Lieblingsmomente 2022

„Mit einem "Tree of life" holen die Eltern Lydia und Dietmar ihr Sternenkind Lenna zurück nach Hause. In ihrem Garten pflanzen sie einen Magnolienbaum, der auf der Asche ihres verstorbenen Kindes und Erde herangewachsen ist, und von nun an das kleine Mädchen erinnern wird. Ein tröstlicher Moment in einem einfühlsamen, aber trotzdem bitteren Film "Ein Hauch von Leben" über Paare, bei denen Freude und Trauer über die Geburt und den gleichzeitigen Verlust ihres Kindes auf grausame Weise zusammenfielen.

Für Lennas Eltern lebt die Seele ihres Kindes in diesem besonderen Baum weiter. Ein schöner Gedanke, der Hoffnung macht. Steht er doch für den Glauben, dass man einen geliebten Menschen nie ganz verliert. Weil ein Teil von ihm immer lebendig bleibt - eben nur in anderer Form.“

„Erster Drehtag. Zusammen mit dem Kamerateam trage ich das Equipment zu Nico in die Studenten-WG und frage: „Und? Was steht bei Euch gerade an?“ Nico sagt: „Duschen! Macht Euch nackig, dann dürft ihr´s drehen!“

Und so landen  wir tatsächlich für die erste gedrehte Szene im Badezimmer. Robin seift Nico ein und macht Späße – als seien wir gar nicht da. Scham und Peinlichkeiten – davon gab es schon genug im Leben, meint Nico. Eine „Nacktszene“ sei dagegen harmlos. Und sie entspreche der Realität. So eine natürliche Offenheit hat selbst Kameramann Leif Stange noch nie in seinem langjährigen Berufsleben vor der Linse gehabt.  Und der hat schon einiges gesehen…

Wir durften bei den Dreharbeiten zu "Wirklich beste Freunde" wirklich überall dabei sein –  Gruppenbesäufnis und Kiffen inklusive. Im Schnitt hatten wir uns wirklich oft gefragt, wo denn jetzt die Grenze für uns liegt. Ich hoffe, wir sind genau auf der Kante gesurft."

„Es geht nicht darum das Leben zu verlängern. Dem Leben selber sollen nicht mehr Tage gegeben werden, sondern den Tagen, die einem verbleiben, soll mehr Leben gegeben werden.“ In diesen beiden Sätzen der Palliativ-Ärztin im Film "Die letzten guten Tage" ist für mich sehr viel Weisheit und Demut zusammengefasst. Niemand kann Leben verlängern, zumindest nicht auf ewig.

Aber Menschen können das, was ihren Mitmenschen an Lebenstagen noch bleibt, reicher und erfüllter machen. Letztendlich steckt in diesem Satz auch eine Mahnung an uns alle, nämlich die Lebenszeit, die wir haben, zu leben, so gut wie es irgendwie geht."

„Meine absoluten 37°-Lieblingsmomente: Die Drehtage mit dem 80-jährigen Günther Hamker, der seit 60 Jahren an seinem Zuhause im Wald festhält. Durch die körperliche Arbeit bekommt er seinen Kopf frei, vertreibt Dämonen und die Depressionen, die ihn immer wieder überfallen. Günther spricht offen über Alkohol-Exzesse in früheren Jahren und die schwierige Beziehung zu seinem Vater, dem er nie etwas recht machen konnte; über den Druck, von dem er sich nur ganz mühsam befreien konnte. Die harte Arbeit im Wald hat ihm am Ende geholfen, war die effektivste Therapie für ihn.

Nie werde ich vergessen, wie der 80-Jährige im Schneetreiben mit einer Axt Holz spaltet, so lange gekonnt draufhaut, bis seine Wut am Ende verraucht ist. Das sind Bilder, die lange nachwirken. Die Kameraleute und ich sind glücklich, diesen besonderen Menschen kennengelernt zu haben. Nach Ende der Dreharbeiten haben wir vereinbart lose in Kontakt zu bleiben.

Aber auch dieses Bild bleibt hängen: Günther allein vor der Hütte, körperlich angeschlagen nach einem Sturz, der uns noch lange nachwinkt. Unsere Heimreise nach dem letzten Drehtag verläuft schweigend, wir sind alle melancholisch: Wie lange wird Günther noch allein im Wald zurechtkommen? Freund Reiner hat es auf den Punkt gebracht: „Seine Art zu leben ist immer auch ein Überleben“. Auch Günther ist völlig klar, dass „Essen auf Rädern“ in der Abgeschiedenheit keine Option für ihn sein wird. Ich hoffe, dass er bis zum Ende die Kraft haben wird, so zu leben, wie er das möchte. Im Einklang mit der Natur, im Wald, den er so liebt. Günther in einem Altersheim – das möchte ich mir gar nicht vorstellen."

„Das Setting: Junge hübsche Frau fährt  Skateboard - erste Assoziation: Unbeschwertheit, pure Lebensfreude, Fröhlichkeit, dann hören wir die Protagonistin sagen: „Dadurch, dass die Zeit eben ein bisschen begrenzt ist, weiß ich, wenn ich etwas machen will, dann jetzt, weil man weiß ja nicht, wie lange man noch hat; dann muss ich eben jetzt, wo ich lebe, wo ich die Möglichkeit dazu habe, eben soviel wie möglich in dieses Leben packen.“

Dieser Satz einer blutjungen Frau, die eine Erkältung verschleppt und sich dadurch eine Herzmuskelentzündung eingehandelt hat und plötzlich todkrank ist, hat mich tief berührt.  Und Fragen nach sich gezogen und ein Abgleichen mit dem eigenen Leben.

Müssen erst so einschneidende Dinge geschehen, dass wir uns darauf besinnen, wie endlich unser Leben ist? Dass nichts sicher ist, sich alles von jetzt auf gleich ändern kann? Dass wir nichts festhalten können? Wertschätzen wir die guten Momente in unserem Leben, empfinden wir Dankbarkeit? Oder richten wir unseren Fokus auf die Dinge in unserem Leben, die uns gerade nicht so gefallen, die „besser sein könnten“.

Wie häufig ärgern wir uns aber Alltägliches, investieren Kraft und Zeit für Banales und vergessen darüber die wesentlichen Dinge. Wie oft  ist  im „Hier-und-Jetzt- leben“ nichts weiter als ein Kalenderspruch. Dabei wäre es doch befreiend, "einfach nur" in der Gegenwart zu leben im Vertrauen auf das Gute.

"Sarah und ihr fremdes Herz" sorgte für Diskussionen im Freundeskreis. Ein Film, der es schafft, solche  existenzielle Fragen aufzuwerfen, ist für mich ein 37° auf höchstem Niveau.

„Als betreuende Redakteurin ist man nah an den Themen dran und kennt über Gespräche mit den Autor*innen immer den Stand der Dinge bei den Filmen, die sie gerade für 37 Grad machen. Wenn ich dann zur Abnahme in den Schneideraum komme, bin ich keine normale Zuschauerin, sondern im Arbeitsmodus und „wie im Tunnel“. Jetzt geht es ja darum, zu erkennen, was an dem Film noch verändert und verbessert werden kann. Wo der Schnitt vielleicht perfektioniert werden sollte oder dramaturgisch noch an der einen oder anderen Szene gearbeitet werden muss.

Aber dann gibt es diese besonderen Momente, ich nenne sie für mich „37 Grad Sternstunden“. Wenn ich bei der Abnahme eines Films plötzlich und schlagartig gefangen bin von der Geschichte. Dann trete ich als Redakteurin kurz zur Seite und lasse mich mitreißen und berühren von dem, was der Filme erzählt. Wenn ich sagen sollte, wie sich das anfühlt, würde mir als erstes das Wort „magisch“ einfallen.  

Das war z. B. bei „Zum Glück gab’s diese Kuh“ so , in dem die Holocaustüberlebende Eva Erben von ihrer Rettung auf dem Todesmarsch berichtet. Die „Sternstunde“ gab es auch vor kurzem bei „Die letzten guten Tage“, wo Palliativärzt*innen vom Sterben und Leben sprechen.  Das sind nur zwei von einigen Filmen, die mich so etwas Besonderes haben erleben lassen. Unvergessene Moment, für die ich dankbar bin.

„Ein toller Film! Ein Blick in eine Welt, ein Bruch mit Tabus und zwei wunderbare Hauptdarsteller, mitten aus dem wirklichen Leben. Emily und Erik, zwei Menschen, die sich lieben und von einem gemeinsamen Leben träumen. Je länger ich ihnen dabei zuschaute, wie sie ihre Beziehung leben, was ihre Träume sind - was aber auch ihre Mütter denken und fühlen, desto mehr habe ich bei mir selbst erlebt, dass die Fragen aufkommen: Kann das klappen? Ist das gut? - Ja und genau das ist das Tabu: Wir "Normalen" denken so, urteilen über Menschen, die wir als anders empfinden; Menschen, die wir behindert nennen. Aber mit welchem Recht?

Ihr erster Urlaub, eine Probe für Zusammenleben, und für die Zuschauer eine Überraschung. Es ist viel mehr möglich als man denkt. Statt Vorurteile zu pflegen wurde ich mitgenommen auf eine Entdeckungsreise.

Und es stimmt: Liebe macht mutig. Sollten nicht alle mutiger sein?"

„Einer meiner Lieblingsmomente findet sich in der #weitererzählt Reportage „Leos Lust am Leben“. Es ist der Anfang des Filmes, der einen kleinen Jungen zeigt, dem die Lebensfreude geradezu aus dem Gesicht springt. Dass Leo einen so harten Kampf hinter sich hat, kann man kaum glauben.

Als 37 Grad Redakteurin Martina Nothhorn, die inzwischen in Rente ist, das erste Mal von Leo und seiner Familie erzählte, hat mich das sehr berührt. Eine Geschichte eines deutsch-neuseeländischen Paares: Zwillinge, die zu früh geboren wurden, dann die Probleme in der Klinik, die beschwerliche Reise nach Deutschland.  Am Ende der 37 Grad-Sendung „Kampf um jeden Atemzug“ wusste man nicht, wie es bei Leo weitergehen würde. Deshalb freue ich mich sehr, dass unsere Autorin Ann Heigl diese Geschichte weitererzählen konnte: https://youtu.be/9It7HbVrvpo

„Elisabeth hat große Pläne für die Zukunft: „Meine Zukunft besteht aus einer Arbeit mit Geld verdienen, dann irgendwann einen Mann heiraten, dann Kinder bekommen und dann alt werden und sterben.“ Dass das für sie mit vielen Hürden verbunden ist, stört sie dabei nicht im Geringsten. Sie hat ja immer jemanden an ihrer Seite: Ihre Zwillingsschwester Victoria. Bald werden die beiden 18-Jährigen zum ersten Mal getrennt voneinander lebe. Für beide steht aber fest, dass sie danach wieder zusammen wohnen wollen.

"Ungleiche Zwillinge": Genetisch könnten die beiden unterschiedlicher kaum sein: Elisabeth wurde mit dem Down-Syndrom geboren und Victoria nicht. Trotzdem überwiegen für beide die Gemeinsamkeiten. Elisabeth mit ihrer offenen Art ist eher für die Kommunikation zuständig, sozusagen die „Außenministerin“, Victoria dagegen fungiert als „Innenministerin“ und erledigt alles Organisatorische. Sie ergänzen sich perfekt und beide verbindet eine unglaublich tiefe Liebe, die man ihm Film durchgehend spürt. An ihnen sieht man, wie normal der Umgang mit einem behinderten Menschen sein kann, wenn man damit aufwächst. Daran kann und sollte sich jede*r von uns ein Beispiel nehmen. Die beiden Mädchen kämpfen Seite an Seite um jeden Schritt, der Elisabeth ihrem Traum für die Zukunft näherbringt. So schwer es auch sein möge."

„Das eigentliche Thema des Films "Guter Hoffnung" ist das „Eltern-Werden“ der drei Paare. Doch gleichsam nebenbei erfahre ich viel über die drei Religionen Judentum, Christentum und Islam.

Gemeinsamkeiten werden deutlich und auch Unterschiede. Wer kennt schon die Initiationsriten der drei Religionen? Damit ist der Film für mich ein guter Beitrag dazu, die zunehmende kulturelle und religiöse Vielfalt in unserem Land besser zu verstehen."

„Und dann steht die Welt für einen Moment still und wenn sie sich weiterdreht, ist nichts mehr so wie es war.“ Tanja aus der 37 Grad-Facebook-Community hat so ihr Gefühle beschrieben, als sie ihren Partner verloren hat. So viele haben sich bei uns gemeldet und erzählt, dass sie es ähnlich empfunden haben als ihr Partner früh verstorben ist. Und sie haben uns erzählt von ihrem Kampf im Alltag als jung Verwitwete: Die Trauer um den Partner, die Trauer der Kinder, die Finanzprobleme und die große Einsamkeit. Von dieser Einsamkeit hat auch Stefan ganz offen in unserem Film „Jung, verwitwet und allein. Weiterleben ohne Partner““ berichtet. Er ist einer von ca. 500.000 Verwitweten im Alter zwischen 20 und 50 in Deutschland. Nach zwei Jahren Hoffen und Bangen stirbt seine Ehefrau Heike an Krebs. Für seine beiden Kinder, heute drei und neun, muss er lernen, "Familienmanager" zu sein. Und eben für alles allein verantwortlich zu sein.