Weltklimakonferenz: Dubai – Freie Wirtschaft, strenger Staat
Weltklimakonferenz am Golf:Dubai - Freie Wirtschaft, strenger Staat
von Eva Schmidt
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Die Vereinigten Arabischen Emirate laden in Dubai zur Weltklimakonferenz: Während Unternehmen alle Freiheiten genießen, bleibt der Staat autoritär und rückwärtsgewandt.
"Es ist das erste Mal, dass ein Entwicklungsland einzahlt, nämlich mit den Vereinigten Arabischen Emiraten", berichtet ZDF-Klimaexperte Andreas Stamm aus Dubai über die COP28.01.12.2023 | 3:38 min
Eine künstliche Palmeninsel, gepaart mit dem Glitzer der höchsten Gebäude der Welt: Die Silhouette von Dubai, der Hauptstadt des Emirats Dubai und Austragungsort der Weltklimakonferenz COP28, demonstriert selbstbewusst den Aufstieg von einer kleinen Wüstenstadt zu einem Weltwirtschaftszentrum. Kaum vorstellbar, dass vor zwei Generationen die Menschen hier noch von Fischfang und Perlentauchen lebten.
Dubai ist eines von sieben Emiraten am Golf, die sich zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, kurz VAE, zusammengeschlossen haben. Das Gastgeberland der COP28 vermarktet sich als klimafreundlich und innovativ - doch es gibt auch Kritik.
Auf der Klimakonferenz COP28 beraten fast 190 Staaten Maßnahmen gegen den Klimawandel. Unsere Korrespondenten in Brasilien, China und den USA berichten dazu aus ihren Ländern.01.12.2023 | 3:26 min
Experte: Klimafreundliches Narrativ "funktioniert ganz gut"
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die fünftgrößten Öl- und Gasreserven der Welt, davon liegen 90 Prozent in Abu Dhabi, vier Prozent in Dubai und der Rest in den anderen Emiraten. Gemeinsam sind sie Teil des Erdölförderkartells OPEC.
Wie steht es um die Klimapolitik im Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate?24.11.2023 | 4:39 min
Die VAE wollen ihre Rohstoffe so lange ausbeuten, wie es eine starke Nachfrage danach gibt. Um gleichzeitig die Einnahmen aus dem Geschäft ausgerechnet dafür zu nutzen, sich von diesen Rohstoffen unabhängig zu machen. Nahost-Experte Thomas Demmelhuber von der Universität Erlangen-Nürnberg sagt:
Demnach wirbt etwa das staatliche Ölförderunternehmen Adnoc im Zuge eines neuen Erschließungsprojekts mit der emissionsfreien Förderung von Rohstoffen. "Das ist Greenwashing, denn natürlich entsteht anschließend beim Verbrennen fossiler Energieträger CO2", sagt Demmelhuber. "Aber dass die Weltklimakonferenz jetzt ausgerechnet in Dubai stattfindet, zeigt doch, dass das Narrativ ganz gut funktioniert."
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Emirate sind "kein Billigstandort"
Dubai hat als erstes unter den Emiraten darauf gesetzt, die Wirtschaft unabhängig zu machen von Bodenschätzen. Heute prangen in der Freihandelszone "Dubai Internet City" Firmenschilder von IBM, Cisco, Nokia, Siemens, Microsoft und vielen anderen. Nicht nur bei den Tech-Konzernen ist Dubai wegen der Steuerfreundlichkeit und liberalen Geschäftskultur beliebt. Immobilien, Finanzdienstleistungen, Logistik und Tourismus machen heute die wichtigsten Einnahmequellen aus.
Etwa 1.200 deutsche Unternehmen sind in den VAE bereits mit eigenen Niederlassungen vertreten, erklärt Oliver Oehms von der deutschen Auslandshandelskammer für die Golfregion. "Für so ein recht kleines Land ist das viel." Die Digitalisierung sei weit fortgeschritten und es gebe viele gute Fachkräfte aus Indien oder Pakistan.
Warum es die Industrie nicht in die VAE zieht
Von den Emiraten aus wickelten deutschen Unternehmen inzwischen Geschäfte über die Region hinaus bis hin nach Afrika ab. Die Industrie allerdings zieht es bislang nicht in die Emirate - trotz der niedrigen Energiekosten. Zum einen seien die Märkte am Golf nicht relevant genug, erläutert Oliver Oehms, zum anderen fehle es in den Emiraten an guten Universitäten und damit verbunden auch an Forschung und Entwicklung.
Der COP28-Gastgeber will die Energiewende beschleunigen - aber nicht mit dem Öl brechen.
von Golineh Atai
mit Video
Einen weiteren Standortnachteil spricht Nahost-Experte Demmelhuber an: Die Emirate seien "autokratische Überwachungsstaaten" und keine Demokratien. Auch die Loslösung vom Öl- und Gasgeschäft sei zumindest in Abu Dhabi noch lange nicht abgeschlossen. Schließlich sei der Chef der staatlichen Ölgesellschaft Adnoc gleichzeitig Gastgeber der Weltklimakonferenz. "Daran zeigt sich, dass der Sprung in das Post-Öl-Zeitalter ein Bild ist, das nach außen und innen inszeniert wird."
Der Adnoc-Chef sei "hundertprozentig loyal zur Herrscherfamilie in Abu Dhabi", betont Demmelhuber. Auch das angespannte geopolitische Umfeld an der Straße von Hormus sollten Investoren im Blick behalten, empfiehlt der Nahost-Experte. Und wie schätzt Oliver Oehms, der vor Ort die Interessen der deutschen Unternehmen vertritt, die Situation ein? Die Region sei Krisen und Kriege über viele Jahrzehnte hinweg gewöhnt, man habe gelernt, mit den Spannungen umzugehen.