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Doppelt hält länger - Klonen

Bei Tieren keine Seltenheit, beim Mensch umstritten

1997 sorgte Dolly für Schlagzeilen. Sie war das erste geklonte Schaf. Dass Klon-Tiere mittlerweile problemlos einen ganzen Bauernhof füllen würden, weiß dagegen kaum jemand: Genetiker haben Rinder kopiert, Ziegen, Schweine, Hirsche und Pferde. Das Thema Mensch als Klon hingegen bleibt heikel.

Eine kalifornische Firma bietet solventen Katzenbesitzern an, den Stubentiger genetisch zu vervielfältigen. Erfolgreiche Sportpferde werden geklont, damit das wertvolle Erbgut nicht verloren geht. In nicht allzu ferner Zukunft könnten die meisten unserer Haus- und Nutztiere aus der Klonküche stammen.

Kein menschlicher Einheitsbrei

Was bei Tieren teils stirnrunzelnd, teils amüsiert hingenommen wird, ist heftig umstritten, sobald es um den Menschen geht. Filme wie "Star Wars", in denen Klon-Krieger unermüdlich um die Macht kämpfen, schüren diffuse Ängste. Generationen von Schülern haben Aldous Huxleys Roman "Schöne neue Welt" gelesen, in dem die Menschheit ausschließlich aus verschiedenen Klassen von Klonen besteht. Mit der Realität des Klonens haben diese Science-Fiction-Geschichten nicht viel zu tun. Auch in fünfzig Jahren wird kein menschlicher Einheitsbrei die Straßen füllen.

Was passiert überhaupt bei der umstrittenen Technik? Theoretisch ist alles ganz einfach: Wer einen Menschen klonen will, braucht eine seiner Zellen, eine Hautzelle zum Beispiel. Aus dieser entnehmen Genetiker den Zellkern mit dem Erbmaterial und übertragen ihn in eine Eizelle, die zuvor entkernt wurde. Die Schöpfung aus dem Reagenzglas verhält sich dann wie eine befruchtete Eizelle: Sie beginnt sich zu teilen. Aus einer Zelle werden zwei, vier, acht, und so geht es weiter. Innerhalb einer Woche entsteht im Brutschrank eine Hohlkugel, die Blastocyste. An dieser Stelle scheiden sich die Wege.

Im Prinzip ist klonen ganz einfach

Der eine Pfad führt zum reproduktiven Klonen und ist in den meisten Ländern streng verboten. Im Prinzip jedoch wäre wieder alles ganz einfach: Wer tatsächlich einen Menschen klonen will, muss den Embryo in die Gebärmutter einer Leihmutter einpflanzen. Neun Monate später käme das Klonbaby zur Welt. Doch bis heute lebt wahrscheinlich kein Mensch aus der Klonküche unter uns - obwohl bereits mehrfach die Geburt des ersten Klonbabys verkündet wurde. Die Sekte der Raelianer reklamiert diesen zweifelhaften Erfolg für sich, und auch der italienischen Gynäkologe Severino Antinori will bereits Menschen geklont haben. Fotos und anderes Beweismaterial blieben jedoch aus.

Anders sieht es beim zweiten Weg aus, dem therapeutischen Klonen. Hier geht es nicht darum, Menschen zu züchten. Forscher, die sich mit dem therapeutischen Klonen beschäftigen, wollen embryonale Stammzellen gewinnen, um damit - irgendwann - schwere Krankheiten zu heilen. Ihnen geht es um die Blastocyste, denn darin befinden sich die begehrten embryonalen Stammzellen. "Parkinson, Chorea Huntington, Schlaganfall oder Multiple Sklerose sind potentiell mit embryonalen Stammzellen zu behandeln", prognostiziert Oliver Brüstle, Professor für Rekonstruktive Neurobiologie an der Universität Bonn. In Deutschland treibt er die Forschung mit embryonalen Stammzellen am entschiedensten voran - und sorgt damit immer wieder für heftige Proteste.

Schier unerschöpfliches Lager

Für die einen ist Brüstle der Heilsbringer, für die anderen eine Art Frankenstein. Brüstle selbst ist begeistert von den "scheinbar unbegrenzten" Möglichkeiten der winzigen Zellen. Und wie ihm geht es vielen seiner Kollegen. Unter dem Mikroskop können die Genetiker beobachten, wie sich Stammzellen immer weiter teilen. Regelmäßig fangen einzelne Zellen an, sich rhythmisch zusammenzuziehen. Aus ihnen entstehen die Vorläufer von Herzmuskelzellen. Im Tierversuch ist es Kölner Forschern bereits gelungen, Teile einer Herzinfarktnarbe durch gezüchtete Zellen zu ersetzen. Die Hoffnungen sind groß: Einige Wissenschaftler sehen in den embryonalen Stammzellen ein schier unerschöpfliches Lager für menschliche Gewebe und Organe. Unspezialisiert, wie sie sind, können sich Stammzellen zu jedem der mehr als 200 Zelltypen des menschlichen Körpers entwickeln. Irgendwann wird man die Weichen der Zellentwicklung gezielt in die gewünschte Richtung stellen können.

Dass diese Vision heute noch Zukunftsmusik ist, zeigen Aufstieg und Fall des südkoreanischen Forschers Hwang Woo-Suk. 2004 galt er als der erste Forscher weltweit, dem es gelungen sei, menschliche Embryonen zu klonen. Südkorea feierte Hwang wie einen Nationalhelden. Die Stammzellen jedoch, die er aus seinen Klonen erzeugt haben wollte, waren allesamt gefälscht. In kürzester Zeit wurde der Held zum Betrüger. Bis heute ist es niemandem gelungen, embryonale Stammzellen aus einem geklonten Embryo herzustellen. Die Entwicklung in Südkorea hat die Debatte über Chancen und Grenzen der Biotechnik neu angefacht. Hinter allem steht die Frage, wann das menschliche Leben beginnt. Kommt bereits der befruchteten Eizelle Menschenwürde zu? Darf man Embryonen, aus denen theoretisch ein Mensch werden könnte, überhaupt für die Forschung nutzen?

In Deutschland verboten


Im Jahr 2007 verläuft der scheinbar unüberwindbare Graben zwischen den Meinungsgegnern quer durch Länder und Parteien. Der Stammzellforscher Mirodag Stojkovic kann die Debatte nicht nachvollziehen. "Die Embryonen, die wir nutzen, haben doch überhaupt keine Chance, ein Kind zu werden", sagt Stojkovic. Entweder seien sie ausschließlich für die Forschung erzeugt worden, oder es handele sich um Überschüsse aus Fortpflanzungskliniken. "Warum soll es besser sein, diese Embryonen in den Abfalleimer zu werfen, als sie für die Forschung zu nutzen", fragt er. In Deutschland jedoch ist auch das therapeutische Klonen streng verboten, und deshalb forscht Stojkovic mittlerweile in England und Spanien. Dort sind die gesetzlichen Regelungen weniger streng.

Warum soll es besser sein, diese Embryonen in den Abfalleimer zu werfen, als sie für die Forschung zu nutzen?
Stammzellforscher Mirodag Stojkovic

Noch liberaler ist die Sicht in Südostasien. Bevölkerung und Politik begreifen die Biotechnologie als riesige Chance. Die Branche boomt. Trotz des aktuellen Rückschlags in Südkorea wird deshalb das Klonzentrum in fünfzig Jahren wohl in Asien liegen. Die erste Therapie mit maßgeschneiderten embryonalen Stammzellen wird vielleicht in Singapur entwickelt. Und wie sieht es mit dem reproduktiven Klonen aus, also dem "Kopieren" von erwachsenen Menschen? Weltweit sind die Genetiker davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Klonen von Menschen gelingt. Und wenn die Technik funktioniert, wird sie irgendwann auch jemand anwenden, trotz aller Verbote. Armeen aus Klon-Kriegern müssen wir dennoch nicht befürchten, denn eines ist klar: Der Mensch ist mehr als das Produkt seiner Gene.

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