Papst Franziskus - Der Querdenker
Franziskus wird Papst in einer Zeit des Umbruchs: Skandale um Missbrauch und Korruption erschüttern den Vatikan. Der katholischen Kirche laufen die Mitglieder in Scharen davon. Alle Hoffnungen ruhen deshalb auf dem Neuen aus Lateinamerika.
Seither hat Franziskus vieles anders gemacht als seine Vorgänger: Keine roten Schuhe mehr, kein Appartement im Papstpalast, dafür Gesten der Demut und Bescheidenheit. Ein Pontifex, der viele begeistert - und manche im Vatikan entsetzt.
Schon bei seinem ersten Auftritt im März 2013 versetzt der neu gewählte Papst Franziskus die Welt in Erstaunen. Statt in prunkvollen Gewändern tritt er in einer schlichten weißen Soutane auf den Balkon des Petersdoms: für Traditionalisten eine Missachtung der päpstlichen Würde. Für viele Reformer innerhalb der Kirche ein Zeichen der Hoffnung. Auch bei vielen Gläubigen genießt der Papst bald Kultstatus.
Der Papst will Veränderung und erntet Kritik
Papst Franziskus legt einen fulminanten Start hin. Er kritisiert die eigene Kurie scharf. Er geht hart gegen Geldwäsche und Korruptionsfälle in der Vatikanbank vor. Er tauscht Führungspersonal im Vatikan aus, sogar einige seiner engsten Mitarbeiter. Damit schafft er sich nicht nur Freunde. "Er hat viele kompetente Leute entlassen und Chaos verursacht", kritisiert ein Insider aus dem Vatikan gegenüber ZDFzeit.
Wie schwierig es ist, etwas zu verändern, merkt Franziskus nicht zuletzt im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. ZDFzeit trifft den Schweizer Daniel Pittet, der als Kind von einem Priester über Jahre hinweg vergewaltigt wurde. Ein Fall unter vielen weltweit. Der Papst findet tröstende Worte. Aber die Aufarbeitung insgesamt stockt.
Offene Opposition aus der Kurie gibt es beim Vorstoß des Papstes, wiederverheirateten Geschiedenen den Empfang der Kommunion zu erlauben. Und die Mehrheit der Bischöfe verweigert ihm die Gefolgschaft, als er Homosexuelle anerkennen möchte.
Franziskus lässt sich nicht beirren. Er geht an die Ränder der Gesellschaft. Immer wieder besucht er Flüchtlinge, trifft Verbrecher in Gefängnissen und reist zu den Ärmsten der Armen. Er wird nicht müde, die Profitgier der Wirtschaft zu geißeln.
Der Papst, ein Radikaler? Als Spätberufener legt Jorge Mario Bergoglio eine steile Karriere bei den Jesuiten hin. Mit Mitte 30 steht er an der Spitze des mächtigsten katholischen Männerordens in Argentinien. Dort herrscht eine brutale Militärdiktatur. Als zwei Jesuiten ins Visier der Junta geraten, will Jorge Bergoglio sie aus dem Armenviertel abziehen. Hat er sie damit ausgeliefert? Im Mai 76 werden sie verhaftet und verschleppt. Bergoglio sucht Admiral Massera auf, in dessen Foltergefängnissen Tausende verschwinden. Die beiden Priester kommen schließlich frei.
Als Chef der Jesuiten gilt er damals als autoritär und arrogant, fällt in Ungnade: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass man ihn entfernen wollte. Er reist ab und nimmt eine Auszeit in Deutschland.“, berichtet die Papst-Biografin Francesca Ambrogetti in der ZDFzeit-Dokumentation.
Der spätere Papst zieht nach Boppard am Rhein. Am dortigen Goethe-Institut lernt er erst einmal Deutsch. Eine geplante Promotion in Frankfurt aber bricht er ab – aus Heimweh. Wieder zu Hause in Argentinien, wird er abgeschoben. Er wird einfacher Beichtvater in die Provinz in Cordoba.
Nach mehreren Jahren im Exil ruft ihn die Kirche schließlich zurück - als Bischof nach Buenos Aires. Er ist sanfter geworden. Mitfühlender.
Fünf Jahre Papst Franziskus
Als Papst begeistert der Argentinier die Gläubigen. Zu seinen Messen kommen die Menschen zu Tausenden. Doch nach fünf Jahren Pontifikat beginnt der Zauber des Anfangs zu verblassen. Seine Gegner sind zahlreich - und sie sind mächtig. "In den letzten 100 Jahren hat es nie einen solchen Widerstand gegen den Papst gegeben", so Vatikan-Experte Marco Politi gegenüber ZDFzeit.
ZDFzeit zieht Bilanz: Was hat der Papst bisher erreicht? Kann er seinen Feinden trotzen? Familie, Vertraute und Gegner lassen den Menschen Jorge Mario Bergoglio hinter dem Amt des Papstes hervorscheinen.
- Kamera - Michele Parente, Stephan Radke