Verfassungsschutz: AfD-Jugend gesichert rechtsextremistisch

    Verfassungsschutz stuft hoch:AfD-Jugend "gesichert rechtsextremistisch"

    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Die AfD-Jugend "Junge Alternative" wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" hochgestuft. Was das für ihre Mitglieder bedeutet.

    Auf dem Bild ist der Moderator Ralph Szepanski in einem Schaltgespräch mit Hauptstadtkorrespondent Bernd Benthin zu sehen.
    Die AfD-Jugend, die "Junge Alternative", wurde vier Jahre vom Verfassungsschutz beobachtet. Jetzt steht fest, dass die Organisation rechtsextremistische Bestrebungen und verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.26.04.2023 | 1:27 min
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD-Parteijugend "Junge Alternative" (JA) nun als "gesichert rechtsextremistisch" ein. Das erfuhr ZDFheute von der Behörde. Die Positionen der JA seien "nicht mit dem Grundgesetz vereinbar", so Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamts. Damit kann die Jugendorganisation, die laut eigenen Angaben knapp 2.000 Mitglieder zählt, noch leichter nachrichtendienstlich beobachtet werden.

    JA-Vorsitzender als Extremist eingestuft

    Die meisten Verstöße sehen Sicherheitsbehörden im Bereich der Menschenwürde. JA-Vertreter grenzen insbesondere Musliminnen und Muslime sowie Migrantinnen und Migranten aus und machen sie verächtlich. Etwa, indem sie ihre Herkunft mit einem angeblichen Hang zu Kriminalität und Gewalt verknüpfen. Vorsitzender der JA ist der als Extremist eingestufte Soldat Hannes Gnauck.
    Er sagte ZDFheute, die Hochstufung sei ein "durchschaubares Spiel zur Diskreditierung der Opposition".

    Für die JA bedeutet dies lediglich, eine weitere Hetzkampagne seitens des Establishments ertragen zu müssen.

    Hannes Gnauck, Vorsitzender Junge Alternative

    Schon 2019 war die JA als Verdachtsfall eingestuft worden. Damit war das Abhören von Telefonen, das Mitlesen von E-Mails sowie der Einsatz von V-Leuten theoretisch möglich. Ob und welche Maßnahmen der Verfassungsschutz ergreift, darüber schweigt er sich naturgemäß aus.
    Was der Unterschied zwischen Prüffall, Verdachtsfall und der Einstufung als extremistisch ist, lesen Sie hier:





    Der Staat will Extremisten entwaffnen

    Konkrete Folgen könnte es für JA-Mitglieder haben in Bezug auf
    • die Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen. JA-Mitgliedern könnte der Zugang zu Waffen erschwert werden, da der Staat Extremisten entwaffnen will. Zwar gibt es bei der Umsetzung noch Probleme, doch theoretisch kann die Zugehörigkeit zu einer gesichert rechtsextremistischen Organisation ein Grund sein, die Erlaubnis zu entziehen oder einen Neuantrag nicht zu genehmigen.
    • Die Entfernung aus dem Öffentlichen Dienst wird leichter bzw. damit kann künftig Neu-Bewerbern der Zugang leichter verwehrt werden.
    JA-Chef Gnauck sagte ZDFheute dazu, dass "einige Mitglieder, die zum Beispiel verbeamtet oder Jäger sind, davon besonders stark betroffen" seien. Das jedoch sei auch das Kalkül. "Man hofft auf die Säuberung der Behörden von Patrioten und wird auch nicht bei der JA Halt machen."
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Mittwoch zur Einstufung der JA, die Akteure der "Neuen Rechten" verbreiteten Hass gegenüber Andersdenkenden, Geflüchteten und anderen Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie betonte:

    Gefährlich sind nicht nur gewaltorientierte Rechtsextremisten, sondern auch geistige Brandstifter, die den Boden für Gewalt bereiten.

    Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

    Alice Weidel sitzt mit verschränkten Armen im Bundestag und blickt verärgert zur Seite
    Die AfD wird zehn Jahre alt. Doch für viele der Gründer ist das kein Grund, um zu feiern. 08.02.2023 | 13:31 min

    AfD-Jugend sitzt nun selbst in den Parlamenten

    Die Junge Alternative ist eng mit ihrer Mutterpartei verwoben: Viele JA-ler arbeiten in Abgeordnetenbüros oder sind selbst in die Parlamente gewählt worden. Wie sich die JA-Hochstufung auf die AfD - die dieses Jahr zehnjährigen Geburtstag feiert - auswirkt, ist offen.
    Ein Rechtsstreit zwischen dem Verfassungsschutz und der AfD läuft noch immer. Das Verwaltungsgericht Köln hatte im März 2022 entschieden, dass das Bundesamt die Partei als Verdachtsfall einordnen und beobachten darf. Dagegen hatte die AfD Berufung eingelegt - mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster wird nicht vor Ende des Jahres gerechnet.
    Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel nannten die Einstufung ihrer Jugend "empörend" und schrieben gegenüber ZDFheute von einem "prozesstaktischen Manöver, um das bevorstehende Verfahren am OVG Münster einseitig zu beeinflussen". Bezogen auf die JA prüfe man den Einsatz juristischer Mittel. Auch JA-Chef Gnauck kündigte gegenüber ZDFheute an, man werde "gerichtlich dagegen vorgehen".

    Bundesrat grundsätzlich dafür
    :Schnelleres Dienst-Aus für Extremisten

    Extremisten im Staatsdienst sollen schneller rausgeworfen werden können - das will der Bund. Die Länder sind im Prinzip dafür - es gibt aber Zweifel, ob es wirklich schneller geht.
    Symbolfoto: Beamten der Bundespolizei

    Zwei weitere Organisationen "gesichert rechtsextremistisch"

    Auch den Verein "Ein Prozent" und das "Institut für Staatspolitik" (IfS) stuft das Bundesamt nun als "gesichert rechtsextremistisch" hoch. Beide waren bislang als Verdachtsfälle behandelt worden und gelten als wichtige Bausteine der Neuen Rechten in Deutschland. Die Neue Rechte versteht sich als Gegenmodell zur sogenannten Altrechten, die sie im Nationalsozialismus verhaftet sieht. Neurechte setzen in ihrem Auftreten oft auf gegenwärtige Kleidung, Medien und Kommunikationsmittel.
    Der Verein "Ein Prozent" ließ etwa ein Computerspiel entwickeln, das später auf den Index für jugendgefährdende Medien gesetzt wurde, und betreibt auch einen Podcast.
    Der Name des selbst ernannten Kampagnen-Netzwerks "Ein Prozent" ist von der Behauptung entlehnt, dass angeblich nur ein Prozent der Deutschen nötig wären, um eine politisch-gesellschaftliche Wende im Sinne von "Ein Prozent" herbeizuführen. Der Verein unter dem Vorsitz von Philip Stein schürt Ängste vor einer angeblichen Überfremdung und warnt vor einer "Umvolkung" - eine in rechtsextremen Kreisen verbreitete Verschwörungstheorie, wonach Deutsche gezielt durch Migration ausgetauscht werden würden.

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    Vom NSU-Terror über die Morde an Lübcke und in Hanau bis zu den Reichsbürgern: Rechtsextremismus ist eine große Gefahr. Wie die AfD zu ihm in Verbindung steht, wird erläutert.
    Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration

    Hochgestufte Organisationen können dagegen klagen

    Das IfS gilt als neurechte Denkfabrik, mit Sitz in Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Auch Köpfe der AfD besuchen Seminare dort. Neben seinem Veranstaltungsangebot gibt das Institut auch die in neurechten Denker-Kreisen wichtige Zeitschrift "Sezession" heraus. Geleitet von Erik Lehnert und aufgebaut von Götz Kubitschek funktioniert das IfS somit als wichtiger neurechter Thinktank.
    Alle Organisationen können klagen - ein langjähriger Rechtsstreit wie im Falle der AfD ist somit möglich.

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