Experte zu Intel-Subventionen: "Da wird mir schwindelig"

    Interview

    Zehn Milliarden Euro für Intel:Experte: "Da wird mir schwindelig"

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    Intel soll Subventionen in Milliardenhöhe von der Bundesregierung erhalten. Aber löst das die Probleme bei der deutschen Digitalisierung? Wirtschaftsexperte Haucap ordnet ein.

    Gespräch zwischen Haucap und Sieverts.
    Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap sieht die Investition der Regierung in die Intel-Fabrik kritisch. Man löse das Problem damit nur für ein Unternehmen - nicht strukturell.19.06.2023 | 6:28 min
    Der Deal scheint perfekt: Der US-Chiphersteller Intel baut in Magdeburg neue Produktionsstätten, die Bundesregierung subventioniert das Vorhaben mit zehn Milliarden Euro. Vertreter der Bundesregierung und des Konzerns unterschrieben nach einem Treffen in Berlin eine Absichtserklärung, wie das Bundeswirtschaftsministerium und Intel mitteilten.
    Intel plant in Magdeburg nach eigenen Angaben insgesamt Investitionen von mehr als 30 Milliarden Euro und soll dafür im Gegenzug die Subventionen erhalten.
    Doch ist diese massive Unterstützung durch den deutschen Staat überhaupt angemessen? Und welche Standortnachteile gibt es in Deutschland? Wirtschaftsexperte Justus Haucap ordnet das Vorhaben der Bundesregierung im heute journal ein.
    Sehen Sie oben das Interview in voller Länge oder lesen Sie es nachfolgend in Auszügen. Das sagt Justus Haucap über ...

    ... die Höhe der geplanten Subventionen für Intel

    Haucap sieht die geplanten zehn Milliarden Euro für Intel kritisch:

    Da wird mir schwindelig, das ist schon eine wahnsinnig hohe Summe.

    Justus Haucap, Wirtschaftsexperte

    "3.000 Arbeitsplätze, zehn Milliarden Euro, das sind also 3 Millionen ungefähr pro Arbeitsplatz." Selbst wenn man einberechne, dass noch viele Arbeitsplätze darum herum entstehen würden, sei das doch sehr viel Geld, so Haucap. Für ihn sei unklar, ob diese Wertschöpfung "jemals wieder reingeholt" werden könne.

    ... ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Direktor am Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE).

    Der als Verfechter des möglichst wenig reglementierten Wettbewerbs bekannte VWL-Professor fungierte beispielsweise von Juli 2008 bis Juli 2012 als Vorsitzender der Monopolkommission und gehörte diesem wichtigen Beratergremium der Bundesregierung anschließend noch bis 2014 als Mitglied an.

    In dieser Funktion war er häufig in den Medien präsent und vertrat dabei meist strikt marktwirtschaftliche Positionen, zum Beispiel als Gegner von branchenspezifischen Lohnuntergrenzen, als Kritiker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder als Gegner des Leistungsschutzrechtes für Presseverleger.

    ... die Standortnachteile Deutschlands

    Laut Haucap sehe man, dass große Unternehmen nicht von alleine nach Deutschland kommen würden. Man müsse "einen großen Topf aufmachen um sie überhaupt anzulocken."
    Gründe dafür seien unter anderem:
    • hohe Energiekosten,
    • hohe Steuerkosten,
    • Fachkräftemangel,
    • Defizite in der öffentlichen Infrastruktur und öffentlichen Verwaltung
    Man müsse ran an die Standortbedingungen, "aber wenn man sagt, wir versuchen das Problem zu lösen, indem wir möglichst viel Geld drauf werfen, dann löst man das jetzt ein Mal für ein Unternehmen, aber natürlich nicht strukturell."
    Olaf Scholz und die Intel-Geschäftsführer unterzeichnen den Vertrag.
    Die Regierung will den Bau einer Intel-Chipfabrik in Magdeburg mit knapp 10 Milliarden Euro unterstützen. Das soll Deutschlands Abhängigkeit von globalen Lieferketten verringern.19.06.2023 | 3:05 min

    ... mögliche andere Verwendungszwecke der Subventionen

    Angesichts dieser Standortnachteile sei es eigentlich gar nicht schlecht, dass man versuche, die Wirtschaft in bestimmten Bereichen in Schwung zu bringen.

    Aber bei der Digitalisierung haben wir tatsächlich Nachteile und Nachholbedarf.

    Justus Haucap, Wirtschaftsexperte

    Das Problem werde laut Haucap allerdings nicht dadurch gelöst, dass Chips in Deutschland hergestellt werden, "die dann überall in die Welt exportiert werden, sondern das wir was tun für die digitale Infrastruktur, aber auch für die Forschung und Entwicklung".
    Quelle: Mit Material von AFP

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