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Sinnvolle Arbeit macht glücklich

Unzufriedenheit im Job

Eine aktuelle Studie besagt, dass sinnvolle Arbeit gesund hält. Aber was ist sinnvolle Arbeit? Wie findet man sie? Und was kann man tun, um auf der Arbeit glücklicher zu werden? Ein Interview mit Job-Coach Dr. Bernd Slaghuis.

Datum:
30.10.2018
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Volle Kanne: Empfinden immer mehr Menschen ihren Job als sinnlos?
Dr. Bernd Slaghuis: Ja, viele der Angestellten, die von ihren Jobs unzufrieden zu mir ins Coaching kommen, machen fehlende Anerkennung durch ihren Vorgesetzten, sinnloses Arbeiten oder gänzlich fehlende Identifikation mit ihrem Job oder Arbeitgeber für ihren Frust verantwortlich.

Job-Coach Bernd Slaghuis
Job-Coach Bernd Slaghuis
Quelle: privat

Auch eine aktuelle Studie der AOK und Universität Bielefeld zeigt, dass fehlender Sinn eine der häufigsten Ursachen von krankheitsbedingten Ausfällen ist: 93 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen in ihrem Beruf wichtig ist, etwas Sinnvolles zu tun, ein gutes Gehalt bewerten hingegen nur 61 Prozent als wichtig. Beschäftigte, die ihre Arbeit als erfüllend empfinden, haben im Durchschnitt an 9,4 Tagen im Jahr wegen Krankheit gefehlt, bei solchen, die wenig Sinn empfinden, lagen die Fehltage mit 19,6 mehr als doppelt so hoch. 

Arbeit und Privatleben verschmelzen immer stärker miteinander. Umso wichtiger wird es, ausreichend Energie aus beiden Lebensbereichen zu ziehen, um gesund zu bleiben. Das Gefühl, im Beruf gebraucht zu werden, das Ergebnis seiner Arbeit sehen zu können und etwas Gutes, vielleicht sogar gesellschaftlich Relevantes beizutragen, ist heute für viele Arbeitnehmer eine wichtige Quelle für Motivation und Leistungsbereitschaft.  

Ist die Frage nach dem Sinn im Beruf nicht vielleicht auch eine „Luxusfrage“?
Auch in Luxusproblemen steckt ein Problem. „Schlimmer geht‘s immer“ ist eine bequeme Ausrede, die viele Arbeitnehmer belastende Situationen lange Zeit aus- und durchhalten lässt. Ich bin der Meinung, das Leben ist zu kostbar, um selbst vermeintliche Luxusprobleme über Monate oder Jahre zu ertragen.

Die Hierarchiestufe oder Qualifikation von Arbeitnehmern hat aus meiner Erfahrung nichts mit der Sinnfrage zu tun. Ich erlebe es sogar vermehrt bei Angestellten mit einfacheren Tätigkeiten und sehr hohem Routineanteil, dass ihnen der Sinn fehlt und sie auf der Suche nach neuen Positionen sind, die mehr Abwechslung und Herausforderung sowie eine andere Art der Führung und kollegiale Zusammenarbeit im Team versprechen.

Wann macht ein sinnloser Job krank?
Wer dauerhaft gegen seine wichtigsten Werte im Beruf, wie etwa Anerkennung, Sinn, Erfolg, Freude oder Leidenschaft verstößt, der bekommt die Quittung von seinem Körper zu spüren. Wem etwa Freiheit in Form von Gestaltungsspielräumen bei der Erledigung seiner täglichen Aufgaben wichtig ist, jedoch ständig den Chef als Kontrollfreak hinter sich stehen hat, der wird diesen Zustand als anstrengend und kraftzehrend empfinden. Wer in einer Branche arbeitet, mit der er sich nicht mehr identifizieren kann, der wird jeden Tag aufs Neue sein Büro mit Bauchschmerzen betreten.

Wer auf Verlangen seines Chefs ständig Dinge für die Schublade produziert oder erlebt, dass das, was gestern noch zählte, morgen schon vergessen ist, der kommt sich vor wie eine Marionette in einem sinnlosen Spiel. Wer sich in seinem Beruf langweilt, dauerhaft unterfordert und mangels ausfüllender Arbeit nutzlos fühlt, der verliert den Blick auf seine Stärken, fühlt sich wertlos und tut sich ähnlich wie auch bei einem Burnout schwer, die Frustspirale aus eigener Kraft wieder zu verlassen.

Ist Boreout ausgeprägter als Burnout?
Ich kann nicht beurteilen, ob es ausgeprägter ist, beobachte jedoch bei meiner Arbeit, dass Langeweile im Beruf für die Betroffenen belastender ist als dauerhafte Überforderung. Denn sie entwickeln Vermeidungsstrategien, die viel Kraft kosten, schließlich darf in ihren Augen niemand mitbekommen, dass sie zu wenig zu tun haben. Zu groß ist die Angst, den Job los zu sein und vor dem echten Nichts zu stehen. Hinzu kommt, dass in ihren Jobs Gelangweilte von ihrem sozialen Umfeld häufig nicht ernst genommen werden, denn wer würde sich nicht wünschen, fürs Nichtstun viel Geld zu verdienen?

Allen Betroffenen rate ich, Langeweile im Beruf ernst zu nehmen und so früh wie möglich aktiv zu werden – bevor sie damit beginnen, Arbeit über den Tag zu strecken oder den eigenen Bildschirm so zu drehen, dass niemand ihr privates Surfen bemerkt. Aktiv werden bedeutet, den Chef oder die Kollegen darauf anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die an der belastenden Situation etwas verändern – oder den Job zu wechseln.

Ist der Arbeitgeber verantwortlich, dass ich meinen Job als sinnvoll empfinde?
Nein, beide Seiten sind hierfür verantwortlich. Ich bin der Meinung, Arbeitgeber sollten sich keine chronisch unterbeschäftigten Mitarbeiter leisten, denn dies ist nicht nur alles andere als wirtschaftlich, sondern auch gesundheitsgefährdend. Und hier ist jeder Arbeitgeber auch gesetzlich in der Verantwortung.

Auf der anderen Seite ist es wichtig, als Arbeitnehmer und Chef des eigenen Lebens Selbstverantwortung zu übernehmen. Sich zurückzulehnen und darauf zu hoffen, dass der Chef endlich sieht, wie schlecht es einem geht, das ist Abgabe von Verantwortung, Passivität und Prinzip Hoffnung. Die wenigsten Chefs können hellsehen, also sollten Mitarbeiter darüber sprechen und Klarheit schaffen, was sie im Beruf zufrieden und glücklich macht.

Was kann ich tun, um mehr Sinn ins Arbeitsleben zu bringen?
Zunächst ist die eigene Klarheit darüber wichtig, was konkret Sinn im Beruf bedeutet. Die Frage für sich selbst zu beantworten, wann genau Arbeit sinnvoll ist und was in Zukunft nötig ist, um wieder mehr Sinn zu spüren. Die meisten Arbeitnehmer verfügen über etliche Stellschrauben, an denen sie selbst drehen können, um etwas positiv zu verändern, sehen diese jedoch in der belastenden Situation nicht.

Vielleicht ist es das Engagement in einem interessanten Projekt, die Reduzierung der Arbeitszeit, die Verlagerung von Aufgaben innerhalb des Teams, womöglich auch der Wechsel in einen anderen Bereich. Erst wer selbst Klarheit darüber besitzt, was ihm im Beruf wichtig ist, kann an Zielen arbeiten und gemeinsam mit Chef und Kollegen Lösungen finden.

Jobwechsel, Arbeitszeitreduktion (Downshifting) oder eine Auszeit?
Für viele meiner Klienten kommt nur noch der Jobwechsel und Neustart bei einem anderen Arbeitgeber infrage. Zu lange haben sie ausgehalten und zu sehr ist oftmals auch das Verhältnis zu Chefs oder Kollegen belastet. Die Arbeitszeit zu reduzieren oder eine Auszeit zu nehmen können Wege sein, um wieder zu sich selbst zu finden und Kraft zu tanken. Vielleicht gibt es auch im Privaten Themen, die Sinn stiften und zumindest vorübergehend ein guter Ausgleich sind.

Wer sich sicher ist, im aktuellen Unternehmen keine Veränderung erreichen zu können, der sollte sich gezielt nach einem neuen Arbeitgeber umsehen, bei dem wieder stärker alles das erfüllt ist, was wirklich wichtig ist. Um nicht vom Regen in die Traufe zu rutschen, ist es für Jobwechsler wichtig, bereits mit der Bewerbung Klarheit darüber zu schaffen, was sie benötigen, um im Beruf motiviert und gesund zu bleiben.

Sehen Sie positive Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt?
Ja, es tut sich gerade sehr viel. Unter dem Stichwort „New Work“ wird viel diskutiert, was die Arbeitswelt der Zukunft attraktiv macht, insbesondere wie auch junge Generationen Arbeit erleben möchten – Stichwort Generation Y/Z.

Jedoch sind die meisten Unternehmen nicht in der Lage, von heute auf morgen ihre Unternehmens- und Führungskultur zu revolutionieren. Das sollten sie auch nicht, denn vor allem junge Berufstätige wünschen sich nicht nur Freiheit und Selbstverwirklichung, sondern haben einen ebenso hohen Anspruch an Sicherheit und Struktur. Arbeitgeber stehen damit vor der Herausforderung, Menschen unterschiedlicher Generationen auf dem Weg zu neuen Formen der Zusammenarbeit mitzunehmen. Mit agilem Arbeiten, Homeoffice- und flexiblen Arbeitszeitregelungen sowie neuen Karrieremodellen sind manche Arbeitgeber schon auf einem guten Weg. Doch auch hier gilt: Beide Seiten sind verantwortlich dafür, dass Zusammenarbeit in Zukunft gesünder wird.

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