Im Eishockey ist die weltweite Hackordnung zementiert. Es gibt die Top-6, die traditionell besten Mannschaften der Welt: Russland, Kanada, Schweden, USA, Tschechien und Finnland.
Dahinter tummelt sich der Rest mit hin und wieder mal einer Überraschung: Die Schweiz wurde vergangenes Jahr Vizeweltmeister, wenige Monate zuvor sorgte die deutsche Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2018 mit dem Gewinn der Silbermedaille für ein nicht minder großes Beben.
Dabei gehörten Auswahlmannschaften des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) noch bis vor wenigen Jahren zu den Punktelieferanten. Diese Zeiten darf man nicht vergessen, wenn es darum geht, das Abschneiden der aktuellen Mannschaft von Bundestrainer Toni Söderholm bei der WM in der Slowakei zu bewerten.
Beste Vorrunde der DEB-Geschichte
Mit fünf Siegen aus sieben Spielen hat das DEB-Team die beste WM-Vorrunde seiner Geschichte gespielt. Söderholm lässt das Team erkennbar offensiver spielen, mit Erfolg. Angeführt von Leon Draisaitl, der für die Edmonton Oilers zuletzt 50 Tore erzielte, wurden die ersten vier Gruppenspiele gegen Großbritannien, Dänemark, Frankreich und die Slowakei gewonnen. Der Lohn dafür: der frühzeitige Einzug ins Viertelfinale am Donnerstag gegen Tschechien sowie die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2022.
"Sechs Top-Leistungen und 15 Punkte sind eine herausragende Leistung unseres Teams. Die Mannschaft darf mit großem Stolz und gesundem Selbstbewusstsein nach Bratislava reisen", sagt DEB-Präsident Franz Reindl.
Es hätte dennoch nicht viel gefehlt, und die fünfstündige Zugfahrt zum Viertelfinal-Spielort wäre eine ziemlich frostige geworden. Denn der beste Turnierstart seit 89 Jahren wäre nach bitteren Pleiten gegen Kanada (1:8) und die USA (1:3) bei einer weiteren Niederlage zum Abschluss gegen Finnland nur noch wenig wert gewesen. Zum Glück für den DEB gibt es Draisaitl. Der Stürmer nahm das Team nach einem ganz schwachen ersten Drittel ins Schlepptau, bereitete einen Treffer vor und erzielte die letzten beiden zum 4:2 selbst.
Leistungssteigerung als Nervennahrung
Die erhebliche Leistungssteigerung dürfte als Nervennahrung für das Viertelfinale dienen. Ebenso die Erkenntnis, mal wieder mit einem der "Großen" mitgehalten zu haben. Deutschland schafft es an guten Tagen, sich auf das Niveau der "Großen" zu hieven. Nur 24 Stunden nach dem 1:8-Debakel gegen Kanada hatte das DEB-Team die USA lange Zeit am Rande einer Niederlage. Und auch gegen starke Finnen war der Sieg nicht unverdient. An einem schlechten Tag jedoch kann es auch mal ein böses Erwachen geben wie gegen Kanada.
Im Viertelfinale gegen Tschechien (Donnerstag, 20:15 Uhr) wird Deutschland einen sehr guten Tag brauchen. Denn die Tschechen marschieren durch das Turnier. In sieben Spielen schossen sie 39 Tore und unterlagen einzig den Russen. Angeführt von NHL-Stars wie Jakub Voracek (15 Punkte) oder Michael Frolik (sieben Tore) walzen die Tschechen fast alles nieder - fünf ihrer Spieler sind unter den zehn besten Scorern des Turniers.
Olympia-Quali ist "Meilenstein"
Doch selbst wenn im Viertelfinale Schluss ist, hat das deutsche Eishockey einen weiteren Schritt gemacht, sich dauerhaft in der erweiterten Weltspitze zu etablieren. Das beweist nicht zuletzt die vorzeitige Qualifikation für Peking 2022.
"Ich habe in den vergangenen zwölf Jahren dreimal die Qualifikation für Olympia spielen müssen", sagt Kapitän Moritz Müller von den Kölner Haien. "Das ist das schlimmste Turnier, was es gibt. Du musst jedes Spiel gewinnen und dabei lastet der Druck eines ganzen Verbandes auf dir. Sich vorzeitig qualifiziert zu haben, ist unglaublich erleichternd."
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DEB-Präsident Reindl spricht sogar von einem "Meilenstein", der Planungssicherheit gibt. Ein Meilenstein, der dem Team Selbstvertrauen gibt - selbst gegen eine Top-6-Mannschaft wie Tschechien.