiben.
    Sollten die Bundesländer darum bitten, könne man darüber aber diskutieren, sagte Habeck. Das CO2 soll über ein noch aufzubauendes Netz an Pipelines zum Speicherort gebracht werden.

    Was soll das bringen mit Blick auf den Klimaschutz - und welche Befürchtungen gibt es?

    Fachleute sind sich weitgehend einig, dass CCS als Ergänzung nötig ist, um manche Industrien klimaneutral zu machen. Das deutsche Klimaziel - Klimaneutralität bis 2045 - sei nur mit CO2-Speicherung zu erreichen, sagte der deutsche Klimaforscher Ottmar Edenhofer.
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    Umstritten ist jedoch, ob die Technik auch dort ermöglicht werden soll, wo sich CO2-Emissionen grundsätzlich vermeiden lassen. Umweltverbände warnen, dass es dadurch mit dem Klimaschutz noch langsamer vorangehen könnte. Wenn CO2 wieder eingefangen werden könne, werde man sich weniger um vorherige Vermeidung bemühen.

    Wie geht die Bundesregierung auf die Befürchtungen ein?

    Habeck betonte:

    Im Zentrum unserer Anstrengungen steht immer, Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen.

    Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

    Der strategische Fokus der CCS-Strategie liege auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen, die zum Beispiel bei der Abfallverbrennung oder in der Zementindustrie anfallen, auch wenn man erneuerbare Energien einsetzt. In solchen Branchen will die Bundesregierung die effizientesten Projekte auch finanziell fördern.
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    Bei der Energieproduktion, wo Emissionen vermeidbar sind, soll es keine Förderung geben. Kohlekraftwerke sollen außerdem keinen Zugang zum Pipeline-Netz bekommen, weil es beim Kohleausstieg bleiben soll.
    Bei Gaskraftwerken sieht das zum Missfallen von Umweltschützern anders aus. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller bezeichnete es als falsches Signal, auch die Emissionen fossiler Kraftwerke einzubeziehen. Er mahnte:

    Der Fokus muss weiter klar auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen liegen.

    Leif Miller, Bundesgeschäftsführer Naturschutzbund Deutschland

    Ist die Bundesregierung schon einig? Und wie geht es weiter?

    Bisher hat Habeck die geplante Reform mit dem Kanzleramt und dem Finanzministerium vorbesprochen. Es gebe damit eine grundsätzliche Einigkeit der Koalitionspartner, sagte er. Doch die offizielle Abstimmung mit allen Bundesministerien läuft noch.
    Allerdings sagte Lisa Badum aus Habecks eigener Grünen-Fraktion bereits: "CCS bei Gaskraftwerken lehnt die grüne Bundestagsfraktion ab."
    Quelle: dpa

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