Amnesty: Höchststand an Hinrichtungen seit fünf Jahren

    Höchster Stand seit 2017:Amnesty: Hinrichtungen nehmen weltweit zu

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    In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der gerichtlichen Hinrichtungen gestiegen: Laut Amnesty International wurde 2022 mindestens 883 Menschen hingerichtet.

    Amnesty International
    Die "Verdreifachung der Hinrichtungen im letzten Jahr durch Saudi-Arabien" müsse von der Außenministerin angesprochen werden, fordert Julia Duchrow von Amnesty International.16.05.2023 | 5:17 min
    Im vergangenen Jahr hat es nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International weltweit so viele Hinrichtungen gegeben wie seit fünf Jahren nicht mehr.
    2022 erfolgten mindestens 883 Exekutionen in 20 Ländern - die höchste Anzahl seit 2017, wie es in dem am Dienstag veröffentlichten Todesstrafenbericht der Menschenrechtsorganisation hieß.

    90 Prozent der registrierten Hinrichtungen aus drei Ländern

    Der Anstieg ist demnach vor allem auf Hinrichtungen in der Region Naher Osten und Nordafrika zurückzuführen. 90 Prozent der weltweit registrierten Exekutionen fanden in nur drei Ländern in der Region statt - Iran, Saudi-Arabien und Ägypten.
    Allein im Iran gab es 2022 mindestens 576 Hinrichtungen. In Saudi-Arabien verdreifachte sich die Zahl von 65 Hinrichtungen im Jahr 2021 auf 196 im Jahr 2022. An nur einem einzigen Tag wurden 81 Menschen exekutiert. Ägypten verzeichnete im vergangenen Jahr 24 Hinrichtungen. Die stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, sagte:

    Die iranische Führung ist für 65 Prozent der weltweit bekannt gewordenen Hinrichtungen im vergangenen Jahr verantwortlich.

    Julia Duchrow, Amnesty International in Deutschland

    Im Zuge der Niederschlagung der Proteste nach dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini seien mindestens vier Menschen hingerichtet worden, Dutzenden weiteren drohe die Todesstrafe.
    Zu ihnen zählt der deutsche Staatsbürger Jamshid Sharmahd, dessen Todesurteil am 26. April vom Obersten Gerichtshof des Landes letztinstanzlich bestätigt wurde. Die UNO gehe davon aus, dass in diesem Jahr bereits insgesamt mindestens 209 Menschen im Iran hingerichtet wurden, erklärte Duchrow.
    Gazelle Sharmahd wurde ins Studio von Markus Lanz zugeschaltet.
    Nachdem das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd bestätigt worden ist, macht seine Tochter der Bundesregierung schwere Vorwürfe. 04.05.2023 | 73:21 min

    China vollstreckt die weltweit meisten Hinrichtungen

    Die höchste Anzahl an Exekutionen finden laut Amnesty in China statt - sie werden von den chinesischen Behörden allerdings nicht offiziell bestätigt. Auch wenn die genaue Zahl nicht bekannt ist, geht Amnesty von Tausenden Hinrichtungen im Jahr aus - damit liegt China weit vor dem Iran, Saudi-Arabien, Ägypten und den USA.
    Auch in Nordkorea und im Vietnam erfolgte Hinrichtungen werden laut der Menschenrechtsorganisation nicht öffentlich gemacht. Auch in Afghanistan, Kuwait, Myanmar, dem Gazastreifen und Singapur wurden 2022 nach Unterbrechungen wieder Todesurteile vollstreckt. In den USA stieg die Zahl der Hinrichtungen laut dem Bericht von elf im Vorjahr auf 18 im Jahr 2022.

    Todesstrafe in immer weniger Ländern erlaubt

    Allerdings geben auch immer mehr Länder die Todesstrafe auf. So haben sechs Länder diese im vergangenen Jahr vollständig oder zum Teil abgeschafft: In Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone sowie in der Zentralafrikanischen Republik wurde die Todesstrafe für alle Straftaten aufgegeben, in Äquatorialguinea und Sambia nur für gewöhnliche Verbrechen. Liberia und Ghana leiteten rechtliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe ein.
    "Die Welt hat sich zweifellos auch 2022 weiter von der Todesstrafe als Strafmittel entfernt", erklärte Duchrow. "Die Länder, die weltweit für die meisten Hinrichtungen verantwortlich sind - China, Iran, Saudi-Arabien, Nordkorea und Vietnam - gehören mit ihrem brutalen Vorgehen jetzt eindeutig zu einer isolierten Minderheit."
    ZDFheute hat mit der stellvertretenden Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland gesprochen. Im Interview erklärt Julia Duchrow, warum in wenigen Ländern die Zahl an Hinrichtungen gestiegen ist.

    Mateusz Morawiecki
    :Polens Ministerpräsident für Todesstrafe

    Für schwerste Verbrechen solle die Todesstrafe zulässig sein, erklärt der polnische Ministerpräsident Morawiecki. Ihre Abschaffung nannte er verfrüht.
    Mateusz Morawiecki, Ministerpräsident von Polen, aufgenommen am 5.12.2022 in Brüssel (Belgien)
    Quelle: AFP
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