Coronavirus-Ursprung: Laborunfall oder nicht?

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    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Stammt das Coronavirus aus einem chinesischen Labor? Das FBI gibt der Theorie neuen Aufschwung - endgültige Beweise gibt es aber weiterhin nicht. Ein Überblick.

    Coronavirus "Sars-Cov-2" - Illustration
    Der Ursprung des Coronavirus "Sars-Cov-2" ist weiterhin nicht endgültig geklärt.
    Quelle: Reuters

    Die Corona-Pandemie ist weitgehend unter Kontrolle - seit März sind fast alle Maßnahmen in Deutschland aufgehoben. Bis hierhin war es ein schwerer Weg, das Virus hat Millionen Menschen getötet. Die Gretchen-Frage lautet noch immer: Woher stammt Sars-Cov-2?
    Für seinen Ursprung gibt es im Grunde zwei Erklärungen:
    • Es wurde von einem Tier (direkt oder über einen Zwischenwirt) auf Menschen übertragen.
    • Es stammt aus einem Labor und konnte möglicherweise durch ein Leck entweichen.

    Chronologie der Labortheorie

    Besonders die Labortheorie birgt politischen Sprengstoff. Denn während China sie von sich weist und auch die WHO sie zunächst für "extrem unwahrscheinlich" gehalten hat, heizen neue Aussagen des FBI-Direktors die Debatte darüber an. Eine Chronologie:
    • Dezember 2019: Die chinesische Stadt Wuhan meldet mehrere Lungenerkrankte - ein Tiermarkt wird als möglicher Infektionsherd genannt. In Wuhan gibt es auch ein staatliches Labor, das zu Coronaviren forscht.
    • Februar 2020: Christian Drosten und andere Forschende veröffentlichen ein Statement, in dem sie einen "nicht natürlichen Ursprung" des Coronavirus zurückweisen. Später klagt der Virolge erfolgreich gegen Aussagen, die ihm gezielte Täuschung vorwerfen.
    • Januar und Februar 2021: Eine WHO-Delegation ermittelt zum Virus-Ursprung in Wuhan.
    • Februar 2021: Ein Physiker der Uni Hamburg veröffentlicht einen Bericht, laut dem ein Laborleck ursächlich sei. Seine Quellen werden allerdings kritisiert.
    • März 2021: In ihrem anschließenden Bericht nennt die WHO die Labortheorie "extrem unwahrscheinlich". Ihr Chef sagt dennoch: "Was die WHO angeht, bleiben alle Hypothesen auf dem Tisch."
    • August 2021: Die US-Nachrichtendienste schließen in einem Bericht aus, China habe die Pandemie geplant. Ihr Ursprung könne dennoch nicht geklärt werden, weil China nicht ausreichend kooperiere.
    • Juli 2021: WHO-Chef Tedros Ghebreyesus bringt die Labortheorie erneut ins Spiel, indem er sagt: "Ich habe selbst in Labors gearbeitet. Laborunfälle passieren."
    • Juni 2022: Ein WHO-Report spricht sich für weitere Untersuchungen aus - auch zu möglichen Laborlecks.
    • Februar 2023: Der FBI-Direktor hält einen Laborunfall für "sehr wahrscheinlich" - China weist das zurück.
    • März 2023: Ein WHO-Sprecher schreibt ZDFheute, man erforsche weiterhin den Ursprung:

    Bis wir mehr Evidenz haben, sind alle Hypothesen noch auf dem Tisch.

    WHO-Sprecher

    Die politische Seite der Labortheorie: USA gegen China?

    Die Labortheorie war lange Zeit als anti-chinesische Stimmungsmache wahrgenommen worden - etwa, weil US-Präsident Donald Trump Sars-Cov-2 sehr früh als "China-Virus" bezeichnet hatte. Nachdem die erste WHO-Untersuchung die Möglichkeit eines Laborursrungs als unwahrscheinlich deklariert hatte, wurde es wieder etwas ruhiger um diese Theorie.
    Doch durch das am Dienstag veröffentlichte Interview beim US-Sender "Fox News" weist FBI-Chef Christopher Wray erneut auf die Frage hin. Er sagte:

    Das FBI geht schon seit geraumer Zeit davon aus, dass der Ursprung der Pandemie höchstwahrscheinlich ein möglicher Laborvorfall in Wuhan ist.

    Christopher Wray, FBI-Direktor

    Auch das US-Energieministerium hat seine Einschätzung geändert und geht nun von einer möglichen Laborpanne aus, zitiert das Wall Street Journal aus geheimen Dokumenten. Allerdings nur mit einem "niedrigen" Grad der Gewissheit.
    Die USA untersuchen mit 18 Behörden - darunter Geheimdienste und Ministerien - den Ursprung der Pandemie. "In der US-Regierung herrscht derzeit keine Einigkeit darüber, wie Covid genau entstanden ist", betont das Weiße Haus.
    In der chinesischen Stadt Wuhan gab es die ersten Corona-Toten, die ersten überfüllten Krankenhäuser, den ersten Lockdown.
    In der chinesischen Stadt Wuhan gab es die ersten Corona-Toten, die ersten überfüllten Krankenhäuser, den ersten Lockdown. Doch China tut alles, um das vergessen zu machen.27.02.2023 | 1:40 min

    Labortheorie: Niemand möchte sich so richtig äußern

    Auch nach drei Jahren bleibt die Frage des Pandemie-Ursprungs nicht eindeutig geklärt. Öffentliche Stellen in Deutschland geben sich zurückhaltend. Das Robert-Koch-Institut möchte sich auf ZDFheute-Anfrage nicht äußern - Medienberichte kommentiere man nicht - dabei geht es doch um die öffentliche Aussage des FBI-Chefs.
    Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erteilt ebenso eine Absage. Die Gesellschaft für Virologie schreibt, man habe nicht die zugrundeliegenden Daten, auf die sich die Wray-Aussage und die Einschätzung des US-Energieministeriums stützen, und könne das deshalb nicht einschätzen.
    Tatsächlich haben die US-Stellen ihre neuen Erkenntnisse nicht veröffentlicht, insofern ist eine transparente Bewertung derzeit nicht möglich. Bei einer früheren Untersuchung zum Virus-Ursprung hatte die US-Regierung die Geheimhaltung später aufgehoben - möglicherweise entschließt sich US-Präsident Joe Biden bald erneut dazu.
    Fazit: Ob Labortheorie oder nicht - der Ursprung von Sars-Cov-2 ist weiterhin nicht mit Sicherheit geklärt.

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