Stromkonzerne wie RWE: Was bringt die Gewinn-Abschöpfung?
Abschöpfung von Zufallsgewinn:RWE und Co.: Wie die Gewinn-Abgabe verpufft
von Katja Belousova, Hans Koberstein, Jörg Moll
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Satte Gewinne für Stromkonzerne, während die Energiepreise ihre Kunden belasten: Trotz Gegenmaßnahmen der Ampel ist das Realität. Die Gründe sind hausgemacht.
Übergewinne der Stromerzeuger abschöpfen, um Verbraucher zu entlasten, so das Versprechen im vergangenen Jahr. Bis heute müssen Endkunden extrem gestiegene Energiekosten schultern.11.04.2023 | 9:07 min
2023 wird ein gutes Jahr für RWE. Daran ändern auch die umstrittene Räumung in Lützerath und der damit verbundene zusätzliche Image-Knacks wenig. Denn wie viele andere Energie-Riesen profitiert auch RWE von den Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Grund ist eine einfache Rechnung: Der Konzern verkauft seinen Strom direkt am Markt, dort sind in der Energiekrise die Preise explodiert, nicht aber die Erzeugerkosten der Braunkohlekraftwerke. Für RWE ergibt das: Riesengewinne.
Bundesregierung wollte Zufallsgewinne abschöpfen
Die Bundesregierung nennt das "Zufallsgewinne" und hatte eigentlich beschlossen, diese abzuschöpfen, sie an die Verbraucher zurückzugeben - und damit die Strompreisbremse zu finanzieren.
Mit einer Strompreisbremse will die Bundesregierung Folgen höherer Preise abfedern. Um das mitzufinanzieren, sollen "kriegs- und krisenbedingte" Überschusserlöse abgeschöpft werden. 15.12.2022 | 1:57 min
Doch es gibt Zweifel an dieser angestrebten "solidarischen Bewältigung der Energiepreiskrise". Denn Berechnungen, die ZDF frontal vorliegen, zeigen: Die Abschöpfung der Zufallsgewinne fällt bisher verhältnismäßig gering aus.
... begann am 1. Dezember 2022 und ist zunächst befristet bis Ende Juni 2023. Davon betroffen sind:
Anlagen, die erneuerbare Energiequellen zur Stromerzeugung nutzen
Nur ein Bruchteil des Braunkohlegewinns wird abgeschöpft
Tobias Federico von Energy Brainpool hat sich angeschaut, was die Abgabe zum Beispiel für Betreiber deutscher Braunkohlekraftwerke wie RWE bedeutet.
"Sie haben im Jahr 2022 tatsächlich das Zehnfache ihres normalen Gewinnes in den Vorjahren gemacht. Davon wird nichts abgeschöpft, weil das Gesetz da noch nicht galt. Wir haben aber tatsächlich jetzt, im Jahr 2023, die Erwartung, dass die Kraftwerksbetreiber tatsächlich noch mal etwa das Siebenfache ihres üblichen Gewinnes machen werden", erklärt Federico.
Das ist mit etwa einem Zehntel nur ein Bruchteil der Braunkohle-Zufallsgewinne. Dass nicht mehr abgeschöpft wird, liegt am Gesetz selbst. Das zuständige Wirtschaftsministerium stellte klar:
Inwieweit geben die Energieversorger die gedrosselten Preise an die Verbraucher weiter? Was können Verbraucher tun, um faire Preise durchzusetzen? Christina Wallraf, Energie-Expertin bei der Verbraucherzentrale NRW, im Gespräch.03.04.2023 | 6:06 min
Hätte Übergewinnsteuer mehr gebracht?
Dabei machen sogar Krisenprofiteure wie der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) deutlich: Der Staat hätte mehr einnehmen können, wenn er gewollt hätte.
"2022 haben durch die extrem hohen Strompreise die Erzeuger mit Wind- und Photovoltaik-Anlagen sehr hohe Erlöse gemacht. Nach unseren Berechnungen rund 8,9 Milliarden mehr Erlöse als das, was sie ursprünglich erwartet hatten", rechnet Karsten Neuhoff, Verantwortlicher für Klimapolitik beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), vor. Dazu komme der Extra-Profit für 2023. Insgesamt bleiben rund zwölf Milliarden Euro Übergewinne für die Branche, schätzt das DIW.
Abgeschöpft wird laut Erneuerbare-Energie-Verband aber auch hier nur ein Bruchteil: lediglich 250 Millionen Euro, hat der Verband berechnet. Das sei wenig, erklärt BEE-Geschäftsführer, Wolfram Axthelm. "Aus unserer Sicht wäre es besser gewesen, man hätte das über eine Steuer gelöst. Andere europäische Länder sind diesen Weg gegangen. Dort werden von den Übergewinnen dann zwischen zehn und 90 Prozent abgeschöpft", sagt der Cheflobbyist der Wind- und Solarbranche.
FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stemmt sich bei Markus Lanz gegen die Übergewinnsteuer. In Krisen gebe es immer auch Unternehmen, die viel an dieser Krise verdienen.18.08.2022 | 2:14 min
FDP bremste Übergewinnsteuer
Wenn selbst Krisenprofiteure sich für eine Übergewinnsteuer statt des komplizierten Abschöpfungsmechanismus aussprechen - warum kam sie dann nicht? Weil Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine FDP sich deutlich gegen die Übergewinnsteuer ausgesprochen haben. Deshalb entschied sich die Ampel 2022 nach langen Debatten erst spät - und dann auch nur für die Gewinnabschöpfung light.
Ob diese am Ende zur angekündigten "solidarischen Bewältigung der Energiepreiskrise" führt, bleibt fraglich. Das Finanzministerium hatte für die Strompreisbremse Kosten von mehr als 40 Milliarden Euro veranschlagt - doch die Strompreise sinken seit Monaten. Deshalb dürften die Kosten deutlich niedriger liegen.
Grafik: Strompreis an der Börse
Quelle: Montel
Im Gegenzug dürften nach aktuellem Stand etwas mehr als zwei Milliarden Euro durch die Verstromung der Hauptenergieträger Braunkohle und Wind abgeschöpft werden. Weitere Millionen dürften durch andere Branchen dazukommen. Aber wird das die staatlichen Ausgaben für die Strompreisbremse am Ende decken? Daran gibt es Zweifel.
Stromeinspeisung durch konventionelle und erneuerbare Energieträger
ZDFheute Infografik
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Wie es anders laufen kann, zeigt die kleine Stadt Dardesheim in Sachsen-Anhalt: Dort werden die Gewinne des Windparks von nebenan konsequent an die Verbraucher der Stadt weitergegeben - in Form vergünstigter Stromtarife. Dadurch spart zum Beispiel die fünfköpfige Familie Lewandowski um die 1.000 Euro im Jahr. "Das ist natürlich schon Wahnsinn, gerade mit drei Kindern", sagt Marika Lewandowksi ZDF frontal.
Dafür gesorgt hat nicht die Bundesregierung, sondern Bürgermeister und Windpark-Betreiber.
Und wie geht es bundesweit weiter? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärt ZDF frontal, das Abschöpfen von Zufallsgewinnen nicht weiterführen zu wollen - Ende Juni soll wie geplant Schluss sein. Die Option auf eine Verlängerung, die bis zum 30. April 2024 besteht, will der Wirtschaftsminister nicht ziehen.