Mondstaub: Warum das Material aus dem All so begehrt ist

    Ziegel und Glas aus dem All:Warum Mondstaub so begehrt ist

    Sylvia Bleßmann
    von Sylvia Bleßmann
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    Von wegen wüst und leer: In der pulvrigen Bodenschicht des Mondes stecken wahre Schätze. Eisen, Silizium, Titan - Forschende entdecken viel Nützliches im Staub des Erdtrabanten.

    Mond, groß
    Straßen bauen auf dem Mond, Landeplätze für Raketen, für all das muss Material durchs Weltall befördert werden - und das ist teuer. Warum also nicht den Mondstaub nutzen? 28.03.2024 | 5:54 min
    Lange war der Mond als Reiseziel aus der Mode gekommen. Nun ist er wieder attraktiv. Aber beim Neustart nach mehr als 50 Jahren Pause geht es diesmal nicht darum, eine Fahne in den Sand zu rammen und ein paar Steine zu sammeln. Amerikaner, Europäer, Chinesen, Russen, Japaner, Inder - sie alle wollen kommen, um zu bleiben.

    Forschungsziel: Besiedlung und Nutzbarmachung des Mondes

    Im Mondstaub lagern Schätze, die gehoben werden wollen. Schon in der obersten Bodenschicht, dem pulvrigen Regolith, gibt es Eisen, Aluminium, Silizium, Titan und Sauerstoff. Forscher auf der ganzen Welt arbeiten an Explorationstechnologien zur Nutzbarmachung dieser lokalen Ressourcen.
    ISRU - "In-situ Resource Utilization", also das Sammeln, Verarbeiten, Lagern und Nutzen gefundener Materialien im Weltall - ist deshalb so spannend, weil die Eroberung und Besiedlung des Mondes enorm aufwendig und teuer ist.
    Sonde Odysseus
    Vor wenigen Wochen ist erstmals in der Geschichte der Raumfahrt eine kommerzielle Landung auf dem Mond geglückt: Die unbemannte Raumsonde eines US-Unternehmens setzte erfolgreich auf.23.02.2024 | 1:22 min
    Es gibt bereits viele kommerzielle Anbieter, die im Transport von Nutzlast zum Mond ein Geschäftsmodell sehen. Das Problem: Jedes Kilogramm Material, das man zum Mond fliegt - Baustoffe oder Maschinen -, kostet noch eine Million Euro.

    Ressource auf dem Mond: Staub in rauen Mengen

    Und jedes einzelne Kilogramm, das nicht von der Erde eingeflogen wird, spart 150 Kilogramm Treibstoff. "Das Einzige, was es auf dem Mond überall gibt, ist dieser graue Staub, das Regolith; den wollen wir als Baustoff nutzen," so Professor Enrico Stoll von der TU Berlin.
    Er hat an seiner Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik mehrere Projekte zur Nutzbarmachung von Mondstaub initiiert. Studenten erproben die Herstellung von Ziegeln, 3D-Strukturen und Glas für Solarzellen aus Mondstaub.

    Man könnte Straßen auf dem Mond bauen, Landeplätze für Raketen, Habitate für Astronauten, Werkzeuge im 3D-Druck herstellen.

    Enrico Stoll, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik TU Berlin

    Archiv, 25.01.2024, Weltraum: Dieses von der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) zur Verfügung gestellte Bild zeigt ein von einem Lunar Excursion Vehicle 2 (LEV-2) aufgenommenes Bild des Landers «SLIM» (Smart Lander for Investigating Moon) auf dem Mond.
    Nach tagelangem Stromausfall erkundet die japanische Mondsonde "Slim" wieder die Mondoberfläche, meldet die japanische Raumfahrtbehörde.29.01.2024 | 0:23 min

    Mondstaub unterscheidet sich von Erdstaub

    Geforscht wird auf der Erde allerdings nicht mit Staub vom Mond. Das wäre viel zu teuer. Das Ausgangsmaterial für den irdisch nachgebildeten Mondstaub findet man auf der Erde, meist in der Nähe von Vulkanen: Basaltisches Gestein, eine Mischung aus verschiedenen Materialien mit wenig Wasser.
    Stefan Linke, Leiter "AG Explorationstechnologien" von der TU Berlin, erklärt: "Der Mond ist wasserlos, und es ist schwer auf der Erde etwas zu finden, wo wenig Wasser im Gestein ist." Aus zwei Grundmaterialien, hellem und dunklem Gestein, entsteht das Pulver für ihren Mondstaub. Student Julian Baarsch betont, dass man Mondstaub trotzdem nicht mit Erdstaub vergleichen kann.

    Die Partikel auf dem Mond sind kantiger, durch die vielen Einschläge. Der Sand rieselt nicht so leicht durch die Finger - er wirkt eher zerklüftet, verklumpt.

    Julian Baarsch, Student

    Ziegelsteine, Lava, Glas aus "irdischem" Mondstaub

    Trotzdem lässt sich mit dem irdischen Mondstaub Grundlagenforschung für das Leben und Arbeiten auf dem Mond betreiben:
    Projekt Nummer 1: Der Mond hat keine Atmosphäre; also müssen die Ziegel bei 1.500 Grad im Vakuum gebacken werden. "Wir haben erkannt, dass wir Ziegel einfach im Ofen sintern können", so Julian. Sintern bedeutet, Materialien durch große Hitze zu verbinden und zu verfestigen, ohne sie zu schmelzen.
    Den Ofen müsste man dafür zwar hochschaffen auf den Mond, aber Mondsand hätte man dort genug.
    Projekt Nummer 2: Für die Mond-Regolith-Schmelze wird das Gesteinsmaterial im Vakuum aufgeschmolzen bei 1.400 Grad. Es entsteht eine künstliche Lava, mit der man alles herstellen kann wie Werkzeuge oder Wabenstrukturen von Gebäuden - ähnlich einem 3D-Druck.
    Eine Meeresküste bei einer Vollmondnacht. Der Himmel ist voller Sterne, im Hintergrund sieht man Berge. Der Mond ist riesig und sehr deutlich zu sehen.
    Der Wunsch, den Mond zu erkunden, hat die Wissenschaft so weit vorangetrieben, dass der Mond in naher Zukunft Standort einer Forschungsstation werden soll.11.11.2018 | 43:27 min
    Projekt Nummer 3: Glas aus Mondstaub für Solarzellen; es wird in einem Vakuum-Ofen geschmolzen. Zwischen zwei Glasplatten kommt eine ein Mikrometer dünne Perovskit-Schicht; das ist eine synthetische Kristallstruktur mit perfekten Eigenschaften bei Weltraumstrahlung.
    Werden Atome aus dieser Struktur rausgeschlagen, gehen sie wieder in ihre Struktur zurück. Mit einem Kilogramm Perovskit könnten drei Volleyballfelder Solarzellen beschichtet werden. Strom für 500 Kilowatt.
    Spuren im Mondstaub
    Mondstaub könnte interessant für die Industrie sein.
    Quelle: dpa

    "Kosmische" Solarzellen wohl dreimal so effizient wie herkömmliche

    An der Uni Potsdam entstehen die kosmischen Solarzellen. Erste Tests waren erfolgreich. Strom fließt. Der Wirkungsgrad der heute verbauten Solarzellen liegt bei 10 Prozent - könnte durch das Perovskit auf 30 Prozent gesteigert werden, so Physiker Felix Lang.
    Vielerorts wird an Weltraum-Solarzellen geforscht. Ein Konkurrent ist kein Geringerer als Jeff Bezos. Der Amazon-Gründer versucht es mit Silizium, aber sein Wirkungsgrad liegt nur bei sechs Prozent. In Potsdam ist die Hoffnung groß: Ihre Solarzellen werden Strom auf dem Mond erzeugen.
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