Michael Schumacher wird heute 50 Jahre alt. Im Rückblick auf die Karriere eines der größten deutschen Sportstars bleiben viele Eindrücke, die ein recht komplexes Bild ergeben.
Da ist der Junge aus einfachen Verhältnissen, der sich durch sein überragendes Talent, gepaart mit Fleiß, Einsatz und Entschlossenheit nach oben kämpfte, zum Multimillionär wurde, seine Herkunft aber nie wirklich verleugnen wollte; der Familienmensch, der seine Frau Corinna und vor allem sein Kinder Gina-Maria und Mick so weit wie möglich vor der Öffentlichkeit abschirmte; der sich immer sehr geschickt als der "ganz normale Typ von nebenan" verkaufte, der seine Marmelade in Deutschland kaufte und sie dann in sein Domizil in der Schweiz mitnahm, "weil sie dort viel teurer ist".
Ewiger Held "Schumi"
All das trug neben Michael Schumachers Erfolgen auch dazu bei, dass sehr viele gerade deutsche Fans "Schumi" zu ihrem ewigen Helden auserkoren - durch das tragische Schicksal seines Skiunfalls Ende Dezember, gut ein Jahr nach seinem zweiten Karriereende in der Formel 1 vielleicht sogar noch mehr als zuvor.
Einer Karriere, die Ende August 1991 so richtig begann, mit dem ersten Auftreten eines schon sehr selbstbewussten Jungen aus Kerpen in der Formel 1, der den versammelten Medienvertretern gleich einmal beschied, "eigentlich habe ich ja gar keine Zeit für euch", der dafür aber seinen Jordan in Spa gleich einmal auf den sensationellen siebten Startplatz stellte. Dass er dann im Rennen wegen eines Kupplungsdefekts nicht einmal einen Kilometer weit kam, tat dem Eindruck der Experten keinen Abbruch: Da kommt einer, der ein ganz Großer werden kann.
Nur Senna als Rivale
Wovon der junge Michael Schumacher auch selbst überzeugt war – nur einer stand auf dem Weg nah ganz oben noch im Weg: "Vor dem Senna habe ich Respekt – aber alle anderen stecke ich locker in die Tasche" - so Schumachers Einschätzung nach seinem zweiten Grand Prix in Monza 1991 in einem Telefongespräch gegenüber seinem Vater.
Die Rivalität mit Senna, geschürt von Manager Willi Weber, sollte die ersten Schumi-Jahre prägen. So stark, dass er einmal, als er in einem Stapel von zu unterschreibender Fotos unter den seinen auch eines von Senna entdeckte, die ganze Mappe verärgert auf den Tisch pfefferte, mit dem genervten Kommentar, "den brauche ich ja nun wirklich nicht".
Überschatteter Triumph
Das Schicksal wollte es, dass Schumachers erster WM-Titel 1994 im letzten Saisonrennen in Adelaide noch überschattet von der Imola-Tragödie mit den tödlichen Unfällen von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger war – und auch sonst irgendwie symbolisch für vieles in der Karriere des Kerpeners: Gefeiert für fahrerische Glanzleistungen aber gleichzeitig umstritten wegen des bei allen Insidern vorhandenen Wissens um gewisse illegale Komponenten an seinem Benetton, vollendet mit einem Crash gegen den einzigen Rivalen Damon Hill, zugedeckt durch eine Titelwidmung an Senna – eingeflüstert von einem Berater aus der Medienwelt, um von der eigenen umstrittenen Aktion abzulenken.
Die einzigartige Schumacher-Karriere – da stehen über 300 Rennen in mehr als 20 Jahren, viele Glanzleistungen auf der Strecke, die 91 Siege, 68 Pole Positions, die sieben WM-Titel: Nach 1994 noch ein Titel für Benetton 1995, dann fünf in Serie für Ferrari von 2000 bis 2004, mit dem Dreamteam mit Teamchef Jean Todt und dem Technikboss Ross Brawn um sich. Das Dreamteam, das der große Teamplayer Schumacher wie schon seine früheren Teams komplett hinter sich gebracht hatte: durch seine immer wieder gezeigte Wertschätzung für jeden einzelnen Mitarbeiter, durch kleine, aber wirkungsvolle Gesten. Ob es nun der große Topf Pasta war, den der Weltmeister spät am Abend eigenhändig zu den Mechanikern in die Garage trug, oder der Eiswagen, der an einem heißen Testtag in Fiorano plötzlich auffuhr – vom Champion heimlich geordert.
Schumachers bestehende Rekorde
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Fahrerische Ausraster
Aber da stehen eben auch ewige Diskussionen um legale oder illegale Autos, um ein mitten in der Saison 2003 zugunsten von Ferrari geändertes Reifenreglement.
Und der ein oder andere fahrerische Ausraster – mit erst sehr verspäteter oder nie wirklich eingestandener Einsicht: wie etwa der versuchte Abschuss von Jacques Villeneuve im WM-Finale 1997 in Jerez oder das unsägliche "Parkmanöver" im Jahr 2006 im Qualifying von Monaco, das sogar Schumi-Freund Bernie Ecclestone, der sonst oft als Verteidiger auftrat, als "richtig bescheuert" einstufte.
Darf man Schumi grätschen?
Es sind aber nicht nur die Erinnerungen an die Ereignisse und Triumphe auf der Strecke – auch vieles daneben blieb aus den langen Schumi-Jahren haften: Die mehr als feucht-fröhlichen Weltmeister-Partys in Japan zum Beispiel, unter Beteiligung anderer trinkfester Formel-1-Kollegen von Kimi Räikkönen bis zum damaligen Mercedes-Sportchef Norbert Haug.
Oder der Michael Schumacher, der auch gerne Mal die deutsche Journalisten-Fußballmannschaft bei den Turnieren gegen die internationale Konkurrenz verstärkte. Und dann gerade die englischen Kollegen, nicht unbedingt für eine besonders zimperliche Gangart bekannt, in Gewissenskonflikte stürzte: Durfte man gegen Schumi wirklich auch voll drauf halten, mit dem Risiko, eventuell für eine Verletzung des Champions verantwortlich zu sein?Wirkung bis in die Gegenwart – bei Mercedes
In seiner zweiten Karriere nach dem Comeback, in den drei Jahren von 2010 bis 2012 bei Mercedes, konnte Schumacher nicht mehr an die ganz großen sportlichen Erfolge anknüpfen, auch teamintern sah er sich erstmals echter Konkurrenz ausgesetzt – durch Nico Rosberg.
Trotzdem hatte er immer wieder sichtlich seinen Spaß, genoss die Rennwochenenden vielleicht manchmal mehr als früher, mit weniger Verbissenheit, mehr Gelassenheit, auch wenn es einmal nicht so gut lief. Und Mercedes-Sportchef Toto Wolff betont heute noch den Bezug zur Gegenwart: "Ich sehe Michael Schumacher zusammen mit Ross Brawn und Norbert Haug als Gründerväter unseres Formel-1-Rennstalls. Die Erfolge, die wir heute einfahren dürfen, basieren auf einem Fundament, das von ihnen gegossen wurde."